Sie können per se schon gar nicht verhandeln, weil Sie gar keine Position haben bzw. weil Sie Ihre Position innerhalb von zwei Minuten dreimal ändern.
Was den Länderfinanzausgleich betrifft, Herr Kollege Schmid, haben Sie natürlich schon recht: Es ist nicht sinnvoll, an die ser Stelle und bei der Klage vor dem Bundesverfassungsge richt sämtliche Ausgleichs- und Verschiebungssysteme mit einzurechnen. Man kann hier an dieser Stelle darüber reden; das ist zur Bestandsaufnahme notwendig. Aber bei der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht – das ist auch der Auftrag an diejenigen, die die Klageschriften erstellen – geht es ein zig und allein um den reinen Länderfinanzausgleich. Mit dem müssen wir uns zunächst einmal befassen.
Ich glaube, diejenigen, die in diesem Haus für das Land Ba den-Württemberg Verantwortung tragen, sollten sich zumin dest darin einig sein, dass dieser Länderfinanzausgleich den Interessen des Landes und seiner Menschen nicht dient und dass es deshalb sogar die Pflicht der Landesregierung ist, da gegen vorzugehen.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Prima! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl, so ist es! Ein guter Schluss ziert alles!)
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Herr Kretschmann, ein Wort sollten Sie zu rücknehmen, nämlich das Wort „Krawallmacher“.
Diejenigen, die die Interessen Baden-Württembergs vertreten, die gegebenenfalls bereit sind, mit einer Klage vor das Bun desverfassungsgericht zu gehen, Krawallmacher zu nennen, das zeugt von einer grausigen Portion Überheblichkeit, Herr Kretschmann. Dies steht Ihnen gar nicht gut zu Gesicht.
(Beifall bei der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Lesen Sie mal die „Bild“-Zeitung! – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Die Grünen wissen, wie man Krawall macht!)
Dann mahnen Sie Konkretheit an. Ich habe versucht, Ihnen zu erklären: Es geht um Artikel 107 des Grundgesetzes. Da geht es um die Frage, was angemessen ist. Einzig das Bun desverfassungsgericht kann – entgegen dem letzten Urteil – etwas mehr Hinweise geben, dass Angemessenheit nicht Über bordung bedeutet, dass man nicht im Übermaß zur Ader ge lassen wird. Das ist die Reihenfolge.
Wenn wir jetzt diese höchstrichterliche Klärung, diese Klä rung durch das Bundesverfassungsgericht, wollen, dann dür fen Sie uns doch nicht – das ist im Grunde auch Ihnen selbst gegenüber vernichtend – als Krawallmacher bezeichnen.
Ein Zweites, Herr Kretschmann: Ihr Vorschlag heißt ja, den horizontalen Ausgleich auflösen und das Ganze in einen ver tikalen hineinschieben. Und dann kommen die wolkigen Be griffe, nach denen es da gehen sollte: Arbeitslosigkeit, Ein wohnerzahlen
hören Sie doch erst einmal zu! –, Siedlungsstruktur, Alters struktur. Wenn wir unter diesen Gesichtspunkten anfangen, mit Mecklenburg-Vorpommern, mit Sachsen-Anhalt oder mit Bremen
oder mit Herrn Wowereit in Berlin zu verhandeln, dann lachen die uns doch nur aus. Das heißt, solange wir nicht die Korsett stange der verfassungsrechtlichen Entscheidung oder der ab schließenden Klärung im Rückgrat haben, brauchen wir in solche Überlegungen in dieser Form gar nicht einzutreten. Re den Sie einmal mit Mecklenburg-Vorpommern über Sied lungsstruktur, über Altersstruktur! Wir wollen über das reden, was uns so zornig macht: dass das Land Baden-Württemberg nach seiner Einzahlung schlechter dasteht als die, die unser Geld in Empfang nehmen.
Wenn Sie hier von Falschinformation reden, dann muss ich Ihnen sagen: Es ist deprimierend, wie wenig Sie sich in der Sachlage auskennen. Aber sich hier hinstellen und andere des Krawalls bezichtigen, das können Sie.
