Protocol of the Session on October 28, 2010

Zum Thema Sicherheit: Im Juli dieses Jahres hat das Innen ministerium die letzte Halbjahresbilanz zu den Verkehrsun fällen im Land vorgelegt. Sie zeigt, dass auf unseren Autobah nen im Land glücklicherweise immer weniger Menschen ver unglücken und dass insbesondere die Zahl der Verkehrstoten abnimmt.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das liegt an den vie len Baustellen!)

Seit den Siebzigerjahren, dem traurigen Höhepunkt, ist dies trotz eines wesentlich höheren Verkehrsaufkommens und deutlich gestiegener Fahrgeschwindigkeiten eine sehr positi ve Entwicklung. Dennoch gilt: Jedes einzelne Opfer ist eines zu viel.

Deshalb dürfen wir in unseren Bemühungen um größtmögli che Sicherheit im Straßenverkehr nicht nachlassen. Dabei spielen neben den Straßen selbst die Fahrzeugtechnik und ein entsprechendes Fahrverhalten ebenso wie natürlich auch Ge schwindigkeitsbegrenzungen und Geschwindigkeitskontrol len eine wichtige Rolle.

Allerdings zeigt die Entwicklung seit den Siebzigerjahren, dass ein generelles Tempolimit nicht die richtige Antwort ist. Für mich machen Tempolimits dann Sinn, wenn sie aufgrund der jeweiligen Verkehrssituation geboten sind.

Bereits heute haben wir auf mehr als 30 % des Autobahnnet zes eine dauerhaft oder zeitweise geltende Geschwindigkeits beschränkung. Hinzu kommen die jeweiligen Baustellenbe reiche.

Besonders bewährt haben sich die auf 7 % des Autobahnnet zes vorhandenen modernen Verkehrsbeeinflussungsanlagen, die eine flexible Geschwindigkeitsregelung ermöglichen. Mit ihrer Hilfe kann rechtzeitig auf die jeweilige Situation, auf das aktuelle Verkehrsaufkommen, auf die Witterung, auf Unfälle etc. reagiert werden.

Es zeigt sich, dass diese Technologie nicht nur auf die Ver kehrssicherheit, sondern auch auf den Verkehrsfluss und die Verkehrsharmonisierung einen positiven Effekt hat, weil situ ativ verkehrslenkend eingegriffen werden kann und damit Staus verhindert werden können.

Wer ein generelles Tempolimit fordert, führt häufig den Kli maschutz als Begründung an. Fakt ist aber, dass ohnehin 90 % aller Verkehrsteilnehmer langsamer als 150 km/h auf Auto bahnen fahren – die Frau Ministerin bestätigte mir gerade, dass auch sie zu ihnen gehört –

(Ministerin Tanja Gönner: Wenn ich selbst fahre!)

und 20 km/h mehr keinen messbaren Effekt auf das Klima ha ben. Andererseits würde ein generelles Limit wohl zu einer Verlagerung des Verkehrs auf Landes- und Kreisstraßen und damit zu einer höheren Belastung für Menschen und Ortschaf ten durch mehr Verkehr und mehr Lärm führen. Das können wir nicht wollen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deshalb setzen wir uns auch künftig für eine Weiterentwick lung intelligenter Verkehrslenksysteme auf Autobahnen statt starrer Vorgaben ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Haller das Wort.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Jetzt einmal zur Sa che, Martin!)

Die Sache ist halt vielschich tig.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der SPD gebührt das Verdienst, das Thema Verkehrssicherheit wieder einmal in den Mittelpunkt gerückt zu haben, nachdem uns der Ver kehr neben anderen Themen stetig und ständig beschäftigt. Das ist ein wichtiges Thema. Ein Element der Sicherheit ist nun einmal die Geschwindigkeit.

Es gibt noch andere Elemente wie die Fahrzeuge, die passi ven Elemente, aber natürlich auch die Straßenbeläge. Frau Ra

zavi, Sie wissen schon, worauf ich hinauswill. Ich spreche heute aber nicht umfänglich an, dass die Straßen in diesem Land häufig marode sind und auch ein Sicherheitsrisiko dar stellen. Deshalb sieht man auch sehr häufig das Schild „Vor sicht Straßenschäden“.

