Protocol of the Session on April 27, 2005

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Im Rahmen eines Pilotprojekts werden wir die Verwertung von landeseigenen Immobilien an private Gesellschaften übertragen. Auch hier hat Wirtschaftlichkeit hohe Priorität. Wir werden die Erlöse aus dem Verkauf von Grundstücken in vollem Umfang zur Senkung der Nettoneuverschuldung verwenden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

In diesem Zusammenhang werden wir auch prüfen, ob Effizienzgewinne im Bereich des Landesbetriebs „Vermögen und Bau Baden-Württemberg“ und ein entsprechender Stellenabbau möglich sind.

Wir haben im Justizbereich die Absicht, das Amt des Gerichtsvollziehers in einen privatbürgerlichen Beruf zu überführen. Zur Zukunft der Notariate in Baden-Württemberg warten wir das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ab und werden dann in einer kleinen Arbeitsgruppe mit den Notarvertretern im Land prüfen, mit welchem Notarprofil, mit welchem Notarberuf Baden-Württemberg europatauglich in die Zukunft geht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der öffentliche Dienst in Baden-Württemberg leistet hervorragende Arbeit und verdient unseren Respekt. Ein Beispiel: Baden-Württemberg weist bundesweit die geringste Richterdichte auf, hat dennoch die kürzesten Verfahrensdauern und nimmt bei der Erledigung von Fällen einen Spitzenplatz in Deutschland ein.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Jawohl!)

Das heißt, wir haben gute und fleißige Richter, gute Justizangestellte, gute Staatsanwälte. Ich setze auch in Zukunft auf eine schlanke, effiziente und kompetente Justiz in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Generell: Unsere Mitarbeiter haben in den letzten Jahren bei Einschnitten mitgemacht und damit einen Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts geleistet. Für das künftige Miteinander von Beschäftigten und Landesregierung sind mir zwei Dinge wichtig: Vertrauen und Dialog.

Erstens: Dialog heißt für mich, dass von mir das Gespräch mit allen Beschäftigten im Land, ihren Vertretungen und den Gewerkschaften gesucht wird.

Zweitens: Vertrauen heißt, dass auch neuen Modellen der Arbeitszeitgestaltung, die in der Wirtschaft schon bestehen, im öffentlichen Dienst eine Chance gegeben werden muss. Ziel muss es sein, durch intelligente Arbeitszeitmodelle vor allem Frauen die Chance zu bieten, Kinderbetreuung und Berufstätigkeit auch bei den Behörden des Landes besser zu vereinbaren.

Drittens: Gute Arbeit verdient auch eine leistungsgerechte Bezahlung. Wir müssen im Dialog mit dem Beamtenbund und den Gewerkschaften Lösungen finden, die den Haushalt nicht belasten und die dennoch Anreize bringen, sodass gute Arbeit von guten Beamten besser als bisher belohnt wird und dadurch die Arbeit insgesamt gestärkt werden kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Viertens: Zur Offenheit gehört auch Ehrlichkeit. Das gilt zum Beispiel beim Thema „Altersvorsorge im öffentlichen Dienst“. Private Eigenvorsorge wird für alle Bürger – auch für Beamte – immer wichtiger. Die Landesregierung wird deswegen prüfen, ob die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei der Förderung der privaten Altersvorsorge nicht die gleichen Möglichkeiten erhalten sollten, wie sie in der Wirtschaft, im privaten Bereich schon derzeit bestehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen uns in Deutschland endlich wieder auf die Grundzüge unserer bundesstaatlichen Ordnung zurückbesinnen: Vorfahrt für kleine Einheiten, Aufbau des Staates von unten nach oben, klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für alle Entscheidungsebenen von der Gemeinde bis zur Europäischen Union.

Der Bund hat mehr und mehr Kompetenzen an sich gezogen und die Länder entmündigt.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Das war schon der Beitrag der großen Koalition. Ich schließe bei dieser Veränderung, bei dieser Verschlechterung meine Partei in den letzten Jahrzehnten ausdrücklich ein.

Die Föderalismusreform ist im ersten Anlauf gescheitert, weil der Bund den Ländern mehr Freiheit zur Eigengestaltung verweigert hat und in der Bildungsplanung verstärkt mitbestimmen will. Dagegen müssen sich die Länder wehren, auch und gerade im Interesse des hohen Hauses, des Parlaments, der Landtage bundesweit. Baden-Württemberg steht für einen neuen Anlauf in diesem Jahr bereit.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Weiß Herr Koch das auch schon? – Zurufe von der SPD)

Aber die Grundbedingung, Kollege Drexler und Kollege Kretschmann, muss sein, dass der Bund nicht mehr in der Bundespolitik

(Abg. Drexler SPD: Bildungspolitik!)

nicht mehr in der Bundespolitik – über Bildung und Betreuung mitreden will, sondern sich aus der Bildungsplanung etwas zurückzieht.

