Protocol of the Session on February 9, 2007

Wenn wir z. B. allen Lehrern einfach 10 % mehr bezahlen würden, dann würden wir 10 % mehr für die Bildung ausgeben und wären nach dieser Logik um 10 % besser. Das kann doch aber wohl nicht wahr sein.

Das ist einmal das Erste: Dies ist zu einfach.

Zweitens ist es völlig falsch, das Bruttoinlandsprodukt als Maßstab zu nehmen. Wir haben ein hohes Bruttoinlandsprodukt, und Hamburg hat es auch. Deswegen liegen unsere Bildungsausgaben prozentual natürlich relativ niedrig. Wo sind sie am höchsten? In Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen-Anhalt – einfach, weil die Basis eine andere ist.

(Zuruf von der CDU: Sehr „erfolgreiche“ Länder!)

Dazu kommt noch etwas anderes: Wenn wir unsere Steuereinnahmen behalten dürften, die aus dem höheren Bruttoinlandsprodukt resultieren, dann hätte das vielleicht irgendeinen Sinn. Wir haben tatsächlich höhere Steuereinnahmen. Aber diese höheren Steuereinnahmen bleiben uns nicht. Ich weiß nicht, ob Ihnen das klar ist: Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland 16 Länder.

(Zuruf von der SPD: Das haben wir schon einmal ir- gendwo gehört! – Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Das wird doch abgeschöpft! – Unruhe)

Diese Zahl ist ganz wichtig. Sie sprechen doch dauernd davon, dass wir ein reiches Bundesland wären. Das sind wir vor dem Länderfinanzausgleich!

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

Wir haben 16 Bundesländer. Neun Länder haben pro Kopf mehr Geld als wir. Das bedenkt man oft nicht. Alle fünf neuen Länder haben pro Kopf wesentlich mehr Geld. Die Stadtstaaten haben mehr Geld; das Gleiche gilt für Hessen. Nur noch sechs Bundesländer stehen schlechter da als wir. Darauf müssen Sie das doch beziehen – nicht auf unsere Steuereinnahmen, sondern darauf, was uns bleibt! Insofern sind wir eben kein reiches Land, sondern liegen eher unter dem Durchschnitt.

Ziehen Sie zum Thema Bildung eine andere Zahl heran: Wie viele Lehrer haben wir eigentlich pro Schüler? Das ist doch die entscheidende Frage. Fragen Sie einmal, wo wir diesbezüglich liegen.

(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Wir haben beste Zahlen!)

An erster Stelle, und zwar ganz deutlich.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wenn alle da sind!)

Der Abstand z. B. zu Bayern beträgt immerhin 8 oder 9 %. Wir haben 8 bis 9 % mehr Lehrer als Bayern. Stellen Sie sich einmal vor, was das, in Geld ausgedrückt, ausmacht.

(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Die Bayern ha- ben mehr Lederhosen!)

Ich wollte einfach sagen: Man kann so etwas nicht stehen lassen. Der Bezug zum Bruttoinlandsprodukt ist völlig falsch. Wenn man das realistisch betrachtet, sieht es ganz anders aus.

Lassen Sie mich noch einen letzten Satz zu den Personalkos ten sagen. Es ist in der Tat so: Unser Haushalt wird auf Dauer nur dann konsolidiert werden können, wenn wir die Personalkosten weiter senken – zumindest relativ. Das ist überhaupt keine Frage.

Ich muss aber Folgendes auch ganz deutlich machen: Wir können im öffentlichen Dienst nicht laufend Nullrunden fahren. Das sage ich auch als Finanzminister. Wenn ich heute die Forderungen der IG Metall und anderer lese, dann glaube ich, dass wir irgendwann einmal auch wieder dafür sorgen müssen, dass die Gehälter und Besoldungen im öffentlichen Dienst noch irgendwie den Anschluss an die private Wirtschaft halten.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Zuruf von der CDU: So ist es! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sag’ ich doch!)

Wenn Sie die demografische Entwicklung sehen, wissen Sie doch, wie schwer es in 15 oder 20 Jahren sein wird, qualifizierte Leute zu bekommen.

(Zuruf der Abg. Katrin Altpeter SPD)

Die Grünen haben irgendwann einmal gefordert, 20 000 Stellen sollten abgebaut werden. Ich bin schon der Meinung, dass die langfristig abgebaut werden sollten. Gerade habe ich mir eine interessante Zahl errechnet. Die Jahrgänge zwischen 1960 und 1970 umfassten durchschnittlich jeweils 150 000 Menschen; die Jahrgänge zwischen 1985 und 1995, also rund 20 Jahre später, hatten jeweils nur noch rund 100 000 Menschen. Wenn wir also, in absoluten Zahlen gesehen, gleich viele Personen wie vor 20 Jahren in den öffentlichen Dienst einstellen würden, dann würden wir, bezogen auf jeden Jahrgang, 50 % mehr im öffentlichen Dienst beschäftigen. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

Wir müssen also sehen – so wollte ich eigentlich schließen –, dass die Besoldung im öffentlichen Dienst mit dem Gehalt in der privaten Wirtschaft konkurrieren kann. Im Durchschnitt wird sie wohl immer etwas niedriger liegen; dafür ist die Sicherheit höher. Auch das sage ich mit aller Deutlichkeit: Die

Sicherheit hat ihren Preis. Aber die Besoldung muss konkurrieren können.

Wo die Einsparmöglichkeiten liegen, ist ganz klar: Wir müssen die gleiche Leistung mit weniger Köpfen erbringen können.

Alles in allem – ich werde auch nächste Woche noch einmal dazu sprechen – ist dies ein guter Haushalt. Der nächste sollte noch besser sein.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei Ab- geordneten der FDP/DVP – Abg. Klaus Dieter Rei chardt CDU: Prima!)

Für die CDU-Fraktion erhält Herr Abg. Reichardt das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ressortminister hat ja in einer Art ökonomischem Oberseminar der Opposition noch einmal erklärt, was bei ihr für die nächsten Beratungen erforderlich ist: Die Opposition sollte nicht weiter Anträge aus dem Recycling stellen – sie hat 100 Anträge eingebracht, von denen mir aber 90 aus meiner Tätigkeit im Finanzausschuss bekannt waren –, sondern Vorschläge machen, wie man die strukturellen Probleme angehen kann. Da steckt der Teufel im Detail; da ist Fleiß erforderlich, da ist Kenntnis erforderlich. Vor allem ist erforderlich, die Situation und die Möglichkeiten richtig einzuschätzen.

Ich meine, dass wir bei der Beurteilung der momentanen Lage sehen müssen: Baden-Württemberg ist bei allen Problemen eines der wenigen Länder – Herr Kollege Metzger, Sie haben auch den bundesweiten Überblick –, die einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen.

Ich soll heute im Rahmen der Haushaltsberatungen Kapitel 1208 – Staatlicher Hochbau – etwas intensiver beleuchten. Wir werden unter diesem Kapitel 173 Millionen € an inves tivem Geld in 29 Maßnahmen einbringen, die im Land Baden-Württemberg verwirklicht werden. So werden wir sicherstellen, dass Baden-Württemberg eines der wenigen Bundesländer ist, deren Haushalt hinsichtlich der Höhe der Nettokreditaufnahme verfassungskonform ist. Kollege Groh nannte den Kreditfinanzierungsanteil von 3,1 %. Ich stelle dem den Anteil in Rheinland-Pfalz gegenüber, der mindestens 8 % beträgt – die dortigen Schattenhaushalte überhaupt nicht bewertet. Gemäß der Verfassungskonformität bekommen wir bei aller Sparsamkeit eben auch den investiven Teil so klar hin, dass wir mit dem Haushalt nicht quasi an der anderen Kante in die Verfassungswidrigkeit rutschen.

Verfassungskonformität ist ein, wie ich meine, zentrales Merkmal dieses Haushalts, der ja neuerlich auch den MaastrichtKriterien, wenn man diese auf einen Landeshaushalt anwendet, vollauf entspricht.

Ich hätte mir auch gewünscht, dass gerade Kollege Metzger, der diese Themen in den großen Kontext der Talkshows und der Bundespolitik hineinstellt, diesen Tatbestand einmal würdigt und sagt: Baden-Württemberg ist im Rahmen des Möglichen in der Bundesrepublik Deutschland ganz, ganz vorne.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Win- fried Kretschmann GRÜNE: Das sagt ihr doch schon selbst!)

