Protocol of the Session on October 12, 2006

24 Stunden fährt die Bahn leider nicht.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Die Regionalzü- ge sind doch auch wichtig!)

Die Regionalzüge sind wichtig, aber die hoch gepriesene ICE-Anbindung für das ganze Land ist ein Zug pro Stunde.

(Zuruf von der SPD: Besser als keiner! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wie viele Flugzeuge starten pro Stunde?)

Was nützt es Ihnen, wenn Sie landen und der nächste ICE fährt erst in 50 Minuten? Dann fahren Sie doch mit der SBahn weiter und wie immer in 27 Minuten in die Stadt, Herr Dr. Noll. Diese Landesregierung ist noch nicht einmal in der Lage, das Geld aufzubringen, um den derzeit vorhan

denen schlechten 20/10-Minuten-Takt für die S-Bahn auf einen Zehn-Minuten-Takt zu verdichten.

(Zuruf von der SPD: So ein Blödsinn!)

Deshalb: Hören Sie doch auf, zu erzählen, wie bedeutsam dieses Projekt für den Flughafen und die Messe wäre.

(Beifall bei den Grünen)

Sie können mit einer Startbahnanbindung, wie sie auf Anfrage des Abg. Dr. Palmer von der Landesregierung als derzeit nicht finanzierbar dargestellt wurde, einer Zehn-Minuten-Vertaktung der S-Bahn und einer Durchbindung der Gäubahn zu einer ICE-Neubaustrecke nach München mit wesentlich weniger Finanzaufwand denselben Effekt für den Flughafen erzielen. Also auch das ist kein Argument.

Herr Dr. Noll, Sie reden von Ochsen, vom Dreschen, von Dampfzügen und behaupten, ich sei aus dem letzten Jahrhundert.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen – Lachen bei der FDP/DVP)

Niemand aus diesem Parlament kann aus diesem Jahrhundert sein. Dann wären wir nämlich höchstens sechs Jahre alt. Aber wenn Sie sich einmal klarmachen, dass Frankfurt, Zürich, München und Leipzig einen Kopfbahnhof haben, können Sie nicht im Ernst behaupten, dass all diese Städte vom Zugverkehr abgehängt werden, nur weil die Züge dort wenden.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Das ist doch ein Argument aus der Zeit, als man noch Lokomotiven umgespannt hat. Die Wendezeit im Stuttgarter Hauptbahnhof beträgt heute vier Minuten. Diese vier Minuten werden nicht für den Zug benötigt, sondern für das Einund Aussteigen der Passagiere. Schneller geht es nicht. Durch die Aufgabe des Kopfbahnhofs wird nichts gewonnen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Umsteigen!)

Das Umsteigen ist für Leute, die nicht gut zu Fuß sind, wesentlich besser, wenn man sich ebenerdig fortbewegen kann, als wenn man über hohe Umstiege herunter- und hinaufmuss.

(Zuruf von der CDU: Wenn man daheimbleibt, ist es noch besser! – Weitere Zurufe)

Dann wird behauptet, der Regionalverkehr würde verbessert. Tatsache ist: Er wird langsamer und teurer. Der SBahn-Verkehr, der in der Region Stuttgart wesentlich mehr Potenzial hat als der Regionalverkehr, wird durch den Neubau der Haltestelle Mittnachtstraße auf allen Achsen der Linien S 1 bis S 6 um drei bis vier Minuten langsamer. Entsprechend weniger attraktiv wird er. Sie haben bis heute überhaupt keine Erklärung, wie Sie dann die Infrastruktur anpassen. Der 15-Minuten-Takt ist an vielen Stellen nämlich exakt auf diese Infrastruktur ausgelegt. Sie können entweder den 15-Minuten-Takt nicht mehr halten, oder Sie müssen massiv die Anschlüsse an den S-Bahn-Knotenpunk

ten verlängern. Das heißt, für die Mehrzahl der Fahrgäste wird der Verkehr langsamer und nicht schneller, und weil Sie das irgendwie finanzieren müssen, werden auch noch die Fahrpreise erhöht. Langsamer und teurer im Regionalverkehr, und dafür geben Sie Geld aus! Absurd!

(Beifall bei den Grünen)

Dann haben wir das Thema „Flächen in der Innenstadt“. Wenn Sie sich den Inneren Nordbahnhof anschauen, wenn Sie nur vor die Tür gehen und die riesigen leeren Flächen, auf denen nichts passiert, betrachten, dann werden Sie feststellen: 50 ha könnte Herr Föll sofort entwickeln. Wenn er sich nur endlich einmal daranmachen würde. Aber er macht seit zehn Jahren nichts, weil er immer darauf wartet, dass ihm irgendjemand einmal sagt, der Bahnhof werde vergraben. Deswegen kommt die Stadt nicht voran. Wenn Sie aber so lange warten, bis die Gleise wegkönnen, also bis 2016, 2017, dann ist die Messe schon gelesen. Denn Stuttgart wird noch 15 Jahre lang wachsen, und danach ist Schluss. Das heißt, wenn Herr Föll die Flächen endlich hat, dann braucht er sie nicht mehr. Jetzt muss er entwickeln und darf nicht ewig warten, bis Sie sich einmal entscheiden können, was mit dem Bahnhof passiert.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Michael Föll CDU: Wegen Ihres Widerstands kommen wir nicht voran! Deswegen!)

