Protocol of the Session on April 28, 2005

Zu solch ehrgeizigen Zielen, wie wir Grünen sie formuliert haben, braucht man Entschlossenheit und Mut. Wir haben ihn.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Herr Ministerpräsident Oettinger.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Den Debattenbeiträgen der vier Herren Fraktionsvorsitzenden habe ich aufmerksam zugehört. Losgelöst vom Inhalt danke ich für einen fairen, kritischen, aber konstruktiven Stil. Ich nehme gerne das Angebot des Kollegen Drexler zu einer Mitarbeit bei allen Fragen um den besten Weg für Baden-Württemberg auf und sage meine Offenheit zu. Wir kennen uns seit vielen Jahren und haben diesen Stil im Parlament als Kollegen gepflegt. Die Reden der Kollegen Kretschmann und Drexler waren kritisch im Inhalt, aber fair und konstruktiv im Stil.

Die Beiträge der Kollegen Mappus und Dr. Noll zeigen: Diese Koalition ist intakt, hat einen großen Vorrat an Gemeinsamkeiten, zieht eine gute Zwischenbilanz, hat Ziele, an denen wir arbeiten. Ich baue darauf, dass die beiden Fraktionen von CDU und FDP/DVP weiter enge Mehrheitspartner für unsere Regierungsarbeit sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Kollege Drexler nahm mich in Mithaftung, hat mich mitverantwortlich für 14 Jahre Regierungsarbeit gemacht. Dies nehme ich gerne an. Ich bekenne mich dazu, dass in den letzten 14 Jahren die parlamentarische Umsetzung auch von mir mehrheitsfähig gemacht worden ist. Weil es 14 gute Jahre für Baden-Württemberg und die Bürger im Lande waren, weil Erwin Teufel gute Politik gemacht hat, habe ich mit dieser Mithaftung überhaupt kein Problem – ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich sehe mich in der Fortführung dieser Arbeit von Erwin Teufel und seinen Regierungen. Kollege Drexler, dass die SPD vier Jahre dabei gewesen ist, müsste für Sie ein Grund sein, nicht alles schlechtzureden, was in diesen 14 Jahren für Baden-Württemberg gelaufen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Capez- zuto SPD: Das machen wir doch gar nicht!)

Nicht alles, was Sie vorschlagen, ist falsch. Sie werden es erleben: Es wird manchmal vorkommen, dass Sie übernehmen, was von uns vorgeschlagen wird – hoffe ich –, und ich habe keine Automatik in mir, alles abzulehnen – Klappe runter! –, nur weil die SPD oder die Grünen bei einem Thema mit Interesse und mit Kompetenz unterwegs sind.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Gibt es auch!)

Wir kämpfen um den besten Weg, und die CDU in BadenWürttemberg behauptet nicht, dass sie einen Alleinvertretungsanspruch für richtige Ideen hat. Wir greifen gute Ideen aus dem vorpolitischen Raum und aus dem Parlament dann auf, wenn wir sie für gut halten. Das gilt auch für Arbeiten und Ideen von Ihrer und von der grünen Fraktion.

Aus Zeitgründen gehe ich nur auf vier Schwerpunktthemen ein, die auch in der Aussprache bei Ihnen Schwerpunkte gewesen sind: erstens Haushalt, zweitens Bildung und Betreuung in Baden-Württemberg, drittens Energiepolitik, viertens die Frage der Verkehrsinfrastruktur und wie deren Finanzierung in Zukunft laufen soll.

Der Haushalt ist das jüngste Gesetz, das hier im Landtag verabschiedet worden ist. Wir alle waren dabei. Mit dem Haushalt 2005/2006 haben wir zwei Ziele erreicht und ein Ziel verfehlt. Wir haben das Ziel erreicht, dass unser Haushalt im Gegensatz zu den Haushalten der Mehrzahl der Länder der Verfassung entspricht. Wir investieren mehr, als wir an neuen Schulden aufnehmen. Das schaffen die Grünen dort, wo sie mitregieren – es gibt kaum noch solche Länder in Deutschland –, in Nordrhein-Westfalen und im Bund, nicht. Sie schaffen es nicht, aber wir schaffen es. Auch in diesen beiden Jahren haben wir ein erstes zentrales Ziel unserer Haushaltspolitik erreicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Auch ein zweites Ziel erreichen wir Jahr für Jahr: Dass die Staatsverschuldung Deutschlands den Stabilitätskriterien der Europäischen Union und der Währungsunion zuwiderläuft, dass wir in Deutschland mehr Schulden machen als erlaubt, hat nichts mit dem Landeshaushalt von BadenWürttemberg zu tun. Gäbe es in anderen Ländern und beim Bund nur Haushalte mit der Struktur unseres Haushalts, ständen wir nicht in Brüssel am Pranger und müssten wir nicht zu Kreuze kriechen und die Währung aufweichen. Mit unserem Haushalt bleibt die europäische Währung stark. Auch dieses zweite Ziel wurde in Baden-Württemberg im Gegensatz zu anderen Ländern und zum Bund erreicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ein drittes Ziel haben wir nicht erreicht: Die Neuverschuldung wird in diesem Jahr und auch im nächsten Jahr auf der gleichen Höhe bleiben wie 2004. Insoweit ist das ein Haushalt, der nicht glänzend dasteht, und insoweit ist die mittelfristige Finanzplanung von steigendem Gewicht, die die Neuverschuldung in den Jahren 2007 und 2008 in Stufen nach unten führt. Daran will ich mich messen lassen.

