Protocol of the Session on March 2, 2011

(Zustimmung der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Ich habe Sie stets geschätzt als eine authentische Kämpferin für das von Ihnen angestrebte Bildungssystem. Insofern wa ren Sie für mich stets geradlinig. Deswegen möchte ich Ihnen meinen persönlichen Dank ausdrücken für die fairen Ausein andersetzungen, die wir ausgetragen haben. Sicher waren wir in vielen Punkten unterschiedlicher Auffassung. Aber es hat mir persönlich stets Freude bereitet, mit Ihnen auf inhaltlicher Ebene bildungspolitisch die Klinge zu kreuzen. Deswegen spreche ich Ihnen meinen Respekt aus. Vielen Dank und Ih nen alles Gute!

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr souverän!)

Allerdings kann ich mir auch heute nicht verkneifen, auf ei nige Unterschiede hinzuweisen, auch wenn es die letzte De batte mit Ihnen ist.

(Heiterkeit – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr wa cker! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Bis dahin war es noch okay!)

Sie werden es mir natürlich auch nicht verübeln, dass ich noch einmal deutlich hervorhebe, dass wir in Baden-Württemberg ein Schulwesen haben, das in der Fläche des gesamten Lan des glänzend aufgestellt ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Unser Schulwesen ist in der Fläche glänzend aufgestellt, so wohl in den Städten als auch in den ländlichen Räumen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die dritte Werkreal schule erproben in drei Jahren!)

Auch da, Herr Schmiedel. – Aber ich möchte ganz deutlich sagen, dass es uns nicht nur ein Anliegen ist – hier haben wir eine hervorragende Entwicklung vollzogen –, die Schülerin nen und Schüler aller Altersstufen mit Plätzen an ihren jewei ligen Schulen zu versorgen. Vielmehr legen wir auch größten Wert darauf, dass es qualitativ hochwertige Angebote an un seren Schulen gibt und dass es auch hervorragende Perspek tiven der Weiterentwicklung gibt. Nach jedem Abschluss bie tet sich die Möglichkeit eines Anschlusses.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Solange wir diese Voraussetzungen der besonderen, individu ellen pädagogischen Förderung erfüllen, sehen wir natürlich auch keine Veranlassung, darüber hinaus Angebote zu etab lieren, da es ja bereits bestehende qualitativ hochwertige An gebote gibt.

Das ist der entscheidende Grund, weshalb wir keine Notwen digkeit gesehen haben, die Möglichkeit des § 22 des Schul gesetzes zu nutzen. Alle Schularten, sowohl in Karlsruhe als auch in Tübingen, weisen für alle Schülerinnen und Schüler exzellente Angebote auf.

(Zuruf der Abg. Ilka Neuenhaus GRÜNE)

Das ist der entscheidende Grund, weshalb wir solche Schul experimente vor Ort für nicht notwendig halten.

(Beifall des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Also eine Sachentscheidung gegen Ideologie! – Glocke der Präsidentin)

Herr Staatssekre tär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zeller?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Einzeller!)

Gern dann, wenn ich noch einige weitere inhaltliche Aussagen gemacht habe. Herr Kol lege Zeller, vielleicht sollten Sie zunächst einmal die inhalt lichen Aussagen konkret zu diesen beiden Antragstellungen in Karlsruhe und in Tübingen abwarten.

In Karlsruhe gab es im Jahr 2005 den Antrag für ein sogenann tes skandinavisches Modell. Jetzt muss man natürlich die Fra ge stellen: Was meint denn der Antragsteller mit diesem skan dinavischen Modell? Möglicherweise hat man damals unter dem skandinavischen Modell noch das Bildungssystem in Schweden und Finnland verstanden. Mittlerweile muss man allerdings feststellen, dass es dieses skandinavische Modell gar nicht gibt. Denn wenn wir uns die PISA-Ergebnisse an schauen, muss man gerade am Beispiel Schweden feststellen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung Schweden auf Basis der PISA-Ergebnisse zuvor noch exzellente internationale Werte vorzuweisen hatte. Heute wissen wir, dass sogar Schwe den – wo es ein Gemeinschaftsschulsystem gibt – schlechte re Werte als Deutschland aufweist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hört, hört! – Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Das war damals Ihr Beweggrund.

Jetzt haben wir die Argumente seitens des Antragstellers na türlich geprüft. Die Kultusbehörde, speziell auch das Regie rungspräsidium in Karlsruhe, kam dabei zu folgendem Ergeb nis: Es lagen keine klaren Konzepte vor, wie dort Leistungs messungen vollzogen werden sollen. Wir haben nun einmal an unseren Schulen ein Notensystem, das – wenn auch nicht ausschließlich – die Qualifikation der Schülerinnen und Schü ler misst. Aber dies hatte der Antrag nicht beinhaltet. Die pä dagogische Konzeption auf der Basis von schlüssigen Bil dungsplänen war ebenfalls unzureichend.

