(Beifall der Abg. Ursula Haußmann SPD – Zuruf von der SPD: So ist es! – Abg. Kretschmann GRÜ- NE: Mayer-Vorfelder: Mut zur Erziehung! – Unru- he)
Deswegen, lieber Kollege, brauchen wir Spracherziehung. Dafür gab es einen Vorschlag. Aber, Herr Kollege Oettinger, wenn Sie in Ihrer Regierungserklärung davon sprechen, dass man hier Deutsch lernen müsse, dann halten wir das schon für ein tolles Stück. Sie haben seit Jahren immer abgelehnt, dass in baden-württembergischen Kindergärten Deutsch gelehrt wird.
Das haben Sie abgelehnt, und zwar seit Jahren. Willkommen im Klub! Wir haben schon seit Jahren gefordert, dass Sprachförderung stattfindet. Vor zwei Monaten haben Sie abgelehnt, dass wir die für die Werbung „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ bestimmten 6 Millionen € nehmen,
um sie in den Kindergarten zu stecken, damit dort Sprachförderung stattfindet. Das haben Sie vor zwei Monaten abgelehnt.
In Ihrem Konzept ist eines nicht ausgereift: Sie müssen natürlich die Kindergärtnerinnen schulen. Sie können die Sprachschulung nicht nur von außen machen. Das fehlt in Ihrem Konzept. Das haben wir kritisiert; das hat der Städtetag kritisiert. Deswegen sind wir auch der Meinung, dass diese 650 000 € zur Verfügung gestellt werden sollen, weil die Kindergärtnerinnen, die Erzieherinnen eigentlich der Maßstab vom ersten Kindergartenjahr an sind und nicht nur Leute, die von außen kommen. Insofern müssen Sie über diese Sache noch einmal nachdenken.
Jetzt kommen wir zur Ganztagsbetreuung an den Schulen. Wir hatten schon gestern die Debatte darüber.
Übrigens, Herr Ministerpräsident: Wenn wir gestern in der Debatte einen Antrag gestellt und darin nichts anderes verlangt haben, als die Landesregierung zu beauftragen, ein Investitionsprogramm für die Gemeinden aufzulegen – für 349 Schulen, die jetzt ausgebaut werden sollen –, die kein Geld mehr bekommen – mehr haben wir nicht verlangt; das ist das, was Sie ja möglicherweise irgendwann selbst im Hinterkopf haben –, und Sie gegen diesen Antrag gestimmt haben, obwohl Sie vorher erklärt haben, Baden-Württemberg müsse flächendeckend Ganztagsschulen nach Bedarf bekommen, dann haben Sie schon Ihre ganze Regierungserklärung ad absurdum geführt, wenn Sie nachmittags einem solchen Antrag nicht zustimmen.
Wir haben gestern Nachmittag diskutiert. Ich kann dazu nur noch einmal sagen: Es war enttäuschend. Ich finde es eigenartig, dass der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg drei Bedingungen für die Städte stellt, die zu kurz gekommen sind. Wir haben gestern kritisiert, dass man das Windhundverfahren gemacht hat. Das war für uns gar nicht einsichtig. Warum hat man das nicht so gemacht wie andere Länder und statt 90 % nur 70 % genommen? Das hätten Sie doch regeln können. Das haben Sie nicht gemacht. Gestern ist herausgekommen, dass man das aus Angst vor der SPD nicht gemacht hat.
Das ist ja toll. Wenn etwas falsch gemacht wird, dann waren wir es, und wenn etwas gut ist, dann sind Sie es vielleicht selbst, und was sehr gut ist, kommt von der Landesregierung, oder wie? So kann man keine Politik machen.
Sie müssen schon zu Ihrer eigenen Verantwortung stehen. Hätten wir ein anderes Verfahren gewählt, wäre der badische Landesteil – Nordbaden – nicht eklatant benachteiligt worden. Er ist eklatant benachteiligt worden.
Das zeigen auch die Zahlen. Andere Bundesländer haben gesagt, wir machen es pädagogisch, also nur die Grundschulen. Das wäre ja vernünftig gewesen.
Sie stellen doch die Kernkraft nicht zur Disposition. Dann hätten Sie eben einmal etwas anderes zur Disposition stellen können. Bezüglich der Kernkraft streiten Sie doch mit dem Bund. Aber über die Frage, wie 528 Millionen € verteilt werden sollen, haben Sie hier nicht diskutiert.
Wir haben mehrere Debatten darüber geführt. Sie sind öfters nicht da; aber das ist eine andere Frage.
Wir hätten natürlich auch 70 % nehmen können, Herr Kollege. Warum haben Sie das nicht gemacht? Weil Sie keinen Bedarf für Ganztagsschulen gesehen haben. Das ist Ihr Problem.
Aus ideologischen Gründen sind Sie durch das Land gelaufen und haben dem Parlament und der Öffentlichkeit erzählt, dass es keinen Bedarf für Ganztagsschulen gäbe. Deswegen hat man das wuselige Windhundverfahren gemacht. Das Windhundverfahren kann man aber nur machen, wenn alle in diesem Land die gleichen Voraussetzungen haben. Das war jedoch nicht so. Die großen Städte haben alle ihre Schulen zusammenfassen und nicht einzelne Anträge abgeben wollen. Die Privatschulen hatten die Baupläne schon in der Schublade, weil sie bereits Ganztagsschulen waren. Und in dieser Situation macht ihr ein Windhundverfahren!
Was sagt der Ministerpräsident Oettinger beim Jahresempfang der CDU Karlsruhe? Ganztagsschulen würden flächendeckend im Südwesten kommen; ein Bedarf bestehe überall. Und was hat gestern der neue Fraktionsvorsitzende gesagt? „Wir wollen keine automatische, flächendeckende Ausrüstung mit Ganztagsschulen.“ Das war die Überschrift im SWR-Kommentar. Das verlangt doch auch niemand, sondern wir verlangen, dass dem Bedarf Rechnung getragen wird.
