Protocol of the Session on October 12, 2006

Nächster Punkt, Herr Kollege Palmer. Der ungarische Sonderbeauftragte für die Strecke Paris–Wien–Bratislava war bei unserer Fraktion, als wir in Brüssel Klausurtagung hatten. Nun können Sie über den Mann sagen, was Sie wollen. Aber ihn so zu deuten, dass er für den Sackbahnhof in Stuttgart wäre und sagen würde, dies sei eine gleichwertige, sogar eine bessere Streckenführung als die, die wir vorhaben, damit ist dem Mann wirklich totales Unrecht angetan,

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das ist grotesk!)

und damit werden seine Gedanken böswillig vergewaltigt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Die letzte Bemerkung, die ich noch machen möchte – ich sage es noch einmal –: Nehmen Sie Ihre Kosten für die Sanierung des Bahnhofs Stuttgart. Nehmen Sie die Grundstückskosten für die frei werdenden Grundstücksflächen durch den neuen Bahnhof in Stuttgart. Nehmen Sie die größere Wirtschaftlichkeit. Dann geht diese Rechnung fast null für null auf. Wer sich dann noch hier hinstellt und sagt: „Da machen wir doch lieber das Alte anstatt das Neue“, den verstehe ich schlicht und einfach nicht. Wir verstehen es nicht. Über 80 % dieses Hauses verstehen eine solche Haltung überhaupt nicht.

Strich drunter, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir können alle nur hoffen, dass bei dem anstehenden Spitzengespräch endlich dieses Projekt und die Verlängerung der Neubaustrecke nach Ulm einen entscheidenden Schritt zum Nutzen des Landes nach vorne kommen. Wenn es dann auch der Stadt Stuttgart nützt – das nützt auch der Stadt Stuttgart –, dann ist das für uns ein sehr angenehmer und akzeptabler Nebeneffekt. Ich komme jetzt seit 18 Jahren nach Stuttgart. In diesen 18 Jahren hat sich die Stadt gewaltig nach vorne entwickelt. Dieser neue Bahnhof ist eine weitere große Chance für die Stadt. Alles zusammengenommen: Wer jetzt noch, wie Kollege Palmer, sagt: „Unseres ist besser“, dem kann ich nicht mehr helfen, dem ist überhaupt nicht zu helfen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drexler.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Ergänzung zu dem, was Herr Scheuermann gerade gesagt hat, will ich nur einmal deutlich machen, dass der Vorschlag, den Sie, Herr Palmer, vorhin hier gemacht haben, bis nach Mettingen zu fahren – im Übrigen ist alles bis zur Bahngrenze zugebaut; da kriegen Sie auch kein Gleis mehr rein –, bedeuten würde,

(Abg. Michael Föll CDU: Einen Kahlschlag gäbe das!)

dass Häuser abgerissen werden müssten, wenn Sie überhaupt eine weitere Spur bauen wollten.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Ja, ja, das ist klar. – Und dann wollen Sie über Gemüsegebiete rein in den Berg. Da gibt es ja Gemüseanbau in Esslingen-Weil.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Ich nenne Ihnen bloß einmal diese drei Kostenfaktoren, damit auch deutlich wird, dass diese Variante gar nicht billiger ist. Der Tunnel und Ausbau Neckartal kosten 1 Milliarde €. Das ist eine runde Schätzung. Ich gehe immer von den geringsten Schätzungen aus. Sie gehen ja bei Stuttgart 21 immer von höheren Kosten aus. Ich gehe davon aus, dass die Sanierung des Kopfbahnhofs 1,1 Milliarden € kosten würde. Wenn Sie dann noch die 300 Millionen € für die Stichstrecke vom Flughafen zum Hauptbahnhof dazunehmen, dann sind Sie bei 2,4 Milliarden €. Das ist festgestellt.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE schüttelt den Kopf.)

Da brauchen Sie jetzt nicht mit dem Kopf zu schütteln. Es ist so.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Herr Mappus sagt selber, es sind nur 800 Millionen € für den Bahn- hof!)

Sie wollen doch eine Schnellbahnstrecke nach Wendlingen bauen. Sie müssen den Bahnhof an die Neubaustrecke bis Wendlingen anbinden, sonst hat es gar keinen Sinn, sonst müsste man durch das Neckartal fahren und in Wendlingen einschleifen. Dann sagt Herr Balázs: „Das machen wir überhaupt nicht als Fernstrecke, weil es nämlich eine lahme Ente ist.“ Das ist das Erste.

Zum Zweiten will ich auf Ihre Aussage bezüglich Zürich eingehen. Natürlich hat Zürich einen Kopfbahnhof. Aber dort hat jetzt ja eine Volksabstimmung über einen Ausbau stattgefunden. Die Zustimmungsquote beträgt 83 %.

(Zuruf des Abg. Thomas Knapp SPD)

Was sieht man, und was hört man? Dass dort jetzt, genau wie bei Stuttgart 21, um bessere sogenannte Durchmesserlinien für einen schnelleren Fernverkehr und den Regionalverkehr anzubieten

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Zusätzlich!)

ja, ja –, vier weitere Gleise gebaut werden sollen, und zwar unterirdisch. 1,5 Milliarden Franken werden jetzt dafür ausgegeben.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Zusätzlich! Das ist doch etwas ganz anderes!)

Es geht mir darum, Herr Palmer, dass Sie hier nur Teilwahrheiten erzählen.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Sie sagen hier: „Zürich ist ein Kopfbahnhof.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Der bleibt es auch!)

Es ist doch klasse, dass die jetzt 1,5 Milliarden Franken ausgeben, um mit unterirdischen Gleisen die Kapazität zu erhöhen.“ Das ist genau das Gleiche wie hier. Herr Palmer, das müssten Sie doch deutlich sagen.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Gegen- rufe von der SPD – Unruhe – Glocke des Präsiden- ten)

Sie sagen, Sie wollten den Kopfbahnhof in Stuttgart erhalten und darunter noch einen Tiefbahnhof legen. Das ist ja nun der tollste Vorschlag!

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU)

Ich finde, das ist das Tollste, was Sie machen wollen.

Kommen wir jetzt zu dem Hauptpunkt, Herr Palmer. Das Wichtigste ist doch die Frage nach der Leistungsfähigkeit. Das räumen Sie doch ein.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ja!)

Das hat das Verwaltungsgericht festgestellt, die oberste gerichtliche Behörde. Dagegen haben Sie auch nichts sagen können. Es gibt ein verkehrswissenschaftliches Gutachten von Herrn Professor Martin. Er sagt deutlich, dass der Durchgangsbahnhof Stuttgart 21 leistungsfähiger sei als der Kopfbahnhof. Der optimale Leistungsbereich von Stuttgart 21 liegt bei 41 bis 50 Zügen je Stunde und fällt dann allmählich ab. Der Kopfbahnhof wiederum hat nur 28 bis 38 Züge. Genau die 38 Züge erreichen Sie hier nach dem Fahrplan der Deutschen Bahn im Jahr 2015.

Das heißt, Sie haben überhaupt keine Leistungsfähigkeit mehr. Schon daran scheitert Ihr Projekt. Wir werden doch nicht Milliarden in einen Kopfbahnhof stecken, der schon in neun Jahren an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit ist. Wir bauen vielmehr einen Bahnhof für die nächsten hundert Jahre. Sie hingegen wollen einen für die nächsten 15 Jahre bauen. Das wollen wir nicht, Herr Palmer. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP)

Auch das Verwaltungsgericht, Herr Palmer, hat darauf hingewiesen, dass mit einem Durchgangsbahnhof Stuttgart 21 die Verspätungen vielfach schneller abgebaut werden könnten als mit dem Kopfbahnhof. Das ist auch klar. Das ist der zweitwichtigste Punkt.

Der drittwichtigste Punkt ist, dass es auch zu einer besseren Vertaktung kommt. Bestimmte Vertaktungen, die beim Durchgangsbahnhof Stuttgart 21 möglich sind, sind beim Kopfbahnhof 21 überhaupt nicht realisierbar.

Dies alles wurde festgestellt und wurde von niemandem mehr infrage gestellt.

Jetzt sage ich Ihnen noch einiges dazu, dass Sie gegenüber der Presse immer geäußert haben, der Regionalverkehr habe nichts davon. Er hat sehr wohl etwas davon. Betrachten

Sie einmal die Zahlen! Die Fahrzeit von Ulm zum Flughafen Stuttgart beträgt jetzt eine Stunde und 35 Minuten. Später fahren Sie in 23 Minuten von Ulm zum Flughafen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das geht bei meiner Variante genauso schnell!)

Nein. Sie haben ja noch gar keine Variante, wie Sie nach Wendlingen kommen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Natürlich!)

Nein! Es gibt nicht einmal einen Plan. Sie haben bisher nicht einmal die Gemüsefelder in Mettingen gekauft.

(Heiterkeit – Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP)