Protocol of the Session on February 2, 2011

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/7165. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Schule, Jugend und Sport, Drucksache 14/7492. Der Ausschuss für Schule, Jugend und Sport empfiehlt Ihnen in seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf abzuleh nen. Sind Sie damit einverstanden, dass wir über den Gesetz entwurf im Ganzen abstimmen? –

(Zustimmung der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 14/7165 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent haltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich abge lehnt.

Punkt 6 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgesetzes – Drucksache 14/7167

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 14/7464

Berichterstatter: Abg. Dr. Klaus Schüle

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Klaus Schüle für die Frak tion der CDU.

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Seit der Ersten Beratung haben sich nach unserer Kenntnis keine neuen Sachargumente ergeben, warum wir diesem Gesetzentwurf zustimmen sollten.

Wichtig ist vielleicht noch einmal, sich die Grundidee von Ba chelor und Master vor Augen zu halten. Die lautet doch: Das Bachelorstudium vermittelt eine kürzere Grundausbildung, und dann sind in der Folge lebenslanges Lernen und Fortbil dung nötig, um im Berufsleben auf dem aktuellen Stand zu bleiben.

Das Masterstudium wiederum ist für wissenschaftlich ambi tionierte, besonders qualifizierte Bachelorabsolventen konzi piert. Viele werden ein Masterstudium erst neben ihrem Be rufsleben in Angriff nehmen und einen Abschluss anstreben. Fast die Hälfte aller Bachelorabsolventen wird während ihres Berufslebens einen Masterabschluss erwerben.

Für diese Auswahl haben wir den Hochschulen aus gutem Grund die Freiheit gegeben, die Kriterien für die Zulassung zu einem Masterstudium festzulegen.

Es bleiben die beiden maßgeblichen Gründe, warum ein Auf weichen, ein „Master für alle“, nicht richtig wäre: Zum einen würde dadurch der Bachelorabschluss automatisch entwertet – wenn Sie nämlich einen Automatismus herstellen, dass je mand, der einen Bachelor hat, auch den Master machen kann. Sie suggerieren damit, dass ein Bachelorabschluss nicht aus reicht. Zum anderen würden Sie den Masterabschluss entwer ten, wenn, wie Sie es wollen, für die Aufnahme eines entspre chenden Studiengangs keine besonderen wissenschaftlichen Qualifikationen gegeben oder andere Voraussetzungen erfüllt sein müssten.

Dabei haben Sie weder die Rektoren noch die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft überzeugt. Ich zitiere den Ge schäftsführer Bildungspolitik der Landesvereinigung BadenWürttembergischer Arbeitgeberverbände, Herrn Küpper:

Die Behauptung, der Berufseinstieg mit dem Bachelorab schluss sei äußerst schwierig, entbehrt jeder Grundlage.

Recht hätten Sie, wenn es so wäre, dass der Bachelor in der Wirtschaft nicht so ankäme, wie wir uns das wünschen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Jedenfalls zeigen die Studien, die uns von der Universität Kassel vorliegen – das ist die Kern aussage –, dass bei der Annahme des Bachelors in der Wirt schaft im Vergleich zu bisherigen Abschlüssen sogar eine leichte Steigerung zu verzeichnen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb gibt es kei ne sachlich überzeugenden Gründe, von unserem erfolgrei chen System – zum Übergang von Bachelor auf Master haben wir erst in der letzten Woche den vierten Workshop abge schlossen – abzuweichen. Ich glaube, die Tatsache, dass im Vergleich zu allen anderen Bundesländern überdurchschnitt lich viele Studierende nach Baden-Württemberg kommen, zeigt: Unsere Hochschulen sind gerade auch im Bereich des Übergangs von Bachelor auf Master hoch attraktiv. Aus die sen Sachgründen lehnen wir Ihren Vorschlag ab.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Stober für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier zum wiederholten Mal über die Frage, ob es die freie Entscheidung

jedes Einzelnen ist, über seinen Lebens- und Berufsweg zu entscheiden, oder ob es Aufgabe des Staates ist, ihn dabei zu bevormunden. Wir sind der Auffassung, dass wir in BadenWürttemberg mündige Bürgerinnen und Bürger haben, die über ihren Lebens- und Berufsweg selbst entscheiden können. Dies gilt für uns daher sowohl bei der Frage, welche Schule man nach der Grundschule besucht, als auch bei der Frage, ob man nach der mittleren Reife eine Berufsausbildung machen will, aufs Berufskolleg oder auf ein berufliches Gymnasium gehen will. Das gilt aber genauso für die Frage, was man ma chen möchte, wenn man einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss, den Bachelor, hat, ob man danach direkt in den Beruf einsteigen möchte oder ob man weiterstudieren und ein Masterstudium anschließen möchte.