Das hat doch der Ministerpräsident auch verlangt. Warum haben Sie dann gestern Nachmittag unserem Antrag nicht zugestimmt? Wir stellen nachmittags den entsprechenden Antrag, und Sie stimmen nicht zu.
Was macht der Ministerpräsident? Er sagt erstens: Wir fordern den Bund auf, uns die Mittel zur Verfügung zu stellen. – Der Bund hat überhaupt keine Zuständigkeit. Hinterher verlangt der gleiche Ministerpräsident, der Bund solle sich aus der Bildung heraushalten. Wie passt denn das zusammen? Hier muss ich dem ehemaligen Ministerpräsidenten ein Lob aussprechen. Der hätte als Föderalist so etwas nicht gemacht. Der hätte gesagt, das gehe den Bund nichts an. Herr Oettinger, willkommen in der Föderalismusdiskussion! Wenn Sie dort so auftreten, ist Baden-Württemberg mit einer eigenständigen Föderalismuspolitik gleich verloren.
Zweitens sagt der Ministerpräsident, wenn wir es vom Bund nicht bekommen, dann soll das Geld, das zurückfließt – wir haben die Auskunft, es fließt kein Geld zurück –, nach Baden-Württemberg gehen. Das geht gar nicht. Das wissen alle, die sich auskennen. Dann müsste der Bund wieder neu verhandeln und für diejenigen, die etwas wollen, vielleicht 10 oder 15 Länder, wieder ein neues Programm auflegen. Das wird er nicht machen. Der zweite Vorschlag ist überhaupt nicht praktikabel.
Drittens heißt es: Wenn uns der Bund im Stich lassen sollte, sind wir grundsätzlich bereit, mit den Kommunen über andere Lösungswege zu verhandeln. Also, Herr Oettinger: Wir haben gestern einen Vorschlag gemacht. Wir haben gesagt, die Umschichtung der KIF-Mittel, die durch das Abwassermoratorium kommen, vier Jahre lang jeweils 25 Millionen €, könnten wir vornehmen. Ferner könnten wir uns vorstellen, dass von den aus Immobilienverkäufen erlösten 300 Millionen € 100 Millionen € innerhalb von vier Jahren in die Ganztagsschulen mit einem Fördersatz von 50 : 50 fließen. Das wollen wir Ihnen aber nicht vorschreiben. Aber das könnte man tun, ohne den Haushalt zu verändern. Wir haben lediglich die Aufforderung an die Landesregierung gerichtet, ein solches Programm zu machen. Seit gestern können Sie nicht mehr im Land herumlaufen und sagen, Sie wollten eine Lösung suchen. Gestern haben Sie sich vom Parlament nicht beauftragen lassen wollen, eine Lösung zu suchen.
Wenn Sie dauernd Dialogbereitschaft und Gesprächsbereitschaft signalisieren, dann kommt mir langsam ein Verdacht. Wenn ein Konservativer in Baden-Württemberg Dialogbereitschaft signalisiert, dann können zwei Gründe dahinterstecken: Entweder er ist ratlos, oder er verschiebt die Entscheidung bis nach der Wahl.
Sie können sich nun aussuchen, was auf Sie zutrifft. Es geht doch nicht, dass Sie bei allem nur Gesprächsbereitschaft signalisieren. Wer 14 Jahre lang die Landespolitik maßgeblich mitgestaltet hat und jetzt einen Dialog und Gespräche sucht, der hat keine Lernbereitschaft, sondern er ist entweder ratlos, oder er will nicht, Herr Ministerpräsident. Nur diese beiden Möglichkeiten gibt es.
Wir werden bei den Privatschulen das bisherige Zuschussmodell durch ein Bruttokostenmodell ablösen. Dabei strebe ich an, in den nächsten Haushalten die Landeszuschüsse in Stufen auf 80 % anzuheben.
Das hatten Sie eigentlich schon 2001 versprochen. Ich will Ihnen einmal erklären: Wir waren – Herr Pfister war dabei; da war er noch Fraktionsvorsitzender – im Herbst 2003 bei einer großen Debatte über die Privatschulen. Das ganze Hotel war voll besetzt. Da haben die beiden Fraktionsvorsitzenden von CDU und FDP/DVP – und auch ich – versprochen: Im März 2004 wird der Gesetzentwurf eingebracht, auch wenn die Verabschiedung natürlich länger dauern wird. Der Gesetzentwurf ist nicht im März 2004 eingebracht worden. Er ist auch später nicht eingebracht worden. Die SPD hat den von Ihnen ausgearbeiteten Gesetzentwurf eingebracht. Diesen haben Sie selbst abgelehnt, und jetzt kommen Sie wieder mit der alten Leier. Glauben Sie, dass Ihnen im Privatschulbereich das irgendjemand abnimmt, der weiß, wie Sie die behandelt haben? Sie können doch nicht ständig eine Forderung erheben, die Sie selbst dauernd ablehnen.
In der Regierungserklärung steht: Modellversuch in Stuttgart bei den Schülern mit Notebooks und drahtlosem Internetzugang, damit sie auf eine elektronische Lernplattform zurückgreifen können. Tolle Geschichte! Wir warten immer noch auf die Umsetzung des CDU-Beschlusses, alle Schüler in Baden-Württemberg mit Laptops auszustatten. Dieser Beschluss ist vor sechs Jahren erfolgt.
Auch gab es kein einziges Wort dazu, wie der gigantische Unterrichtsausfall an den beruflichen Schulen abgebaut werden soll. Kein einziges Wort in dieser Regierungserklärung!