Protocol of the Session on December 16, 2010

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Schauen wir uns den Bereich „Frauen in Führungspositionen“ an. Es ist mehr als ernüchternd, dass im Bereich der B-Posi tionen, dort, wo es wirklich um Führungsverantwortung geht, der Frauenanteil jetzt gerade einmal 13,3 % beträgt. Das ist noch nicht einmal ein Siebtel.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Oi!)

Davon liegen auch noch zwei Drittel im Eingangsbereich der B-Gruppierungen. Selbst wenn man den größten Weichspüler darüber legt, Frau Kollegin Netzhammer, kann von einem deutlichen Fortschritt doch überhaupt nicht die Rede sein.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Es ist ein deutlicher Fort schritt! – Abg. Veronika Netzhammer CDU: Es ist ei ne Verbesserung!)

Das Gleiche gilt für den Aufstieg vom gehobenen in den hö heren Dienst. Auch dabei macht der Frauenanteil noch nicht einmal ein Drittel aus. Er liegt bei 31,7 %. Da muss ich Ihnen einfach sagen: Sie werden Ihrer Vorbildfunktion schlichtweg nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Aussagen zur Stellenbesetzung in Führungspositionen mit Müttern und Vätern – Fehlanzeige in diesem Bericht. Aussa gen zur kommunalen Entwicklung – Fehlanzeige in diesem Bericht. Aber vor allem: Aussagen darüber, wie Sie denn in Zukunft endlich den Turbogang einlegen wollen – Fehlanzei ge in diesem Bericht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Deshalb: Wenn die Ministerin nicht nur am Ende des Bilanz berichts, sondern auch in der öffentlichen Beratung im Sozi alausschuss sagt: „Dieser Bericht ermutigt zu weiteren An strengungen“, dann sage ich: Damit werden Sie der Bedeu tung dieses Themas überhaupt nicht gerecht.

Sie hatten 15 Jahre Zeit zur Gestaltung. Sie zeigen auch mit diesem Bilanzbericht: Mit den jetzigen Regierungsfraktionen wird die Schnecke der Gleichberechtigung weder Beine noch Flügel bekommen.

(Heiterkeit des Abg. Peter Hofelich SPD)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Lösch für die Fraktion GRÜNE.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Noch mehr? – Ge genruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Bekommt ihr jetzt Angst?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen heute eine Bi lanz dazu ziehen, welche Auswirkungen das im Jahr 2005 be schlossene Chancengleichheitsgesetz gehabt hat, und vor al lem, welcher Handlungsbedarf besteht.

Ich kann feststellen, dass es, gemessen an den Zielen des no vellierten Gesetzes, eine ernüchternde Bilanz ist,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Schon wieder!)

weil es sowohl bei der gezielten beruflichen Förderung von Frauen als auch hinsichtlich verbesserter Zugangs- und Auf stiegschancen von Frauen in Bereichen mit Unterrepräsentanz nur ganz geringfügige Fortschritte und Entwicklungen gege ben hat.

Die Landesverwaltung ist einer der größten Arbeitgeber in Ba den-Württemberg, und schon deswegen sollte sie Vorbildfunk tion, Vorbildcharakter in Sachen Chancengleichheit haben. Es gibt knapp 238 000 Beschäftigte im Landesdienst. Die Mehr heit – die Kollegin hat es gesagt – ist weiblich; der Frauenan teil liegt bei rund 56 %.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das ist doch gut!)

Aber diese hohe Quote rührt vor allem aus dem Schulbereich. Hier sind zwei Drittel aller Beschäftigten weiblich. Bei den Führungspositionen sieht das Bild aber ganz anders aus. Auch heute gilt noch: Je höher die Besoldungs- bzw. Entgeltgrup pe, desto niedriger der Frauenanteil. In der Besoldungsgrup pe A 15 und in den B-Positionen hat sich der Frauenanteil zwar kontinuierlich erhöht, aber auf ganz niedrigem Niveau von 10 % auf 13 %. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist wahrlich keine Erfolgsstory.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Seit 2005 soll das Chancengleichheitsgesetz des Landes da für sorgen, dass Frauen der Weg in die Chefetagen der Lan desverwaltung geebnet wird. Aber noch immer stoßen die Frauen an die gläserne Decke. Die Ergebnisse zeigen, dass in den Jahren von 2005 bis 2008 in allen Ministerien durch schnittlich 2,3-mal mehr Männer als Frauen in die Besol dungsgruppe A 15 befördert worden sind. Im Umweltminis terium und im Innenministerium wurden sogar 5,5- bzw. 4,5mal mehr Männer als Frauen dorthin befördert.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Hört, hört! – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: An was das wohl liegt?)

