Gleichzeitig ist in unserem Land ein Unterrichtsausfall zu beklagen, der nach wie vor bei den Gymnasien bei 1 500 Wochenstunden liegt. Der Klassenteiler, Herr Mappus, liegt bei 31 Schülern.
Da können Sie doch nicht sagen, dass das kleine Klassen sind. In diesem Zusammenhang wäre es zwingend notwendig, jeden Lehrer und jede Lehrerin, die wir haben können, zu behalten – abgesehen davon, dass das ein festes Versprechen Ihrer Landesregierung war.
(Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. Stefan Mappus und Helmut Walter Rüeck CDU sowie Ursula Haußmann SPD)
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie auch für das Impulse geben, was Ihnen sonst immer wichtig ist. Die Worte „Mittelstand“ und „Wirtschaftspolitik“ sucht man vergebens in der haushaltspolitischen Rede des Finanzministers. Wo sind denn die Impulse z. B. für die Bauwirtschaft? Beim sozialen Wohnungsbau hätten Sie d i e Chance gehabt in diesem Jahr.
16 Millionen € bekommt das Land zusätzlich vom Bund. Und Sie haben nichts anderes zu tun, als 26 Millionen €, die Sie bisher als Beitrag des Landes eingestellt hatten, schlichtweg zu streichen. Das heißt, Sie kürzen beim sozialen Wohnungsbau. Damit schaden Sie vor allem den Familien mit Kindern in den Städten, die dringend Wohnungen suchen. Da pfeift man doch auf die schöne Vokabel „Kinderland“, wenn man solche praktischen Beschlüsse sieht.
Das Perfide ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Landesregierung an dieser Streichung der Wohnungsbaumittel sogar selbst noch verdient. Denn wenn Sie schauen, wie sich die Einnahmen im Bereich des Wohnungswesens zusammensetzen – auf Seite 110 des Einzelplans 07 in Kapitel 0711 nachzulesen –, stellen Sie fest: 146,8 Millionen € sind die Einnahmen des Landes für das Wohnungswesen in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt. Die Ausgaben des Landes für das Wohnungswesen insgesamt für die zwei Jahre liegen aber bei nur 98,4 Millionen €. Sie bereichern sich zulasten der Familien und unterlassen es, etwas zu tun, um die Konjunktur in diesem wichtigen Bereich anzukurbeln.
Zum beitragsfreien Kindergartenjahr: Herr Kollege Mappus, durften Sie nicht als Delegierter zum CDU-Parteitag nach Dresden?
Dort hat Ihre Partei die Einführung des beitragsfreien Kindergartenjahrs beschlossen. Auch der Herr Ministerpräsident hat mehrfach davon geredet, dass er sich das verpflichtende Jahr für die Kinder in den Kindergärten, natürlich dann auch beitragsfrei, wünscht.
Am Ende kann ich Ihnen nur sagen: Sie hatten einmal einen Brocken Geld, eigentlich sogar einen sehr großen, reserviert: Sie wollten 70 Millionen € dem Haus Baden schenken
Das wäre das Geld für den Kindergartenfreibetrag. Ein beitragsfreies Jahr im Kindergarten wäre dadurch locker finanziert.
Das Schlimme ist die Antwort, die Sie, Herr Ministerpräsident – leider nicht hier im Landtag, aber an anderer Stelle –, bereits gegeben haben. Es geht Ihnen gar nicht darum, dass wir Kindergärten zu verantwortungsvollen Bereichen eines Gesamtbildungskonzepts machen. Es geht Ihnen gar nicht darum, die Kinder z. B. in den Schulen qualifiziert ganztags betreuen zu lassen und ihnen vor allem auch pädagogisch in der Bildung etwas zu vermitteln. Vielmehr gehen Sie vor nach dem Motto, wie man es von der CDU seit Langem gewohnt ist: Die Mütter sollen es wieder richten.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Von wegen! – Zuruf von der CDU: Das können Sie doch nicht be- urteilen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Kinder waren 17 und 18, als der Vater in den Land- tag gekommen ist! Keine Politkarriere! Eltern zäh- len bei uns!)