Es macht, wenn man erst vor wenigen Wochen den Haushalt verabschiedet hat, in dem die Gehalts- und Pensionszahlungen verankert sind, in dem der Stellenplan enthalten ist, in dem Förderprogramme für Familien, für Frauen und Kinder enthalten sind, überhaupt keinen Sinn, jetzt nach sechs Wochen eine Kurskorrektur zu verlangen. Politik bedeutet auch Kontinuität. Deswegen ist die Haushaltspolitik ein Schwerpunkt im Nachtragshaushalt – wenn einer kommt – und in den Folgerungen aus der nächsten Steuerschätzung; in drei Wochen ist es so weit. Im Jahr 2006, wenn die Haushalte für die Jahre 2007 ff. aufzubauen sind, werde ich

(Ministerpräsident Oettinger)

mich an den Zielen messen lassen. Jetzt ist Ihre Kritik mit Sicherheit verfrüht, abwegig und falsch.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, beim Thema „Schule, Bildung und Betreuung“ ist der behauptete Gegensatz zwischen dem Kollegen Mappus und mir überhaupt nicht vorhanden.

(Abg. Schmiedel SPD: Na! Schön wär’s! – Abg. Seimetz CDU: Überhaupt nicht!)

Wir brauchen zuallererst Wahlfreiheit. Kollege Mappus hat zu Recht gesagt, dass er – wörtlich; ich habe das Protokoll hier – „Respekt vor all jenen Vätern und Müttern“ hat, denen er danken will, vor den Vätern und Müttern, schwerpunktmäßig den Müttern, weil das auch die Mehrzahl derer ist, die zu Hause bleiben.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Ob das auch so bleibt, wie Sie das machen? – Gegenrufe von der CDU)

Herr Kollege Oelmayer, auch bei den Grünen sind im Regelfall Männer, die Väter sind, im Parlament, und Frauen, die keine Mütter sind, sind ebenfalls hier.

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Das heißt doch im Grunde genommen: Wir haben eine allgemeine historische Entwicklung, in der die Mütter immer näher an der Kindererziehung waren, weswegen die Wahlfreiheit wichtiger wird. Der Dank des Kollegen Mappus an Mütter und Väter, die sich Zeit für die Erziehung zu Hause und zur Familienarbeit nehmen, ist richtig und weiterhin zeitgemäß.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Ich zitiere dazu zwei Absätze aus unserer Landesverfassung, die zwar 50 Jahre alt, aber noch immer sehr aktuell sind.

Artikel 12 Abs. 2 lautet:

Verantwortliche Träger der Erziehung sind in ihren Bereichen

zuallererst –

die Eltern, der Staat, die Religionsgemeinschaften, die Gemeinden und die in … Bünden gegliederte Jugend.

Letzteres meint die Verbands- und Vereinsarbeit. Alle sind verantwortlich, und die Reihenfolge stimmt, glaube ich, ebenso.

In Artikel 15 Abs. 3 heißt es:

Das natürliche Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder mitzubestimmen, muss bei der Gestaltung des Erziehungs- und Schulwesens berücksichtigt werden.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ich glaube, dass beide sehr konkreten Aussagen – 50 Jahre alt – aktuell geblieben sind. An denen orientieren wir uns.

Deswegen spreche ich zuallererst – wie Kollege Mappus – meinen Respekt den Frauen und Männern aus, die Mütter und Väter werden und auf Jahre auf Erwerbsarbeit verzichten und Familienarbeit leisten,

(Abg. Kiefl CDU: So ist es!)

weil Elternliebe noch immer die unmittelbarste und wohl auch die beste Form der Erziehung und der Entwicklung der Kinder ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Kiefl CDU: Exakt!)

In diesem Zusammenhang will ich exemplarisch – –

(Zurufe der Abg. Ursula Haußmann und Schmiedel SPD)

Kollegin Haußmann, darf ich das ausführen?

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ich will nur hören, ob berufstätige Eltern ihre Kinder nicht lieben! Das wollte ich von Ihnen hören! – Zuruf des Abg. Ca- pezzuto SPD)

Wenn meine Ausführungen zur Ganztagsschule zu Ende sind, können Sie prüfen, ob dazu eine konkrete Aussage gemacht worden ist.