Protocol of the Session on October 27, 2010

Die Fraktion der FDP/DVP nimmt die Landesbediensteten nicht für die starre Haltung des Koalitionspartners in Geisel haft.

(Heiterkeit)

Dazu ist diese Reform zu wichtig.

Meine Damen und Herren, darin sind wir uns mit den Lesben und Schwulen in der Christlich Demokratischen Union einig.

(Abg. Hans Heinz CDU: Jawohl!)

Da gibt es eine ganz große bundesweite Vereinigung, nämlich die LSU. Die LSU schreibt über sich Folgendes:

(Abg. Walter Krögner SPD: Outen die sich? Wo sind die?)

Ehe und Familie sind die tragenden Säulen unserer Ge sellschaft, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften

sind eine Ergänzung als eigenständige, aber gleichwer tige Säule daneben.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Sie sind somit Teil der Realität einer modernen Gesell schaft, in welcher individuelle Lebensentscheidungen ak zeptiert werden.

So weit das Zitat der Lesben und Schwulen in der Union. Das unterschreibe ich.

Wir waren und sind auch jederzeit bereit – aber auch darauf wollte die CDU leider nicht eingehen –, den Begriff „Fami lie“ neu zu definieren. Im Programm der FDP aus dem Jahr 2006 ist klar formuliert: „Familie ist für Liberale dort, wo Kin der sind.“ Wenn wir uns auf diese Definition einigen könnten, dann wäre diese ganze Debatte überflüssig.

(Zuruf des Abg. Albrecht Fischer CDU)

Meine Damen und Herren, wir werden, weil uns, wie gesagt, diese Reform zu wichtig ist, den Änderungsantrag von der SPD und den Grünen zu diesem Thema in der namentlichen Abstimmung ablehnen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Feigling!)

Ich kündige aber schon jetzt an, dass sich einige unserer Kol leginnen und Kollegen der Stimme enthalten werden.

(Abg. Walter Krögner SPD: Da sind wir sehr ge spannt! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Na toll!)

Die Dienstrechtsreform verbessert die Vereinbarkeit von Fa milie und Beruf, z. B. durch die Ermöglichung der unterhälf tigen Teilzeit aus familienpolitischen Gründen. Meine Vorred ner haben schon auf die verschiedenen Punkte der Reform hingewiesen. Dabei ist deutlich geworden: Das Dienstrecht wird insgesamt flexibler und moderner. Das Leistungsprinzip wird gestärkt. Die FDP/DVP begrüßt besonders auch die ver besserten Chancen eines Personalaustauschs zwischen der freien Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst.

Mit der Trennung der Alterssicherungssysteme betreten wir Neuland. Wir nehmen damit eine Vorreiterrolle vor allen an deren Bundesländern in der Republik ein. Das ist gut und rich tig.

Wir erhöhen die Regelaltersgrenze sehr maßvoll und verbin den dies gleichzeitig – darauf möchte ich noch einmal hinwei sen – mit einer Offensive für freiwillige längere Arbeitszeit. Ich bitte alle Beamtinnen und Beamten, sich zu überlegen, ob sie bereit sind, freiwillig länger für den Staat einzustehen, weil wir dann eine Möglichkeit haben, das alles finanziell besser abzufedern.

Kollege Groh hat schon darauf hingewiesen, dass bei einer so großen Reform auch einmal etwas übersehen werden kann, z. B. das Problem der vorgezogenen Kürzung der Anrechen barkeit von Zeiten der Hochschulausbildung. Viele von Ihnen haben diesbezüglich viele Zuschriften bekommen. Das ist in den Auswirkungen schlichtweg übersehen worden. Dem tra gen wir heute Rechnung. Ich bitte Sie also, diesem Ände rungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/ DVP zuzustimmen. Damit wird das Problem gelöst.

Herr Kollege Stickelberger, ich glaube, Sie können hier jetzt die Trommel nicht weiter rühren, wir würden damit vor allem Frauen benachteiligen. Das tun wir nicht. Denn wir lösen die ses Problem.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Aber nicht vollstän dig!)

Wir müssen jetzt einfach schauen, dass wir das auf die Reihe bekommen. Ich will das jetzt nicht im Einzelnen erläutern; das ist viel zu kompliziert, und das ist zum Teil auch schon geschehen. Auf alle Fälle deckeln wir dies so, dass Teilzeit beschäftigte, die vor 1991 in den öffentlichen Dienst eintra ten – diese Personen sind davon betroffen –, in den Auswir kungen nicht stärker belastet werden als Vollzeitbeschäftigte. Damit ist das Problem meiner Meinung nach gelöst.

Ein weiterer Änderungsantrag – auch das hat Kollege Groh schon gesagt – betrifft den Forstdienst. Hier wollen wir den Kommunen und dem Staat die Möglichkeit geben, die in den Forstdienst eintretenden Absolventen – –

(Der Redner hustet laut. – Heiterkeit – Abg. Reinhold Gall SPD: Alarm! Wasser!)

Ich trinke normalerweise kein Wasser.

(Zuruf: Das fällt euch schwer! – Der Redner trinkt das Wasserglas in einem Zug leer.)

Der Not gehorchend, nicht aus eigenem Triebe.