Es ist wahr: Wenn ich die Produktivität dieses Bundeslands in Relation zu dieser oder jener Personalstellenzahl setze, möchte ich das bestärken, was Ihnen Herr Stratthaus eben zurief: Denken Sie für die Debatte in der nächsten Woche noch einmal nach. Wir müssen rund 80 % dessen, was wir im Land Baden-Württemberg gegenüber anderen Bundesländern mehr erwirtschaften, über die verschiedenen Ausgleichssysteme an andere Bundesländer abführen. Kollege Mack hat im Sommer des letzten Jahres eine Anfrage gestellt. Ich habe sie noch durch einen Brief an den Finanzminister ergänzt. Es ging mir um die Frage: Wie sieht es mit dem Solidarpakt mit den neuen Bundesländern aus?

Fazit: Wir kommen auf etwa 23 bis 24 Milliarden €, die unsere Bevölkerung Jahr für Jahr an andere Bundesländer abführen muss. Herr Metzger, da nützt es mir nichts, wenn man sagt: Prämisse „reiches Land“, wie steht ihr bei diesem oder jenem Parameter da? Vielmehr muss ich einfach sehen: Was wird uns weggenommen,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Nichts wird weggenom- men! Das habt ihr so vereinbart! Zum Teufel noch mal! Immer die gleiche Leier!)

was wird uns abgezogen, und was können wir also aus dem Erarbeiteten nicht für unsere Bevölkerung in Baden-Würt temberg einsetzen?

Mich hat der Antrag zur Gewinnabführung bei der LBBW sehr verwundert, und zwar schon bei der Diskussion im Finanzausschuss. Sie lesen heute offiziell etwas über Verkaufsdiskussionen um die Westdeutsche Landesbank, und vor einigen Tagen konnten Sie in der FAZ etwas über Absichten bei der Landesbank Berlin lesen. Sie wollen die Gewinnabführung erhöhen, wann immer die Dinge gut laufen – bei der LBBW laufen sie ja exzellent. Sind Sie sich eigentlich dessen bewusst, dass Sie, wenn Sie das in einem Recycling-Antrag Jahr für Jahr und Haushaltsdebatte für Haushaltsdebatte einfordern, unsere LBBW in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gerade hinsichtlich der künftigen Bankenlandschaft in den Bundesländern beschneiden würden?

(Zuruf von der SPD: Oh!)

Ist Ihnen klar, dass Sie hier nicht richtigliegen? – Ihr Kopfschütteln, Herr Kollege Rust, zeigt, dass es Ihnen nicht klar ist.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Wenn Sie unserer eige- nen Bank so wenig zutrauen, ist dies Ihr Problem, nicht unseres!)

Der Minister hat Ihnen aber eine Woche Zeit gegeben, um über seine Ausführungen und, wie ich meine, auch meine Ausführungen zu diesem Thema nachzudenken.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Über Ihre brauchen wir nicht nachzudenken! So toll sind die Argumente nicht! Das ist immer der gleiche Käse!)

Wir haben hinsichtlich der Landesbank Baden-Württemberg, Herr Kollege Gall, mit unserem linksrheinischen Nachbarland die Erfahrung gemacht, dass uns die dortige Landesbank, die viele Jahre von der SPD gesteuert wurde, wie ein Übernahmefall oder ein Sanierungsfall zugelaufen ist. Auch das müssen Sie einfach sehen und können Sie mit Kopfschütteln nicht aus der Diskussion bekommen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: „Strategische Allianz“ nennt man so etwas!)

Ich stelle fest, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Aussage des Kollegen Metzger am Schluss der dreitägigen Plenardebatte, die Opposition müsse zum Haushalt endlich eine „Attacke reiten“, auch eine gewisse Hilflosigkeit wiedergegeben hat. Begriffe wie „faule Kartoffeln“, „gebratene Tauben“ und „volle Hosen“ werden wohl nicht dem gerecht, wie wir den Haushalt im Finanzausschuss und auch im Plenum gemeinsam beraten haben.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Diese Begriffe zeigen mir Ihre Hilflosigkeit: Kurze-HosenTräger, möglicherweise Heißhunger, endlich einmal etwas mitbestimmen zu dürfen – deshalb „gebratene Tauben“ – und ein fehlendes Vertrauen in unsere Landwirtschaft, die in al- ler Regel keine faulen Kartoffeln produziert, Herr Kollege Schmid.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)