Jetzt kommen wir einmal zu den weiteren Gründen, aus de nen die Anträge auch gestellt wurden. Es gibt viele gute in haltliche Überlegungen, bei denen ich mir aber sicher bin, dass vieles davon nicht strukturelle Veränderungen voraussetzt, sondern in der Qualitätsentwicklung einer Schule umgesetzt werden kann.
Das funktioniert an Schulen auch. Das funktioniert an den Schulen, die in Baden-Württemberg gute Arbeit leisten und die auch von uns für Schulen gehalten werden, an denen sich andere orientieren können.
Deshalb sage ich: Sie wollen nicht nur die Zulassung im Einzelfall, sondern die Öffnung für alle. Das müssen auch Sie zugestehen, weil Sie nämlich alle 60 Anträge erwähnen. Sie beinhalten einiges, was demografisch begründet ist.
Die können gut sein. Aber es wäre doch seltsam, wenn alle Anträge, die kommen, tatsächlich die Vorlage – –
(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Die 60 Anträge ste hen doch gar nicht zur Abstimmung! – Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)
Ich will Ihnen nur sagen: Wenn Sie die Öffnung für die zwei, die Sie zur Abstimmung stellen, vornehmen, müssen Sie sich natürlich auch mit der Frage auseinandersetzen: Was passiert mit den anderen? Haben die die gleiche inhaltliche Grundla ge?
Ich halte es für nicht tragbar, dass man aus der Not der demo grafischen Entwicklung heraus die Frage stellt, woher man
Schülerinnen und Schüler bekommt, und dann ein pädagogi sches Konzept entwickelt, bei dem eben der Ausgangspunkt nicht die Überzeugung vom pädagogischen Konzept, sondern die Not ist, was in Zukunft passiert.
Das Zweite ist: Natürlich will ich in der individuellen Förde rung vorankommen. Besonders wichtig ist mir aber, dass die Schulen, die dies erreichen wollen – darüber haben wir auch gestern diskutiert –, das in den homogeneren Gruppen – nicht homogenen, aber homogeneren Gruppen – unserer Schular ten erreichen und wir nicht von vornherein sagen: „Machen wir doch die Schülerschaft so heterogen, wie es überhaupt nur geht. Dann wird die individuelle Förderung schon funktionie ren.“ Wir müssen in den Schularten insgesamt die individuel le Förderung erreichen. Das ist eine weitere Aufgabe an un seren Schulen; ihr stellen sich die Schulen. Aber wir machen diese Aufgabe nicht dadurch besser lösbar, dass wir die Schü lerschaft so heterogen, wie es irgendwie geht, gestalten.
(Abg. Rita Haller-Haid SPD: Das funktioniert in den ersten vier Jahren doch auch! – Zuruf der Abg. Re nate Rastätter GRÜNE)
Sie reagieren auf unseren Einwand – wir führen hier in dieser Legislaturperiode die letzte, aber nicht die erste Diskussion über dieses Thema –, auf den Hinweis, den man auch sehen muss, gebetsmühlenhaft mit einer Entgegnung. Man muss sich doch vor Augen halten – wenn Sie sagen, es solle überall al les möglich sein –: Eine Schule kann vier Jahre Grundschule anbieten. Danach käme dann die weiterführende Schule. Ei ne Schule in der benachbarten Gemeinde kann sagen: Sechs Jahre Grundschule und dann weiterführende Schule.
Sie sagen: Lassen Sie Modelle zu. – Was beinhalten die 60 Anträge? Manche wollen eine zehnjährige gemeinsame Schul zeit, manche wollen eine sechsjährige Grundschule.
Wenn Sie das umsetzen wol len, kommen Sie um die Frage nicht herum: Wie schaffe ich auch Mobilität? Wie kann ich auch Schulwechsel gestalten? Ihre Antwort ist: „Bildungsstandards; in jedem Fach wird doch durch Bildungsstandards das Klassenziel formuliert.“ Ich fra ge mich, wie dazu passt, dass wir Diskussionen in weiterfüh renden Schularten haben. Es ist doch so, dass die Schülerin nen und Schüler von unterschiedlichen Grundschulen unter schiedlich vorbereitet auf die weiterführenden Schulen kom men. Ich muss mir doch die Frage stellen: Ist es möglich, bei dieser unterschiedlichen Landschaft, die da entstehen kann,
so locker über das hinwegzugehen, was bei einem Umzug pas siert, was bei einem Schulwechsel passiert?
Herr Schmiedel, individuell gefördert werden muss an je der Schule. Aber Sie können nicht sagen, das mache dann schon die Schule, aber beim Wechsel von der Realschule ins G 8 sagen, das bekämen die Lehrer nie hin. Das geht nicht.
Wir bemühen uns darum, dass die Schulen das können. Wir bemühen uns um individuelle Förderung. Aber Fragen, die man zu Ihren Vorstellungen stellt, müssen Sie schon auch zu lassen. Sie können nicht einfach sagen: „Das machen wir mit Bildungsstandards.“ Das funktioniert nicht, wenn es z. B. auch bei Grundschulen trotz Bildungsstandards nach wie vor offe ne Fragen gibt.
Das alles wird nicht zum ersten Mal hier diskutiert. Es bleibt dabei, dass wir aus diesen Gründen zu der Position stehen, die in den Stellungnahmen zu den vorliegenden Anträgen zum Ausdruck kommt, und Ihre Anträge deshalb ablehnen.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es befürch tet, aber nicht wirklich geglaubt: Uns soll hier aus wahltakti schen Gründen wenige Wochen vor der Landtagswahl in die ser letzten Debatte zur Bildungspolitik in Baden-Württemberg wieder eine Schulstrukturdebatte aufgezwungen werden. Die sen Gefallen tue ich Ihnen nicht, Frau Rastätter und – wo ist sie? – Frau Queitsch, sondern ich halte mich an das, was hier auf der Tagesordnung – –
(Abg. Winfried Mack CDU: Haller-Haid! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Frau Haller-Haid ist das, die Stuttgart-21-Befürworterin!)
Ich halte mich an die Tagesordnung, und auf der Tagesord nung stehen diese beiden Anträge auf Genehmigung von zwei Schulversuchen. Dazu nehme ich jetzt Stellung.
Eine Richtigstellung möchte ich vorher noch treffen. Frau Rastätter, Sie haben so getan, als würde ohne die Schulversu che, die ja wirklich anhängig sind und die wir auch ein Stück weit unterstützen würden, wenn wir könnten – aber Sie wis sen ja, wer hier in dieser Frage das Sagen hat – –