Das ganz Entscheidende aber ist: Wir können doch keine Schule bewilligen, ohne den Schülerinnen und Schülern da bei zu sagen, was nach Jahrgangsstufe 6, nach Jahrgangsstu fe 7 oder nach Jahrgangsstufe 8 mit ihnen passiert, wenn sie eine andere Schule in einem anderen Ort des Landes besuchen wollen und dabei niemand nachvollziehen kann, was aus der zuvor besuchten Schule jeweils an Qualifikationen mitge bracht wird.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Natürlich geht das! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist auch in jeder Pri vatschule so!)

Das, meine Damen und Herren, sind im Grunde die Fragestel lungen, Herr Kollege Schmiedel, mit denen sich auch die Schulverwaltung auseinandersetzen muss. Ganz einfach ge sagt – um es noch einmal auf den Punkt zu bringen –: Die pä dagogischen Konzepte an unseren bestehenden allgemeinbil denden Schulen einschließlich des Privatschulwesens sind so exzellent, dass weitere Schulexperimente als nicht notwendig erachtet wurden.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Experimente, genau!)

Das sind die entscheidenden Gründe.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Gestatten Sie mir noch eine weitere Bemerkung zu dem, was Sie, Frau Neuenhaus, als Letztes gesagt haben: Natürlich hat der frühere Kultusminister Helmut Rau ein Angebot unter breitet, und zwar aus gutem Grund: Wir haben ganz bewusst gesagt, dass wir durchaus versuchen wollen zu erkunden, wie gemeinsamer Unterricht wirkt, Unterricht, der zumindest in den Kernfächern in den Jahrgangsstufen 5 und 6 gemeinsam mit Schülern aus der Hauptschule und der Realschule durch geführt wird. In Tübingen ist ein solches Modell zustande ge kommen, in Karlsruhe nicht. Wir werden im Jahr 2012 mit großem Interesse betrachten, wie sich dieser gemeinsame Un terricht, zumindest bezogen auf diese Jahrgangsstufen, entwi ckelt. Daraus wollen wir auch pädagogische Konsequenzen ziehen.

Deshalb mein Rat: Wenn man Konzepte einfordert, durch die man möglichst viel Heterogenität in einer Lerngruppe schaf fen will, sozusagen möglichst viele Schüler gemeinsam un terrichten will, dann appelliere ich zumindest an die Vernunft und sage: Gehen Sie doch erst einmal den behutsamen Weg. Warten Sie erst einmal die empirischen Befunde dieser etwa 20 Modellschulstandorte in Baden-Württemberg ab. Lassen Sie uns dann über die pädagogische Weiterentwicklung sol

cher Systeme reden. Schütten Sie bitte das Kind nicht mit dem Bade aus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Jetzt zur Frage des Kollegen Zeller.

Es ist natürlich jetzt ein bisschen schwierig, Herr Wacker, aber ich versuche, nochmals die Kur ve zu bekommen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das wird ihm nicht gelingen!)

Ich werde jetzt auch Sie überzeugen, Herr Kollege Kluck. – Sie hatten vorhin ausgeführt, dass ein erneuter Schulversuch deswegen nicht notwendig sei, weil bisherige Angebote aus reichend vorhanden seien. Das war Ihre Begründung. Sie be stätigen das kopfnickend.

Es war eine der Begründun gen.

Das war eine der Begründungen. – Dann frage ich mich natürlich: Weshalb brauchen Sie 1 200 Schulen sozusagen als Schulversuch, um zu erproben, dass ei ne Ganztagsschule funktioniert? Genau das haben Sie näm lich gemacht.

Herr Kollege Zeller, über das Thema Ganztagsschule haben wir hier sehr ausführlich dis kutiert.

(Abg. Norbert Zeller SPD: 1 200 Schulversuche!)

Wir haben bei der Entwicklung der Ganztagsschule natürlich die Erfahrungen vor Ort gebraucht.

(Lachen des Abg. Norbert Zeller SPD)

Die Erfahrungen vor Ort waren so unterschiedlich, dass wir erst jetzt am Ziel angekommen sind, sodass wir die Erfahrun gen auswerten können

(Abg. Claus Schmiedel SPD: 1 200-mal!)

und diese zusammen mit den kommunalen Landesverbänden zur Grundlage eines gemeinsamen Konzepts zur Entwicklung der Ganztagsschule machen wollen.

Insofern, Herr Kollege Zeller, können Sie an dieser Stelle Äp fel nicht mit Birnen vergleichen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, ich erteile Frau Abg. Rastätter das Wort. – Ich bitte Sie, nicht mehr zu dem Antrag zu sprechen, sondern sich auf eine persönliche Erklärung zu beschränken.