Protocol of the Session on June 2, 2005

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Sanierung! – Abg. Fischer SPD: Zur Sanierung sagen Sie gar nichts!)

Wenn wir der Sanierung Vorrang vor Neubauten einräumen, bedeutet dies auch eine Optimierung der Raumnutzung, weil wir den Hauptflächenzuwachs, wie der technische Begriff heißt, nicht fortsetzen können.

Ein weiteres Thema sind PPP-Projekte; sie wurden in diesem Zusammenhang im Finanzausschuss auch angesprochen. In den nächsten Monaten wird in Heidelberg ein großes Projekt aufgelegt, mit dem das Land Baden-Württemberg mit Public Private Partnership ein klares Zeichen für eine engagierte Privatisierung setzt, die aber sehr gründlich überprüft wird und dann entsprechend in die Vergabe kommt.

Ich glaube, wir sind – das hat die sehr einvernehmliche Beratung im Finanzausschuss gezeigt – im Land Baden-Württemberg insgesamt auf dem richtigen Weg. Wir tragen die Maßnahmen nüchtern und im Konsens der Fraktionen gemeinsam, und wir behalten die Werterhaltung und die Wertsteigerung unserer Liegenschaften im Auge.

Herzlichen Dank. Das war eine trockene Rede, aber sie betraf auch ein trockenes Thema.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Wieso trocken? – Abg. Gall SPD: Gibt es da nichts zu trinken?)

Das Wort erhält Frau Abg. Bregenzer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Der vom Rechnungshof allein bei den Universitätsgebäuden auf 2 Milliarden € festgestellte Sanierungsbedarf – man muss im Hinterkopf haben, dass wir auch noch Fachhochschulen und Berufsakademien haben – kam ähnlich überraschend wie Weihnachten und Ostern.

Lieber Herr Kollege, wenn Sie hier sagen, Ihre Rede sei eine trockene Rede gewesen, möchte ich feststellen: Sie war gespickt mit Krokodilstränen, aber die helfen den Hochschulen nicht.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Es hilft auch nicht, die Vorschläge des Rechnungshofs auf die lange Bank zu schieben, indem man Arbeitsgruppen

einrichtet, prüft und prüft und ansonsten versucht, zur Tagesordnung überzugehen. Es hilft auch nicht, im Finanzausschuss miteinander zu diskutieren und dann Beschlüsse zu fassen, die aber nicht konkret werden. Deshalb haben wir heute nochmals einen konkreten Ergänzungsantrag eingebracht. Daher wollten wir heute zu diesem Thema nochmals reden.

Die Expansion der Universitätslandschaften in den Sechzigerjahren hat naturgemäß zu einem hohen Sanierungsbedarf in der heutigen Zeit geführt. Wir haben in vielen Hochschulen heute einen technisch veralteten Standard und daher einen dringenden Sanierungsbedarf. Dass wir heute diesen Sanierungsbedarf haben, liegt nicht daran, dass die Bundespolitik inzwischen rot-grün ist oder dass uns der Länderfinanzausgleich so strapaziert, sondern daran, dass man seit Beginn dieser Neubauten für Sanierungen und Erneuerungsmaßnahmen zu wenig Rückstellungen gebildet hat.

(Beifall bei der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist die Wahrheit!)

Diese Situation ist über fast vier Jahrzehnte hinweg entstanden. Hätte man in diesen vier Jahrzehnten Entsprechendes angespart, hätten wir heute dieses Problem nicht. Dies ist ein Versäumnis der Landesregierung – von sonst niemandem.

(Beifall bei der SPD – Abg. Fleischer CDU: Was soll sonst noch alles geschehen?)

Das hätte geschehen können und geschehen müssen.

Die Hochschulen sind die Visitenkarten unseres Landes. Ihr Erscheinungsbild hilft bei der Anwerbung von Studierenden und von Professorinnen und Professoren aus dem Ausland – keine teure Werbebroschüre, die außer Hochglanz nichts zu bieten hat. Wenn unsere Gebäude heruntergekommen sind, wenn unsere Labore und unsere technischen Institute mit antiquarischer Ausstattung zu kämpfen haben, dann werden die Hochschulen keine nennenswerten, interessanten Leute aus dem Ausland gewinnen können.

Es geht hier nicht um den Luxus, sondern darum, was von jedem Bauherrn erwartet wird. Es geht um das, was Sie selbst in Ihren Gesetzen festlegen, es geht um Betriebsvoraussetzungen, die jede Firma erfüllen muss. Wenn Sie die Gewerbeaufsichtsämter in manche Universitäten hinein lassen würden, würden die die Augen zumachen, die Hände überm Kopf zusammenschlagen und den Laden schließen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Wenn sie die Augen zumachen, können sie nicht schließen, weil sie nicht sehen, wie es aussieht!)

Das tun sie nicht, weil das Landeseinrichtungen sind. Diese verstoßen gegen Wärmeschutz-, Brandschutz-, Umweltschutzbestimmungen, verschwenden Energie. Sie verstoßen gegen eigene baurechtliche Vorschriften. Auch das schreibt Ihnen der Rechnungshof ins Stammbuch.

(Abg. Capezzuto SPD: Was?)

Sie verstoßen gegen Brandschutz-, Wärmeschutz- und Umweltstandards. Das kann man nicht irgendwann einmal lösen, sondern das muss man anpacken. Deshalb haben wir

im Rahmen der Haushaltsberatungen 10 Millionen € als einen Einstieg für diesen Haushalt beantragt. Das haben Sie leider abgelehnt. Heute stellen wir noch einmal einen Konkretisierungsantrag.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Den lehnen wir wie- der ab!)

Es ist ein Armutszeugnis, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, dass der Finanzminister schon seit Jahren weiß, dass es diesen Sanierungsbedarf gibt. Der Rechnungshof hat im Prinzip nur das bestätigt, was im Finanzministerium – so sagen Sie das ja selbst – schon seit mindestens fünf Jahren bekannt ist – auch in dieser Höhe.

Es ist ein Armutszeugnis, dass erst die Rechnungshofdenkschrift zu einem Kabinettsbeschluss geführt hat, wonach konkret etwas getan werden muss und man sich mit diesem Thema beschäftigt.

Es ist auch ein Armutszeugnis, dass immer noch kein Konzept vorliegt und dass in Bezug auf die Fachhochschulen und die Berufsakademien im Augenblick die Augen immer noch fest geschlossen werden.

Deshalb unser Antrag. Wir werden der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zustimmen, aber wir bitten Sie auch um Zustimmung zu unserem Ergänzungsantrag, wonach für diese Sanierung eine Konzeption vorgelegt werden soll, die auch Fristen und Summen festlegt. Weiter fordern wir, dass die Bestandsaufnahme nicht nur auf die Universitäten beschränkt bleibt, sondern für die Fachhochschulen, Berufsakademien, Pädagogischen Hochschulen und Musikund Kunsthochschulen fortgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Kleinmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Sanierung und Modernisierung der Universitäten des Landes ist eine zentrale sowohl wissenschafts- als auch forschungspolitische Zukunftsaufgabe. Darüber sind wir uns hier wohl einig.

(Abg. Fischer SPD: Aber?)

Die Qualität, die die baden-württembergische Hochschullandschaft in Lehre und Forschung insgesamt aufweist, und die Exzellenz zahlreicher Fächer und Fakultäten, die in allen Rankings der letzten Jahre belegt worden ist, kämen in Gefahr, wenn der Sanierungsbedarf der Universitäten, den die vorliegende Untersuchung des Rechnungshofs eindrücklich deutlich gemacht hat, nicht zügig angepackt und abgebaut würde.

Baden-Württemberg hat in der Vergangenheit eminent viel in die Universitäten investiert. Das wissen Sie alle. Seit 1970 hat sich der Flächenbestand der Universitäten mehr als verdoppelt: von 0,8 auf knapp 1,8 Millionen Quadratmeter Hauptnutzungsfläche. Allein durch die Zukunftsoffensiven wurden seit den Neunzigerjahren 230 000 Quadratmeter Hauptnutzungsfläche geschaffen.

Ging es in den Sechziger- und Siebzigerjahren vorrangig um einen quantitativen Flächenzuwachs, wurde später zu

sätzlich verstärkt auch in qualitativ höherwertige technische Ausstattung der Gebäude investiert. Bei all dem ist der kontinuierliche Unterhalt der Gebäude ein Stück weit in der Tat – da stimme ich Ihnen zu – vernachlässigt worden.

Der Rechnungshof hat darauf hingewiesen, dass für einen kontinuierlichen Unterhalt jährlich etwa 1,5 % des Neuwerts erforderlich wären, während im Landeshaushalt gerade einmal durchschnittlich nur 0,8 % veranschlagt seien. Da stimme ich Ihnen, Frau Bregenzer, zu.

Hinzu kommt, dass bei einer Reihe großer Baumaßnahmen der Vergangenheit – ich nenne als Beispiele das Neuenheimer Feld in Heidelberg oder die Morgenstelle im schönen Tübingen – jetzt nach 30 Jahren intensivster Nutzung ein ganz besonderer Sanierungsbedarf besteht.

Landesregierung und Rechnungshof haben sich dieses Themas unabhängig voneinander angenommen. Spricht der Rechnungshof von einem Sanierungsbedarf von 2 Milliarden €, kommt das Finanzministerium auf einen noch etwas höheren Wert von 2,4 Milliarden €, Herr Finanzminister. Wichtig ist aber nicht diese Differenz, sondern wichtig ist die Tatsache, dass Einvernehmen darüber besteht, was zu tun ist.

Was ist zu tun, meine Damen und Herren?

(Abg. Capezzuto SPD: Sanieren!)

Richtig. Wunderbar. – Wir müssen der Sanierung, lieber Herr Capezzuto – Lorch wiederum in vorderster Front –, Vorrang vor einem weiteren Ausbau einräumen

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

und die zur Verfügung stehenden Mittel auf die Sanierungsausgaben konzentrieren. Dies schließt Neubauten dann nicht aus, wenn sie kostengünstiger sein sollten als die Sanierung des Gebäudebestands.

(Abg. Capezzuto SPD: Sanieren!)

Wunderbar. – Wir müssen beim Sanierungsprogramm alle Einsparpotenziale nutzen, bei der Überprüfung der Anforderungen an Flächen und Qualitäten ebenso wie bei den baulichen Standards. Flächenreduzierungen werden erforderlich sein.

Drittens: Wir müssen für die Universitäten Anreize setzen, ein Eigeninteresse an einer wirtschaftlichen Optimierung der Flächeninanspruchnahme zu entwickeln, zum Beispiel durch Einführung eines „Vermieter-Mieter-Modells“. Eine entsprechende Effizienzrendite kann dann für zusätzliche Modernisierungs- und – Herr Capezzuto – Sanierungsmaßnahmen genutzt werden.

(Abg. Capezzuto SPD: Richtig, Herr Kollege!)