Wir sind daher froh, dass der Bachelor insbesondere an unse ren Fachhochschulen weiterhin etwa die gleiche Akzeptanz hat wie das bisherige FH-Diplom. Daher gibt es wirklich gu te Berufschancen, insbesondere aus dem Bachelor an den Fachhochschulen heraus. Wer direkt in den Beruf einsteigen will, der kann dies tun. Aber genauso gilt: Wer weiterstudie ren und auf den Bachelor einen Master setzen möchte – ob an einer Fachhochschule oder an einer Universität –, der soll dies auch tun können. Dabei, lieber Herr Kollege Schüle, geht es nicht um den „Master für alle“, wie Sie uns jetzt wieder un terstellt haben und wie es auch auf manchen Transparenten einiger Studierendenvertretungen steht – das ist aber nicht un sere Position –, sondern es geht um die freie Entscheidung je des einzelnen Studierenden.

Das Gleiche gilt auch an den Universitäten. Die Situation dort ist etwas schwieriger. Ich habe hier einige Zeitungsausschnit te. Bei den Initiativen „Bachelor welcome“, die es auch von den Arbeitgeberverbänden gibt, die Sie auch zu Recht zitiert haben, Herr Kollege Schüle, gibt es natürlich schon einige Hinweise darauf, dass der Bachelor nicht das leistet – insbe sondere an den Universitäten –, was man sich wünscht, vor allem was die Berufsqualifizierung betrifft.

Das müssen wir ändern, damit auch diese Abschlüsse berufs qualifizierend werden. Deswegen diskutieren wir, denke ich, gemeinsam – über alle Fraktionen hinweg und auch das Wis senschaftsministerium – darüber, die Verlängerungsmöglich keiten auf bis zu acht Semester zu nutzen. Aber wir sagen – das ist auch Teil des Gesetzentwurfs –, dass wir dann natür lich nicht bei insgesamt zehn Semestern für Bachelor und Master stehen bleiben können.

Wir haben einen Qualitätsanspruch an das Bachelorstudium. Das heißt Berufsfähigkeit, das heißt aber auch, dass jeder, der einen Bachelorabschluss erworben hat, gezeigt haben muss, dass er wissenschaftlich arbeiten kann. Wer dies gezeigt hat, hat auch die Fähigkeiten, um danach ein Masterstudium an zuschließen.

Irgendwelcher zusätzlicher Hürden bedarf es nicht. Wir sind deshalb auch froh, dass in diesem Haus inzwischen Einigkeit darüber besteht, dass in Zukunft nicht der Bachelor der Re gelabschluss sein soll, sondern der Abschluss, der in der Re gel gemacht wird, der Regelabschluss ist, wie es auch der Wis senschaftsminister immer wieder gesagt hat. Das ist auch rich tig. Über diesen Teil des Gesetzentwurfs gibt es offensichtlich Konsens – so, wie ich die Debatten im Wissenschaftsaus schuss und in der ersten Lesung hier verstanden habe.

Der zweite Kernpunkt unseres Gesetzentwurfs ist, die Vorga be an die Hochschulen zu streichen, nur überdurchschnittlich gute Bachelorabsolventen zum Masterstudium zuzulassen. Denn diese Vorgabe hat inzwischen zu einem völligen Wild wuchs an unseren Universitäten geführt. Manche Universitä ten – insbesondere solche, die bei der Exzellenzinitiative ge wonnen haben – sagen, dass jeder ihrer Bachelorabsolventen überdurchschnittlich gut sei, und übernehmen daher auch je den gern in ein Masterstudium. Von der Gesetzesformulierung her ist das eigentlich nicht gedeckt.

Dass die Hochschulen schon aus zivilem Ungehorsam gegen über dem Land genau das machen, was wir wollen, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Reformunwilligkeit Ihrerseits bei diesem Thema. Ich glaube, wir müssen uns schon anschauen und realisieren, was in den Hochschulen passiert. Wenn zwi schen dem, was im Gesetz steht, und dem, was real gemacht wird, eine Diskrepanz vorliegt, dann besteht hier Handlungs bedarf, entweder in die eine oder in die andere Richtung.