(Heiterkeit)

Wir wollen den Kommunen und dem Staat die Möglichkeit geben, die in den Forstdienst eintretenden Absolventen als technische Beamte einzustellen. Mit dem Landkreistag ist ver einbart, dass er dann nicht an das Land herantritt und sich auf das Konnexitätsprinzip beruft. Vorwiegend werden davon die Landkreise betroffen sein.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einmal sa gen: Wir werden uns Gedanken machen müssen, wie wir die Absolventen der Fachhochschulen – heute Hochschulen ge nannt – behandeln. Wenn der Bologna-Prozess abgeschlossen ist, können wir wahrscheinlich nicht mehr die jetzige grobe Einteilung – Uniabsolventen gleich höherer Dienst, Hoch schulabsolventen gleich gehobener Dienst – beibehalten, son dern müssen uns etwas einfallen lassen, wie wir nach Eignung und Qualifikation unterscheiden. Das kann man auf die Schnelle nicht lösen, aber es muss einmal generell angepackt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Uns ist es wichtig, meine Damen und Herren, dass der öffent liche Dienst in Baden-Württemberg attraktiv bleibt. Nur dann bekommen wir die richtigen Leute für den Dienst an den Bür gerinnen und Bürgern. Deswegen erfolgen zahlreiche Verbes serungen. Dazu gehören auch viele Stellenhebungen im Be reich der Fachlehrer und der Technischen Lehrer.

Kollege Oelmayer, Sie haben noch weiter gehende Vorstel lungen. Aber wir haben schon sehr viel gemacht. Ich glaube, damit haben wir erst einmal den Druck aus der Sache heraus genommen.

Nicht leicht gemacht haben wir es uns bei der Erhöhung der Lebensarbeitszeit, auch im Bereich der Sonderaltersgrenzen. Vor allem bei der Feuerwehr, die nicht in demselben Maß rückwärtige Dienste hat wie beispielsweise die Polizei, kann es Probleme geben. Aber wir flankieren die Erhöhung durch die Beibehaltung der Altersgrenze von 60 Jahren bei Dienst unfähigkeit, durch zusätzliche Freistellungstage unter beson deren Bedingungen und durch die Beibehaltung von Sonder regelungen des alten Bundesbeamtenversorgungsrechts, bei spielsweise Ausgleichszahlungen und eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes. Wir meinen, dass wir das damit einigermaßen kompensiert haben. Man muss jetzt ein mal abwarten, welche Erfahrungen gemacht werden.

All das, was Sie, Kollege Oelmayer, mit Schichtdienst und Ähnlichem vorgeschlagen haben, würde kompliziert sein und viele neue Ungerechtigkeiten schaffen. Dann muss man nach Stichtagen gehen usw.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Der Vorschlag kommt wahrscheinlich aus Hessen!)

Sehr wichtig ist uns die höhere Eigenverantwortung der Dienstherren. Ganz besonders wichtig – das ist heute noch gar nicht erwähnt worden, obwohl das einer der zentralen Punk te dieser Reform ist – ist der Wegfall des einfachen Dienstes.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Es ist ganz wichtig, dass diese sehr schlecht bezahlten Tätig keiten künftig so bezahlt werden wie beim mittleren Dienst. Das ist notwendig. Das verlangt auch der Respekt vor der Ar beit dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für alle Beam ten verbessern sich dank des Strukturprogramms die Chan cen, beruflich voranzukommen und in angemessener Zeit be fördert zu werden.

Kollege Stickelberger, wir bleiben bei der Auffassung, dass mit dieser Reform auch die Rechtsprechung des Bundesver fassungsgerichts von 1995 zum Personalvertretungsrecht um gesetzt werden muss. Wir haben das immer vor uns herge schoben. Wir sind einfach verpflichtet, das, was uns das höchs te Gericht aufgetragen hat, in die Tat umzusetzen. Nun konn ten wir das nicht länger hinausschieben. Deswegen gibt es jetzt dieses Evokationsrecht, und entsprechend ist es dort ge regelt. Wir von der FDP/DVP haben uns vergewissert. Wir ha ben immer wieder geprüft, ob in dieser Neuregelung mehr drinsteht, als in dem Urteil aus Karlsruhe gefordert wird. Dies ist nicht der Fall. Es wird lediglich 1 : 1 umgesetzt. In einem Rechtsstaat ist man dazu verpflichtet, das, was die Richterin nen und Richter einem auftragen, dann auch zu machen.

Dass es hierzu unterschiedliche Auffassungen zwischen der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen auf der ei nen Seite und den Berufsverbänden und Gewerkschaften auf der anderen Seite gibt, liegt ein Stück weit in der Natur der Sache und ist zugleich eine Ausnahme. Ich verwahre mich aber dagegen, wenn Sie sagen, dass diese Einschränkung der Möglichkeiten von Personalvertretung ein Misstrauen gegen über den Bediensteten sei. Nein, das hat damit überhaupt nichts zu tun.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Ha, ha, ha! Dann hättet ihr es ja so lassen können!)

Ich möchte noch einmal betonen: Wir haben in einer Vielzahl von Gesprächen in vielen Fällen Regelungen erarbeitet – des wegen hat das auch so lange gedauert –, die im Konsens mit den Betroffenen gefunden worden sind. Das wollen wir auch künftig so halten.

Bitte stimmen Sie diesem Gesetzeswerk zu.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Innenminister Rech das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Als Angehöriger eines freien Berufs darf ich mit umso größerer Überzeugung sagen, was ich hier schon oft gesagt habe, nämlich: Es ist meine ehrliche, feste Überzeugung, dass wir in Baden-Württemberg eine wirklich leistungsfähige, eine verlässliche und eine moderne Verwal tung haben. Das ist eine der wesentlichen Stärken unseres Standorts Baden-Württemberg. Eine moderne Verwaltung ver langt aber natürlich auch ein modernes Dienstrecht. Deshalb haben wir die Chance, die sich uns geboten hat, auch genutzt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Aber die Leute dürfen doch nicht auf der Strecke bleiben! Was soll das denn?)