Halten wir also fest: Alles, was dafür spricht, sind die Nutzeneffekte der Neubaustrecke. Die bringt 24 Minuten Fahrzeitengewinn. Die bindet uns ein nach Europa. Das ist der große Vorteil für unser Schienennetz. Hier müssen wir Druck machen. Die Argumente für Stuttgart 21 sind samt und sonders belanglos oder falsch. Samt und sonders!

Deswegen fragt man sich schon, was Sie eigentlich treibt. Ich werde in der zweiten Runde versuchen, das zu analysieren.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Gute Rede!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Scheuermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Palmer, Sie werden noch so lange reden können, wie Sie wollen oder wie Sie diesem Parlament angehören,

(Heiterkeit der Abg. Boris Palmer GRÜNE und Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

aber den großen Vorteil, dass wir auf den Fildern einen Flughafen haben, dass wir dort eine modernste Messe haben und dass wir nach den Planungen, die Sie verteufeln, einen Bahnhof für den schnellsten Zugverkehr bekommen, den es gibt, wegzureden wird Ihnen nie gelingen und kann Ihnen auch nie gelingen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

Denn selbst der konservativste Mensch muss, wenn er noch ein bisschen klar denken kann, einsehen, dass das ein ganz großer Vorteil ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zweitens: Herr Palmer, Sie erklären den fünfminütigen Reisezeitengewinn, den wir durch den neuen Bahnhof in Stuttgart bekommen, als Pipifax, aber gleichzeitig ist die von Ihnen behauptete Verlängerung der Reisezeiten der S-Bahn das größte Übel, das es gibt. Also, fünf Minuten sind fünf Minuten, entweder sind sie ein Vorteil oder sind sie ein Nachteil, aber nicht einmal Vorteil und einmal Nachteil.

(Beifall bei der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Nein, nein! Das hängt von der Gesamtreisezeit ab!)

Drittens: Jetzt kommt das Allerverräterischste an Ihrer Rede. Wie Sie bei Beibehaltung des Sackbahnhofes nach Wendlingen kommen wollen, haben Sie überhaupt nicht erklärt.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sie kennen doch die Pläne! Aufstieg Mettingen!)

Langsam! Langsam, Herr Palmer! Sie haben ganz bewusst darüber nicht geredet. – Sie können planen, was Sie wollen. Sie können Geld ausgeben, so viel Sie wollen, Sie werden von Stuttgart nach Wendlingen nie eine bessere Streckenführung bekommen, als sie mit Stuttgart 21 geplant ist.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das ist das Entscheidende!)

Das heißt, Sie setzen mit Ihrer Planung nicht nur, wie Sie sagen, fünf Minuten Reisezeitenverlust als Pipifax aufs Spiel, sondern Sie setzen auch fünf bis zehn Minuten mehr Reisezeit für den Aufstieg nach Wendlingen gegenüber der bisherigen Planung aufs Spiel.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Nein!)

Eines haben Sie auch überhaupt nicht gesagt: Wenn wir uns morgen für Ihre Pläne entscheiden würden,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das wäre gut!)

dann begänne von Neuem erst eine Planung auf einem leeren Blatt Papier.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Es gibt keine Fi- nanzzusage!)

Niemand hat einen Plan, wie die Sanierung des alten Stuttgarter Bahnhofs aussieht, geschweige denn, dass es einen Plan gibt, wie man von Stuttgart nach Wendlingen kommen soll.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Mehrere! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der Bund muss mehr pla- nen!)

Sie können heute hier überhaupt nicht auch nur annäherungsweise sagen, wie und in welchem Zeitraum Sie Ihre Absichten verwirklichen könnten.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Schneller!)

Sie können überhaupt nicht sagen, in welchem Zeitabschnitt Ihre Planungen verwirklicht werden könnten.

Nächster Punkt, Herr Kollege Palmer. Der ungarische Sonderbeauftragte für die Strecke Paris–Wien–Bratislava war bei unserer Fraktion, als wir in Brüssel Klausurtagung hatten. Nun können Sie über den Mann sagen, was Sie wollen. Aber ihn so zu deuten, dass er für den Sackbahnhof in Stuttgart wäre und sagen würde, dies sei eine gleichwertige, sogar eine bessere Streckenführung als die, die wir vorhaben, damit ist dem Mann wirklich totales Unrecht angetan,