Sie sind dagegen – erneut dagegen –, dass wir uns für das Land Baden-Württemberg einsetzen. Da haben Sie ausgespielt mit uns. Wir werden das tun, bis die Gerechtigkeit wiederher gestellt ist.
Ich glaube, es wäre ganz vernünftig, wenn Sie jetzt einfach sagen würden: Auch wir, die Grünen, wissen, dass da eine ge waltige Gerechtigkeitslücke besteht, und auch wenn wir bei allem dagegen sind, sehen wir Grünen jetzt einfach einmal ein, dass es im Interesse Baden-Württembergs liegt, diese Ge rechtigkeitslücke abzuklären und endgültig aus der Welt zu schaffen.
Sie müssen erst einmal verfassungsgerichtlich die Angemes senheit abklären lassen. Gehen Sie doch einmal zur Kollegin Linnert, der Finanzsenatorin von Bremen – mit ihr können Sie gut reden; sie ist übrigens eine interessante Gesprächspartne rin; sie ist Psychologin –, und reden Sie mit ihr darüber, was sie denn unter den Gesichtspunkten „Altersstruktur in Bre men“ oder „Siedlungsstruktur in Bremen“ von dem Geld zu rückgeben möchte. Das sind doch im Grunde alles Obersät ze, die nichts hergeben. Wenn Sie dann zurückkommen und sagen: „Sie hat es eingesehen, dass sie künftig so haushalten müssen, wie das Baden-Württemberg tut, und deshalb auch weniger Geld brauchen“, dann muss ich Ihnen ein Kompli ment aussprechen. Dann können Sie hier auftreten und diese Sprüche machen, aber sonst nicht.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das ist jetzt ein toller Obersatz!)
Herr Kretschmann, wissen Sie: Das ganze Oberlehrertum hat irgendwo seinen Endpunkt. Ich muss Ihnen sagen: Diese ganze Oberlehrerhaftigkeit reicht mir allmählich. Alle ande ren sind blöd, und nur einer kann es, und das sind natürlich Sie.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU und der FDP/DVP: Jawohl! – Bravo! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sie sind doch der Oberlehrer! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Sie belehren uns doch die ganze Zeit! Machen Sie doch einmal Vorschläge!)
Herr Finanzminister, ich war ja zusammen mit dem Kollegen Kretschmann Mitglied in den Föderalismuskommissionen I und II. Meine Erfahrung ist, auch im Hinblick darauf, dass wir diese Nullneuverschuldung bis 2019 durchbekommen haben, mit Zahlungen der Geber länder – –
Im Übrigen – das vergessen die Leute immer – gehört das al les nicht ins Grundgesetz. Diese Verfassungsänderung hätten wir in der Verfassung des Landes Baden-Württemberg vor nehmen müssen.
Ich halte es für fatal, dass uns der Bund in seiner Verfassung vorschreibt, wie wir das Haushaltsrecht des Parlaments hand haben müssen. Ich sage es noch einmal: Das ist ein grundsätz licher Fehler. Aber das ist jetzt nicht das Thema.
Mein Thema ist: Nachdem wir ja in den Verhandlungen der zwei Föderalismuskommissionen erlebt haben, wie die ande ren Länder reagieren – das hat jeder von uns erlebt –, wäre es da nicht vernünftig, während der Klageeinreichung einen Vor schlag zu machen? Sie sollten einmal darüber nachdenken – Herr Schmid hat ja gesagt, dazu sind wir bereit –, mit dem Parlament zusammen ein Angebot zu machen. Selbst wenn das Gericht fragt: „Wo ist die Begrenzung? Was ist denn in dieser Frage für alle Länder möglich, um diese Ungerechtig keit wegzubekommen?“, sollten wir vom Land Baden-Würt temberg aus vorschlagen, dass wir bereit sind, etwas zu ma chen, um die Übergangszeit erträglicher zu machen, wenn das System dann nachher gerechter wird.