Das soll aber nicht im Mittelpunkt stehen. Vielmehr soll die Frage im Mittelpunkt stehen, wie wir Verkehrssicherheit durch Geschwindigkeitsbegrenzungen gewährleisten können. Es ist bereits dargestellt worden, dass das in vielen Einzelfällen Sinn macht.

Wir haben großes Vertrauen in die Mitarbeiter der Straßen bauverwaltung, dass sie aufgrund ihrer Erfahrung vor Ort wis sen, wo Geschwindigkeitsbegrenzungen angemessen sind.

Es gibt vielerlei Gründe für Geschwindigkeitsbegrenzungen: Lärmschutz, Umweltschutz, Sicherheitsgründe usw. Man kann aber nicht verlangen, dass – wie ich es aus dem Antrag her auslese – die vorgegebene Regelung ausführlich auf dem Ver kehrsschild begründet wird; denn ansonsten müssten wir ir gendwann Handzettel verteilen, bis der letzte Verkehrsteilneh mer dies einsieht.

(Heiterkeit des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Dabei gilt nun einmal grundsätzliches Vertrauen in den Staat, konkret in die Straßenbauverwaltung, wenn es um Sicher heitsaspekte geht.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Für Eisenbahnbauten sollte das auch gelten!)

Natürlich. Daran besteht doch gar kein Zweifel.

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Die Realität sieht allerdings etwas anders aus. Auf 30 % der Autobahnkilometer haben wir Geschwindigkeitsbegrenzun gen. Nach der von vielen Menschen gefühlten Realität ist dies auf etwa 50 % bis 60 % der Autobahnen der Fall.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: 100 %!)

Die Verkehrsdichte in diesem Land, nämlich der Stau, sorgt selbst für eine Geschwindigkeitsbegrenzung. An sechs Tagen in der Woche kann man in diesem Land selten mehr als 130 km/h fahren. So stellt sich die Frage, ob die Steuerung durch ein Tempolimit von 130 km/h sinnvoll ist. Meine Da men und Herren, Sie wissen, dass sich die SPD-Fraktion in einem ihrer berühmten Mehrheitsbeschlüsse dafür ausgespro chen hat.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Schon wieder umgefallen!)

Natürlich spricht vieles dafür, auch der Verkehrsfluss. Das sei einmal deutlich formuliert. In der Stellungnahme steht sogar eigens, dass eine – ein neuer Begriff, den ich jetzt gelernt ha be – Harmonisierung des Verkehrsflusses sehr wichtig für die Sicherheit ist.

Genau dann, wenn zu viel und zu schnell gefahren wird, ent steht dieser Wellenstau. Einerseits wird Stau und andererseits eine Verkehrsgefährdung verursacht. Deswegen ist es ein heh

res und gutes Ziel, 130 km/h als Höchstgeschwindigkeit in dieser Republik einzuführen. Treten Sie uns bei!

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ein Letztes noch: Das beste Mittel, dass diese Bestimmungen auch eingehalten werden, ist natürlich immer der Appell an die Moral der Fahrzeugführer. Blöderweise erreicht man mich persönlich am besten mit Sanktionen,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Auf dem Fahrrad!)

wenn ich wieder einmal zahlen muss. Das ist einfach ein sehr zielsicheres Instrument des Staates, dass Geschwindigkeits begrenzungen eingehalten werden.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

In diesem Sinn brauchen wir zur Sicherheit auf den Straßen verständige Autofahrer, aber auch einen Staat, der lenkt und steuert.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Walter das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist das gute Recht des Kol legen Bachmann, einen Bahnhof tieferlegen zu wollen. Es ist auch sein gutes Recht, das intellektuelle Niveau von Reden sehr niedrig zu legen.

(Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP)

Aber in beiden Fällen sagen wir: Oben bleiben!

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist die Arroganz der Grünen!)

Ja, Herr Kollege, seien Sie froh, dass ich heute nichts zu Ih nen sage.

(Heiterkeit – Abg. Nicole Razavi CDU: Hochmut kommt vor dem Fall!)