Beim 25-Jahr-Jubiläum des Landesfamilienrats hat der Ministerpräsident uns offenbart, was seine eigentliche Konzeption ist, um Kinderbetreuung z. B. an Schulen zu gewährleisten. Denn er sagte, neben dem, was an den Schulen läuft – da hat man ja auch Pädagogen durch Ehrenamtliche ersetzt –, könne er sich vorstellen, dass die Mütter, die ja sowieso Kinder hätten und zu Hause seien, die Chance wahrnehmen müssten und gleich noch die Betreuung für andere Kinder mit übernehmen sollten.
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Trauen Sie un- seren Müttern nicht zu, dass sie das können? Das ist ja unglaublich!)
Das ist ein Bild von den Frauen im Land, bei dem deutlich wird, dass Sie die Frauen tatsächlich wieder nach Hause schicken wollen, sie fernhalten wollen vom Beruf und ihnen keine Chance geben wollen, gleichberechtigt teilzuhaben und sich für Familie u n d Beruf zu entscheiden.
(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber Sie sind gegen Tagesmütter! Ist das richtig?)
Die Rede war nicht von Tagesmüttern, Herr Kollege, sondern die Rede war von denen, die ihre Kinder betreuen und nach Ihrer Ansicht gleichzeitig noch ein paar mehr nehmen können, weil Sie offenbar gar nicht wissen, was es heißt, Kinder qualifiziert zu betreuen. Dazu gehört nämlich auch viel Kraft. Das macht man nicht nur nebenher.
(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Frau Vogt weiß, wie man Kinder betreut!)
Ich will Ihnen noch etwas sagen, damit Sie Ihre Tabelle der Spitzenleistungen selbst ein bisschen korrigieren können. Sie haben es versäumt, in einem wirtschaftspolitisch wichtigen Feld für einen notwendigen Aufbruch zu sorgen. Das ist das Feld der beruflichen Bildung. Es gibt einen Berufsbildungsbericht der Bundesministerin für Bildung und Forschung Annette Schavan. Deren Haus hat ihn im Jahr 2006 veröffentlicht.
Dort wird das veranschlagte Mittelvolumen für die Programme der Länder zur finanziellen Förderung der Berufsausbildung in den einzelnen Bundesländern festgestellt: Bayern 1,2 € pro Kopf, Hessen 1,4 €, Saarland 2,0 €, Nordrhein-Westfalen 2,8 €, und in Baden-Württemberg ist uns die Förderung der beruflichen Bildung 21 Cent pro Kopf der Bevölkerung wert.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wir haben die bes- te berufliche Bildung in ganz Deutschland! Gehen Sie nach Nürtingen! Ich nehme Sie gern einmal dorthin mit!)
Deshalb müssen wir leider sagen: Sie sind nicht aktiv geworden. Sie sind Profiteur statt Akteur in diesem Haushalt.
Der Haushalt ist ein mutloses Fortschreiben alter Strukturen. Er ist unpolitisch, weil er auf wesentliche Schwerpunkte verzichtet, und er hat – das ist das Schlimmste – keine nachhaltige Wirkung, weil auch die Deckungslücke für die nächsten Doppeljahre noch etwa 3 Milliarden € beträgt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde Sie gern auffordern, die Kraft des Parlaments bei dieser Beratung zu nutzen. Ungeachtet mancher Polemik, die mancher loswerden muss, um entsprechende Zustimmung zu erhalten,
(Abg. Stephan Braun SPD: Er kann doch gar nicht anders! Er ist so unterirdisch, dass er gar nicht an- ders kann!)
denke ich, dass uns ein solcher Haushalt einladen muss, als Fraktionen unseren Einfluss geltend zu machen, um einen
Haushalt aufzustellen, der Kosten verhindert, indem wir frühzeitig dort investieren, wo sonst später Kosten entstehen würden, nämlich bei Bildung, Ausbildung und Betreuung, um Folgekosten durch Arbeitslosigkeit, durch Kriminalität, durch Verwahrlosung überhaupt nicht entstehen zu lassen. Das wäre der preiswerte Weg, den man in diesem Haushalt zu gehen hätte.
Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, einen Haushalt aufzustellen, der den Mut hat, Strukturen aufzubrechen, der den Mut hat, auch einmal ans eigene Fleisch zu gehen.
(Abg. Stefan Mappus CDU: Weitere? Bisher gibt es doch noch gar keine! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wo sind denn Vorschläge? Kein ein- ziger Vorschlag! Sollen wir Lehrerstellen abschaf- fen oder nicht?)