Allerdings gibt es neben diesem einen Beispiel, das ich ge nannt habe, nämlich alle in ein Masterstudium zu überneh men, an unseren Hochschulen auch eine weniger gute Praxis. Denn zum Teil wird die sogenannte Polyvalenz, also ein Stu dienfachwechsel zwischen Bachelor und Master, durch die Zulassungssatzungen bei einer Reihe von Studiengängen in unserem Land nahezu unmöglich gemacht.

Sie, liebe Frau Bauer, haben das zu Recht immer wieder kri tisiert und die Polyvalenz angemahnt und genauso wie wir die Sinnhaftigkeit von § 29 Abs. 2 Satz 5 des Landeshochschul gesetzes hinterfragt, den wir heute streichen wollen. Wir ver stehen jedoch nicht, Frau Bauer, dass Sie unserem Gesetzent wurf genau wegen dieses Teils im Wissenschaftsausschuss nicht zugestimmt haben, sondern sich der Stimme enthalten haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, es besagt nicht nur die po litische Vernunft, sondern auch unsere Gerichte haben bei der Auslegung des Rechts auf freie Ausbildungs- und Berufswahl nach Artikel 12 des Grundgesetzes immer wieder geurteilt, dass dieses Grundrecht natürlich auch für das Masterstudium gilt. Zuletzt hatte dazu das Verwaltungsgericht Münster geur teilt, dass dieser Teilhabeanspruch, der Grundlage für das so genannte NC-Urteil des Bundesverfassungsgerichts Anfang der Siebzigerjahre war, auch bei einem konsekutiv angeleg ten Masterstudiengang fortwirkt.

Deshalb: Verweigern Sie sich dieser Reform nicht, und sor gen Sie mit uns dafür, dass der Übergang zwischen Bachelor und Master genauso geregelt wird wie der Übergang zwischen Abitur und Erststudium. Dabei können wir gern auch über Än derungen im Hochschulzulassungsgesetz diskutieren, das dann maßgeblich ist.

(Heiterkeit des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Sehr schön!)

Der massiven Einschränkungen beim Übergang zum Master studium, die heute noch im Landeshochschulgesetz stehen, bedarf es aber wirklich nicht.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: In diesem Punkt sind wir uns einig!)

Deswegen appelliere ich ein letztes Mal an Sie: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Bauer für die Fraktion GRÜNE.

Werte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Stober, wäh rend Sie mich in Ihrer Rede persönlich angesprochen haben, hat sich die FDP/DVP schon Sorgen gemacht, wie wir mitei nander regieren wollen, wenn sich unsere Auffassungen in solch wichtigen Punkten unterscheiden.

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Nein! Ich ha be gesagt, es ist gut, dass ihr nicht regieren müsst!)

Wir können Sie beruhigen: Hinsichtlich der Absichten des Ge setzentwurfs, den die SPD vorgelegt hat, herrscht große Über einstimmung. Ich glaube, hier sind unsere Auffassungen fast deckungsgleich. Allerdings besteht in einem Punkt eine Dif ferenz: Bei der Art der Umsetzung der guten Absichten wür den wir einen anderen Weg wählen. Deswegen haben wir uns entschieden, dem Vorhaben nicht zuzustimmen, sondern uns der Stimme zu enthalten.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Ah ja!)

Wir enthalten uns also nicht deswegen, weil wir keine Mei nung hätten, sondern weil wir an diesem einen Punkt, in dem sich unsere Auffassungen unterscheiden, einen anderen Weg wählen würden.

(Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

Aber lassen Sie mich – damit die FDP/DVP gut schlafen kann – betonen, an welchen Punkten wir in Bezug auf den Gesetz entwurf mit der SPD gemeinsamer Auffassung sind: Wir be grüßen den Vorschlag, den Bachelor nicht mehr zum Regel abschluss zu machen, ausdrücklich. Es gibt keinen Grund da für, im Gesetz den Bachelor als Regelabschluss zu definieren. Vielmehr muss dies offengelassen werden. Der Abschluss, der gemacht wird, ist der Regelabschluss. Mehr muss im Gesetz nicht definiert werden.

Wir begrüßen zum Zweiten den Vorschlag, dass der Deckel – die Dauer eines Bachelor- und eines Masterstudiums soll zehn Semester insgesamt nicht überschreiten – aufgehoben wird und dass eine größere Flexibilität einkehrt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir uns darauf freuen und erwarten, dass künftig auch mehr Bachelorstudiengänge angeboten wer den, die sieben oder acht Semester dauern. Daher ist auch die ser Vorschlag richtig.