(Ministerpräsident Oettinger)

(Abg. Schmiedel SPD: Aber das Geld soll er zu- schießen! – Abg. Drexler SPD: Aber Geld soll er zur Verfügung stellen!)

Die Kultuskompetenz ist der Schlüssel dafür, dass die Föderalismusreform in Deutschland gelingen kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden die Leistungsfähigkeit unserer Kommunen auch in Zukunft wahren. Wir benötigen eine grundlegende Neuordnung der Gemeindefinanzen auf Bundesebene, und wir tragen weiter für die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung Verantwortung. Dies kann nur durch einen grundlegenden Systemwechsel erreicht werden. Aus meiner Sicht wäre es richtig, die Städte und Gemeinden nicht nur an der Einkommensteuer, sondern auch an der Körperschaftsteuer zu beteiligen und dazu den Kommunen ein Zuschlagsrecht zu geben.

(Abg. Drexler SPD: Das wird aber teuer!)

Damit könnte die Gewerbeertragsteuer, die nicht mehr zeitgemäß ist, abgeschafft werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Bra- vo!)

Ein solcher Systemwechsel, der die Steuerbelastung der Bürger nicht erhöhen darf,

(Abg. Drexler SPD: Ja was denn dann?)

wird die Eigenverantwortung der Kommunen stärken und ihre Einnahmen, die derzeit viel zu stark von der Konjunktur abhängig sind, stabilisieren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

In eine Gemeindefinanzreform müssen aber auch die Ausgabenseite und die Aufgabenseite einbezogen werden. Vor allem gilt es, die Dynamik bei den Sozialleistungen zu begrenzen, die eine zu schwere Hypothek und Belastung für die Kommunen geworden sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Weiterhin, meine Damen und Herren, werden wir uns dagegen wehren, dass Berlin und Brüssel unseren Kommunen ständig neue Aufgaben aufbürden, ohne die notwendigen Finanzmittel dafür bereitzustellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der SPD, u. a. des Abg. Junginger)

Wer Aufgaben schafft, wer Pflichten erstellt, muss auch die dafür notwendigen Mittel bringen. Ansonsten handelt er ungerecht und nicht partnerschaftlich.

(Abg. Birzele SPD: Das ist aber Kompetenz des Landes! Es ist Verpflichtung des Landes! – Weite- re Zurufe von der SPD)

Es ist mir ein Anliegen, die bewährte Finanzpartnerschaft zwischen Land und Kommunen zu erhalten. Die Zeiten sind

hart. Sie verlangen von Land und Kommunen schmerzhafte Einschränkungen. Ich sage den Kommunen zu, gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden nach verträglichen Lösungen zu suchen. Eine faire finanzielle Behandlung wird auch in Zukunft das Ziel unserer Politik sein.

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, die Landtage haben nicht nur an den Bund und an die EU legislative Aufgaben verloren oder abgegeben, sondern sie haben auch an die Exekutive Aufgaben abgegeben, die eigentlich Landtagsangelegenheiten sind. Wer Landesgesetze betrachtet, wird erkennen, dass die Zahl der Ermächtigungen für Verordnungen und Erlasse zu hoch ist. Hier müssen wir für klare Verhältnisse sorgen. Die Regierung verfolgt das Ziel, die Rechtsetzung wieder verstärkt im Landtag zu bündeln.

Eine Reihe von Verordnungsermächtigungen beruhen auf Bundesgesetz, zum Beispiel dem Gaststätten- und dem Ladenschlussgesetz. Wir setzen uns dafür ein, dass auch diese Regelungskompetenz dem Landesgesetzgeber übertragen wird. Ich biete dem Landtag noch in diesem Jahr an, in einem ersten Paket einige Landesgesetze daraufhin zu prüfen, ob Verordnungsermächtigungen zurückgenommen und die Inhalte in das Gesetz übertragen werden können, damit die vollständige Regelung Landtagsangelegenheit wird und nicht zum Teil Minister- und Regierungsangelegenheit ist. Dadurch erreichen wir mit eigenen Mitteln eine Stärkung des Parlaments.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Ab- geordneten der Grünen)

Verehrte Kolleginnen, liebe Kollegen, stabiles Wachstum entsteht aus der Verbindung von Bewährtem und Neuem. Das gilt in der Natur, und das gilt genauso für meine Vorstellungen von Nachhaltigkeit in der Wirtschaft insgesamt. Der Schutz von Umwelt und Natur ist kein Selbstzweck, sondern als „weicher“ Standortfaktor wichtig. Baden-Württemberg ist geprägt von reicher Vielfalt natürlicher Lebensräume. Diese Vielfalt werden wir bewahren und erhalten.

Mein besonderer Dank gilt den Natur- und Umweltverbänden, die zur Pflege und zum Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen einen ebensolchen Beitrag leisten wie die, die als Eigentümer und Pächter für die Landbewirtschaftung verantwortlich tätig sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)