Sie haben vorhin das Sozialministerium und das Kultusminis terium gelobt. Aber es gibt Ministerien wie beispielsweise das Umweltministerium und das Innenministerium, die in Sachen Chancengleichheit ganz weit hintendran sind. Das liegt nicht daran, dass es Frauen an Qualifikation mangeln würde. Be trachtet man die Entwicklung seit 2005, dann muss man ein fach feststellen, dass es einen höheren Frauenanteil gibt, der jedoch keine Entsprechung in verbesserten Beförderungschan cen findet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die besten Studienabsolven ten sind zu mehr als 50 % Frauen. In der Landesverwaltung hingegen sind Frauen nur mit einem Anteil von knapp 15 %

in Führungspositionen zu finden. Das ist wahrlich keine Er folgsstory; das ist wahrlich keine Vorbildfunktion.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP)

Dies weist auf eklatante Defizite in Bezug auf Frauenförde rung und Gleichstellung hin.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Da haben Sie recht!)

Wir brauchen eine konsequente Umsetzung und Konkretisie rung des Chancengleichheitsgesetzes, das heißt konkrete Ziel vorgaben zur deutlichen Erhöhung des Frauenanteils in Füh rungspositionen und regelmäßige Berichtspflichten.

Auch wenn sich der Bilanzbericht, liebe Kolleginnen und Kol legen, gemäß § 25 des Chancengleichheitsgesetzes nur mit der Bestandsaufnahme und der Entwicklung des Frauenan teils im öffentlichen Dienst beschäftigt, erlaube ich mir noch zwei grundsätzliche Bemerkungen zum Chancengleichheits gesetz. Punkt 1 ist die notwendige Erweiterung des Geltungs bereichs, Punkt 2 die gesetzliche Verankerung der kommuna len Frauenbeauftragten.

Bei der Novellierung im Jahr 2005 wurde in den §§ 23 und 24 für die Kommunen und sonstigen Körperschaften eine Son derregelung geschaffen, in der die Erstellung von Chancen gleichheitsplänen gefordert wurde. Die meisten Kommunen tun sich nach wie vor schwer damit. Die Mehrheit hat es bis heute noch nicht gemacht, obwohl das seit 2005 im Gesetz steht. Deshalb ist es auch hier Zeit für verbindliche Vorgaben. Wir halten eine Berichtspflicht, wie sie der Landesfrauenrat im letzten Jahr eingefordert hat, für den richtigen Weg und würden uns darüber freuen und könnten uns vorstellen, zu künftig diesen Bereich auch mit in den Bilanzbericht aufzu nehmen.

Es wäre auch sinnvoll, einmal darüber nachzudenken, ob es nicht zweckdienlicher wäre, Mitte der Legislaturperiode ei nen Bilanzbericht vorzulegen. Denn jetzt, drei Monate vor der Landtagswahl, ist es einfach schwierig, die Handlungsemp fehlungen nicht nur zu benennen, sondern auch umzusetzen. Deswegen wäre es eine Bitte an die Landesregierung, an das Sozialministerium, darüber nachzudenken, den Bilanzbericht zukünftig zur Mitte der Legislaturperiode vorzulegen.

Abschließend kann ich mich nur den Aussagen der Kollegin Wonnay anschließen: Das Bild, der Schnecke Füße zu machen oder der Schnecke Flügel zu verleihen, ist ein gutes Bild. Ich glaube, es gibt in Sachen Gleichstellung in Baden-Württem berg noch viel zu tun. Es gibt noch viel zu tun, was die No vellierung des Chancengleichheitsgesetzes des Landes anbe langt.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Das haben wir schon einmal gehört!)

Wir sind bereit, sehr aktiv daran mitzuwirken.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dr. Arnold für die Fraktion der FDP/DVP.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Jetzt ist alles gut!)

Frau Präsidentin, verehr te Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ist das Glas jetzt halb voll, oder ist es halb leer?

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Jetzt ist das Glas weg!)

Ich als Mitglied der Regierungskoalition tendiere dazu,

(Abg. Thomas Knapp SPD: Noch!)

ein halb volles Glas auf den Tisch zu stellen. Ganz so schlimm, wie es in den letzten beiden Redebeiträgen dargestellt worden ist, ist es nicht. Frau Netzhammer hat schon einige wichtige Zahlen genannt.

Wir haben in den letzten vier Jahren wirklich einen deutlichen Sprung nach vorn gemacht. Ich darf noch einmal zwei Zah len nennen: In den obersten Landesbehörden liegt der Frau enanteil mittlerweile bei 47,5 %. Im gehobenen Dienst liegt der Frauenanteil bei 46,9 %.

Wir sind uns völlig einig darin, dass Frauen in Führungsposi tionen noch stark unterrepräsentiert sind.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP)