Ich halte es grundsätzlich für richtig, auf die Nutzerfinanzierung überzugehen. Aber dann müssen Sie auch eines dazusagen. Sie haben gesagt, dann werde die Mineralölsteuer angemessen gesenkt und die Kfz-Steuer abgeschafft.
können Sie nicht sagen: „Das, was über die Maut hereinkommt, geben wir gleich wieder über Steuerermäßigungen zurück.“ Dann müssen Sie ehrlich sein.
Wenn Sie mehr Geld für die Infrastruktur ausgeben wollen, bedeutet das, dass die Leute auch mehr dafür bezahlen müssen.
Natürlich. Und das müssen Sie vor der Wahl sagen: Die Pkw-Maut bedeutet eine Mehrbelastung für die Autofahrer.
Wenn Sie das Ganze als Nullsummenspiel konzipieren und das Mehraufkommen auf der anderen Seite über Steuersenkungen zurückgeben, lohnt sich der Erhebungsaufwand nicht.
Stellen Sie sich also hin und sagen Sie: Die Pkw-Maut bedeutet eine Mehrbelastung für die Autofahrer.
(Abg. Drexler SPD: Für alle Pendler, und zwar er- heblich! – Abg. Dr. Scheffold CDU: Aber dafür mehr Straßen, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Nur dann, wenn Sie mehr Geld ha- ben!)
Ich sage Ihnen dazu auch noch: Ich bin der Auffassung, dass eine Nutzerfinanzierung nur so funktionieren kann wie bei der Lkw-Maut.
(Abg. Mappus CDU: Da funktioniert es gerade nicht! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Doch! Jetzt funktioniert sie schon!)
Das heißt, Sie müssen die Einnahmen zu einem erheblichen Anteil auch für den Schienenverkehr und für die Wasserstraßen zur Verfügung stellen. Es geht nicht, dass Sie aus der Nutzerfinanzierung eine „Betonorgie“ machen und damit ausschließlich Ihre ganzen Straßenbauwünsche erfüllen mit dem Ergebnis, dass die Schienen irgendwann stillgelegt werden, weil sie niemand mehr benutzt.
Wenn Sie diese Randbedingungen erfüllen und den Leuten ehrlich sagen: „Es kostet in Zukunft mehr, ihr zahlt mehr“, und wenn die Einnahmen auch für ökologisch sinnvolle Investitionen verwendet werden – Sie wollen ja wohl auch noch zukünftig Klimaschutzziele erfüllen; das geht nicht mit immer mehr Straßen –,
dann kann man, finde ich, ernsthaft über eine Nutzerfinanzierung und die Einführung einer Pkw-Maut reden.
Herr Kollege Scheuermann, einen weiteren Vorschlag, den Sie gemacht haben, halte ich für außerordentlich richtig: dass wir, wenn wieder eine Föderalismuskommission eingesetzt wird, auch darüber reden, ob es sinnvoll ist, dass in Berlin beispielsweise darüber entschieden wird, ob eine Ortsumfahrung von Bad Saulgau gebaut wird.
(Abg. Capezzuto SPD: Genau! – Abg. Mappus CDU: Es war bis 1998 schon so, dass das Land ent- schieden hat! – Gegenruf des Abg. Capezzuto SPD: Das ist ja nicht wahr! Herr Mappus, das stimmt ja nicht!)
Nein, nein, nein. Es gab da ein Mitspracherecht, aber die Entscheidung fällt formal immer in Berlin.
Ich bin der Auffassung, dass es richtig wäre, eine Regionalisierung vorzunehmen, die so gestaltet ist, dass der Bund noch für die echten Bundesfernstraßen zuständig ist – das sind im Wesentlichen die Autobahnen und ein paar wenige vierspurige Bundesstraßen – und der Rest des Netzes in die Zuständigkeit der Länder geht, die dafür eine adäquate Mittelausstattung bekommen. Dann werden viele der Forderungen, die man nur stellt, weil man sagen kann: „Das zahlt ja alles der Bund“, ganz schnell erledigt sein. Dann werden wir auch ehrlicher im Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern. Ich würde Ihnen im Vorfeld einer Bundestagswahl, bei der Sie eine Chance haben, zu gewinnen, dringend raten, mit dieser Ehrlichkeit auch in den Wahlkampf zu gehen.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte unter Tagesordnungspunkt 2 erledigt.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften – Drucksache 13/4385
Für die Aussprache nach der Begründung durch die Regierung hat das Präsidium eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Die Landesregierung hat dem Landtag Anfang des Monats den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vorgelegt,
mit dem die Gemeindeordnung, die Landkreisordnung und das Kommunalwahlgesetz in einer Reihe wichtiger Punkte novelliert werden sollen.
Zu diesen wichtigen Punkten, Herr Kollege Oelmayer, gehört auch die Weiterentwicklung von Bürgerentscheid und Bürgerbegehren. Dies ist sicherlich der Punkt – ich entnehme es Ihrer Reaktion –, der viele von Ihnen am meisten interessiert.
Der Gesetzentwurf sieht aber noch weitere Neuerungen im Kommunalrecht vor. Als Beispiel möchte ich das Thema „Anschluss- und Benutzungszwang“ nennen, bei dem es um die Einbeziehung des Klima- und des Ressourcenschutzes geht. Des Weiteren verweise ich auf die neue Regelung über die Beteiligung von Jugendlichen, mit der wir über den Jugendgemeinderat hinaus weitere, offene Formen der Jugendvertretung anstreben. Jede einzelne dieser Neuerungen ist von erheblicher Bedeutung und besitzt ein durchaus eigenständiges Gewicht,
sodass es schade und der Bedeutung der Sache nicht angemessen wäre, wenn diese Punkte neben der Thematik „Bürgerentscheid und Bürgerbegehren“ aus dem Blickfeld geraten würden. Ich bin Ihnen, Herr Kollege Noll, dankbar, dass Sie das ebenso sehen.
Denn wir dürfen es nicht fokussiert auf Bürgerentscheide sehen, sondern es gibt noch andere Punkte, die wir zu berücksichtigen haben und die nicht weniger wichtig sind.
Ich betone dies deshalb, weil ich mich in der Vergangenheit immer wieder dafür ausgesprochen habe, die anstehenden Änderungen der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung und des Kommunalwahlgesetzes in einem Gesamtpaket zusammenzufassen. Deswegen kriegen wir die Novelle halt erst heute auf den Tisch und nicht schon ein paar Wochen früher, wie Sie es gerne gehabt hätten.