Protocol of the Session on October 7, 2010

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wissen Sie eigentlich, was Sie da sagen? – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Angst vor der Bevölkerung ist das!)

Vielleicht könnt ihr ein bisschen ruhiger sein. Jetzt hört ihr mir zu; wir hören euch auch zu.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das fällt uns sehr schwer!)

Deshalb möchte ich davor warnen, das zu beschließen, was uns SPD und Grüne in diesem Gesetzentwurf vorschlagen: ei ne Verankerung der Volksinitiative – Herr Stickelberger hat es erläutert – in unserer Landesverfassung.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Bayerische Verhält nisse!)

Danach wäre der Landtag verpflichtet, binnen sechs Monaten über den Gegenstand einer jeden Volksinitiative einen Be schluss zu fassen. 10 000 Unterschriften sollen ausreichen, um irgendeine Initiative ins Parlament einzubringen. Ich fra ge mich: Wieso soll ich dann noch in eine Partei eintreten, in der ich zunächst einmal viele von meiner Position überzeu gen muss, ehe die Fraktion meiner Partei den Vorschlag ins Parlament einbringt?

10 000 Unterschriften sind schnell zu bekommen – für ein Mi narettverbot ganz schnell.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Haben Sie Unter schriften in dieser Zahl schon einmal eingesammelt? Das kann bloß jemand sagen, der das noch nie ge macht hat!)

Das ist nur eine Frage des organisatorischen Geschicks.

Es würde der politischen Kultur und dem inneren Frieden in unserem Land nicht guttun, wenn wir den Demagogen stän dig ihre Prämie auszahlen müssten.

(Beifall bei der CDU)

Zusammenfassend möchte ich für meine Fraktion sagen: Das Instrument einer Volksinitiative, wie es vorgeschlagen ist, leh nen wir ab.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Volksbegehren und Volksabstimmung sind in unserer Verfas sung seit 1974 verankert. Diese plebiszitären Elemente ergän zen unsere repräsentative Demokratie.

Im Koalitionsvertrag haben wir eine Senkung des Quorums für eine erfolgreiche Volksabstimmung von einem Drittel auf ein Viertel der Wahlberechtigten vereinbart. Für diesen Vor schlag hat sich aber bisher hier im Haus keine verfassungsän dernde Mehrheit gefunden. Damit bleibt es vorerst bei der ver fassungsrechtlich gültigen Regelung.

Wir haben nichts gegen plebiszitäre Elemente in einem ver nünftigen Umfang.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Warum dann die ganze Vorrede?)

Die CDU bekennt sich aber zur repräsentativen Demokratie als einer grundlegenden Festlegung unserer Verfassung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck für die Fraktion der FDP/DVP.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Da müssen ja die Liberalen protestieren!)

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Wir Liberalen nehmen die Bestimmungen von Grundgesetz und Landesverfassung ernst,

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Sehr gut!)

in denen es heißt, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und dass das Volk diese Staatsgewalt in Wahlen und Abstim mungen ausübt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Die Bestimmungen sind eindeutig.

Im Landtagswahlprogramm fordert die FDP/DVP den Aus bau der in der Landesverfassung vorgesehenen Möglichkeit des Volksbegehrens und der Volksabstimmung. Nach Auffas sung der Liberalen soll es für das Zustandekommen eines Volksbegehrens künftig ausreichen, wenn es von mindestens 10 % der Wahlberechtigten gestellt wird. Ein zur Volksabstim mung gestelltes Gesetz soll beschlossen sein, wenn es die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen findet und die se Mehrheit mindestens 20 % der Stimmberechtigten aus macht.

Leider verfügen wir – das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben – in diesem Parlament nicht über die Zweidrittelmehr heit.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ihr müsst halt richtig kämpfen!)

Weil das so ist, müssen wir uns mit kleinen Schritten zufrie dengeben.

Wir haben bei der Bildung dieser Landesregierung in Sachen direkter Demokratie einen Kompromiss mit der CDU ge schlossen. Immerhin haben wir überhaupt einen Kompromiss zustande gebracht. Solange Sie, meine Damen und Herren von der SPD, hier mitregiert haben, haben Sie in dieser Richtung gar nichts zustande gebracht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir haben immerhin als Kompromiss erreicht – Kollege Mack hat es gerade erläutert –, dass das Zustandekommen ein Sechs tel der Stimmberechtigten erfordert, aber dass die Mehrheit der Stimmen nur mindestens ein Viertel der Stimmberechtig ten ausmachen muss. Diesen ersten Schritt zu mehr direkter Demokratie könnten wir in dieser Legislaturperiode noch durchsetzen –

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

es sei denn, für die derzeitige Initiative zur Auflösung des Landtags wäre schnell die erforderliche Zahl der Unterschrif ten beisammen. Danach sieht es aber nicht aus. Diesen ersten Schritt könnten wir also durchsetzen, wenn wir dafür eine Zweidrittelmehrheit bekommen würden.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Leider weigern sich SPD und Grüne, hier mitzumachen.

(Abg. Stephan Braun SPD: Wo haben Sie denn den Gesetzentwurf, Herr Kollege? – Zuruf des Abg. Rai ner Stickelberger SPD)

Stattdessen wollen Sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf das schon jetzt mögliche Volksbegehren zu einer Volksinitia tive aufwerten. Das ist schon gesagt worden. Aber der Kolle

ge Mack hat deutlich gemacht, dass die Christdemokraten da nicht mitmachen. Die brauchen wir aber, egal, wie es ist, um eine verfassungsändernde Mehrheit zu bekommen. Deswegen hilft es nichts: Wir können uns dem Ziel von mehr direkter Demokratie nur in mehreren kleineren Schritten nähern.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Aber statt dies zu tun, verfolgen Sozialdemokraten und Grü ne eine Politik nach dem Motto „Alles oder nichts“.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Oh!)

Der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, ist deshalb nichts anderes als ein reiner Schauantrag.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Deswegen lehnt die FDP/DVP-Fraktion ihn ab. Uns Libera len ist direkte Demokratie zu wichtig,

(Lachen bei der SPD und den Grünen – Abg. Rein hold Gall SPD: Was machen wir denn jetzt für eine Schaufensterrede?)

als dass wir angesichts der Demonstrationen – das ist Ihre Ab sicht – gegen die Bahnhofsverbesserung in Stuttgart und die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm Schindluder damit treiben. Dazu ist dieses Thema zu wichtig.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Die Botschaft heißt: Die FDP ist gegen mehr Beteiligung!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, die FDP bekennt sich zur repräsentativen Demokratie. Diese wollen wir aber auf allen politischen Ebenen um Elemente der direkten Demokratie bereichern. Bürgerinnen und Bürger müssen sich besonders in ihrem unmittelbaren Umfeld stär ker an Entscheidungen beteiligen können. Deshalb setzen wir Liberalen uns für Bürgerentscheide, Bürgerbegehren und Bür gerbefragungen auf Landes- und auf Bundesebene ein.