während wir uns in Wirklichkeit hintenherum schon festge legt haben. Darauf kann die Bevölkerung vertrauen. Den Schritt in die Bürgergesellschaft werden wir gehen, und die Bevölkerung muss sich darauf verlassen können.
Es gibt immer Argumente vor Ort. Diese können zum Schluss stechen, weil sie so stark sind, dass man dann an dem be stimmten Ort etwas nicht machen kann, was man vorhatte.
Dann macht man es anderswo. Oder die Argumente sind nicht so stark. Dann werden sie von übergeordneten Argumenten ausgestochen. Das werden wir der Bürgerschaft offenlegen. Sie kann darauf vertrauen, dass wir unsere Maßstäbe offenle gen, dass wir ihre Argumente ernst nehmen und abwägen
und uns nicht schon vorher entschieden haben. Das wird un sere Politik beim Schritt in die Bürgergesellschaft sein, und diese wird sich radikal von dem unterscheiden, was Sie ma chen.
Herr Kollege Kretschmann, halten Sie es denn bei S 21 mit der Rechtsstaatlichkeit von Verfah ren und der Gebundenheit der Politik an die Rechtsstaatlich keit von Verfahren genauso? Halten Sie sich dann genauso da ran?
Herr Kollege Untersteller, im Nachgang zu Ihrer Rede muss ich Sie direkt fragen: Wenn Sie den Flugzeugabsturz so the matisieren – das Risiko haben Sie ja mit dem 11. September 2001 definiert –, warum haben Sie dann nicht während der Regierungszeit von Rot-Grün dafür gesorgt, dass genau die se beiden Kraftwerke, denen Sie jetzt ein erhöhtes Restrisiko
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Jawohl! Das ist die Frage! – Abg. Gundolf Fleischer CDU: Scheinheilig!)
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Normalerweise – ich glaube, das wissen alle hier im Raum – ist es nicht meine Art, ganz ruhig hier zu reden
und auch relativ ruhig zu bleiben. Ich kann hier durchaus Re den mit Herzblut halten, wenn ich hinter einem Thema stehe.
Ich möchte jetzt aber ganz gezielt Ihnen, Kollege Rüeck, dem Kollegen Hauk und auch der Frau Gönner – ich weiß nicht, ob sie wieder an ihrem Platz sitzt; nein, sie ist noch beim Herrn Ministerpräsidenten – sagen, dass das, was wir hier ma chen, keine, wie Sie, Kollege Rüeck, gesagt haben, „linke Wahlkampfpolemik“ ist.
Ich möchte es ganz ruhig an zwei Beispielen festmachen. Es gibt einen Antrag der SPD-Landtagsfraktion, der am 21. Ok tober letzten Jahres – deutlich vor den Ereignissen in Japan, deutlich vor dem ganz konkreten Beginn dieser etwas heiße ren Wahlkampfphase – im Umweltausschuss behandelt wur de. Lassen Sie mich jetzt vorlesen, was wir damals im Be schlussteil des Antrags gefordert haben:
... angesichts des problemlosen Ersatzes von Erzeugungs kapazitäten von KKP 1 und GKN I durch neu errichtete Anlagen auf Basis erneuerbarer Energie und Anlagen der Stadtwerke auf eine zügige Abschaltung der beiden AKW entsprechend dem geltenden Atomgesetz oder vorzeitig durch Mengenübertragung auf jüngere Kraftwerke hin zuwirken.
Das war am 21. Oktober letzten Jahres, deutlich bevor es los gegangen ist mit der, wie Sie sagen, „linken Wahlkampfpole mik“.
Was ist herausgekommen? Was wurde beschlossen? Das kann man in der Drucksache nachlesen; sie ist öffentlich. Es ist al so nichts Vertrauliches aus dem Ausschuss. Es wurde zu Punkt 2 der Tagesordnung – Antrag der Abg. Thomas Knapp u. a. SPD – beschlossen:
Da muss ich Ihnen sagen: Wenn man das weiß – deswegen ist es gut, wenn man bei manchen Ausschussberatungen dabei ist und zuhört –, kann man nicht sagen, wir würden hier eine lin ke Wahlkampfpolemik machen.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die Rede von Herrn Schmid war schon so angelegt! Das müssen Sie Ih rem Spitzenkandidaten sagen! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Rede Ihres Spitzenkandidaten war nichts anderes als Wahlkampfpolemik!)
Wir haben bereits am 21. Oktober 2010 gesagt, wir wollen Philippsburg 1 und Neckarwestheim I abschalten.
Den Atomkonsens hat man 2002 beschlossen. Unsere Forde rung nach Abschaltung stammt aus dem Jahr 2010. Wir alle hatten nicht geglaubt, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das unter Rot-Grün im Jahr 2000 in Kraft getreten ist, so er folgreich sein würde, wie es nun war. Deswegen hat man im Atomkonsens 2002 längere Zeiträume für die Abschaltung vorgesehen, als sie nach heutigem Wissen nötig wären.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Also war die Sicherheit nicht entscheidend! Dann war die Si cherheit nicht entscheidend für das, was Sie gemacht haben!)
Wir haben die acht Jahre genutzt, Kollege Rülke. Wir sagen, dass man vorzeitig aus den zwei alten Blöcken aussteigen kann, weil wir natürlich in der Zwischenzeit erkannt haben, dass sich dort einiges mehr tut.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Damit räu men Sie ein, dass die Sicherheit für Sie nicht ent scheidend ist!)
Der zweite Punkt – ich bin noch relativ sachlich – ist folgen der: Es ist immer spannend, wenn man etwas Altes hervor holt. Ich habe mir hier einen Wahlkampfsticker von 2006 an gesteckt. Schon damals haben wir gesagt – von wegen heuti ge Wahlkampfpolemik –: „Baden-Württemberg gegen Atom politik“. Da kann man doch nicht davon reden, dass wir erst jetzt aufgesprungen wären, dass wir nicht gesagt hätten, wir wollten das Problem in Angriff nehmen.
Wir haben im Grunde schon damals gesagt: Wir wollen aus der Atomenergie aussteigen. Wir haben das in allen Anträgen zu diesem Thema gefordert. Deswegen ist das keine billige linke Wahlkampfpolemik. Ich sage Ihnen eines: Von Ihnen lasse ich mir das nicht vorwerfen. Das funktioniert ganz si cherlich nicht. Das wissen die Menschen draußen.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Sehr gut! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Rede Ihres Kollegen Schmid war eine einzige Wahlkampfrede!)
Das Zweite: Ich bin ja auch nicht dafür bekannt, dass ich mit dem Kollegen Mappus sehr zimperlich umgehe.
(Abg. Stephan Braun SPD: Er mit dir auch nicht! – Abg. Peter Hofelich SPD: Vice versa! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)
Er hat es noch immer nicht verstanden, und Sie von der CDU oder auch von der FDP/DVP haben es auch noch nicht ver standen. Schauen Sie sich einmal Ziffer 6 Ihres eigenen An trags an. Man muss sich einmal vorstellen, was das Morato rium bedeutet und was da inhaltlich dahintersteht.
Der Landtag von Baden-Württemberg spricht sich gegen ein Abschalten der deutschen Kernkraftwerke bei gleich zeitigem Einkauf ausländischen Atomstroms aus, um den Bedarf an Strom zu decken.