Protocol of the Session on April 27, 2005

Gleichzeitig wird die Regierung ihre bisherige Linie beibehalten und alle ausreisepflichtigen Ausländer, abgelehnten Asylbewerber und andere konsequent und zügig abschieben. Dies gilt zuallererst dann, wenn Interessen der Sicherheit unserer Bürger berührt sind. An dieser Politik wird auch die neue Härtefallkommission nichts ändern. Wir haben ein Aufenthaltsrecht und Gastrecht für jeden, der rechtmäßig da ist. Wir sind ein Rechtsstaat. Wer nicht auf Dauer dableiben darf, hat auch nicht vorübergehend ein längeres Aufenthaltsrecht.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Was hat dann die Härtefallkommission für einen Sinn? – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE – Zurufe von der SPD)

Es ist vor allem auch unserer Initiative zu verdanken, dass das Zuwanderungsgesetz jetzt die entsprechenden Maßnahmen für ein schärferes Instrumentarium zur Beendigung des Aufenthalts von Ausländern enthält. Wir werden diese Möglichkeiten nutzen. Schleuser, Sicherheitsgefährder und Hassprediger bekommen konsequent den Rechtsstaat zu spüren und werden abgeschoben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sollten diese Instrumente nicht ausreichen, wollen wir weitere Maßnahmen ergreifen und einfordern, zum Beispiel die Einrichtung von Ausreisezentren, in denen ausreisepflichtigen Ausländern ein zentraler Ort geboten wird, um ihr Untertauchen zu verhindern,

(Lachen der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

oder die Einführung einer Beugehaft, wenn Ausländer ihrer Mitwirkungspflicht nicht gerecht werden und zum Beispiel ihr Pass verloren geht.

(Unruhe bei der SPD)

Wenn gefährliche Extremisten aus zwingenden Gründen nicht abgeschoben werden können, ist auch die Prüfung der Sicherungshaft in Baden-Württemberg eine Möglichkeit.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, die öffentlichen Haushalte in Deutschland – auch der in Baden-Württemberg – haben seit Jahrzehnten über ihre Verhältnisse gelebt. Die wichtigste Verbesserung, die wir für die Zukunft zu leisten haben, wird in den nächsten Jahren die Reduzierung der Neuverschuldung sein. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts ohne Neuverschuldung darf nicht aufgegeben werden. Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern und in besonderem Maße unseren Kindern schuldig. Dies bleibt ein Auftrag im gesamten Jahrzehnt, das vor uns liegt. Dazu bekenne ich mich. Dies wird die Politik von CDU und FDP/ DVP in diesem und im nächsten Jahr sowie in den nächsten Jahren in Baden-Württemberg sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Leider sind die Bedingungen dafür nicht günstig. Gestern haben die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten die Prognosen der Bundesregierung für das Wachstum deutlich nach unten korrigiert. Während die Bundesregierung noch immer von 1,6 % Wachstum in diesem Jahr ausgeht, gehen die Erwartungen der Fachleute auf 0,7 % zurück. 0,7 % Wachstum bedeuten den letzten Platz in Europa, einen hinteren Platz weltweit. 0,7 % Wachstum führen dazu, dass die Zahl der Arbeitsplätze nicht steigt, sondern sinkt. 0,7 % Wachstum führen dazu, dass die Steuereinnahmen in diesem Jahr nicht dem entsprechen, was der Haushalt im Plan vorgesehen hat.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Deswegen brauchen wir Wachstumspolitik. Ohne Wachstum unserer Wirtschaft bekommen wir in den nächsten Jahren die Sanierung unserer Haushalte mit Sicherheit nicht in den Griff.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: Ohne Schröder!)

Bei einer ersten Berechnung wird diese Wachstumsprognose von 0,7 % allein in diesem Jahr für Baden-Württemberg Steuermindereinnahmen von über 160 Millionen € verursachen. Wir werden das Ergebnis der Steuerschätzung im Mai abwarten müssen. Möglicherweise werden wir gleich danach über eine restriktive Haushaltsführung entscheiden. Ich schließe eine Haushaltssperre und Teilsperren von För

(Ministerpräsident Oettinger)

derprogrammen im Juni als Möglichkeiten für den Haushaltsvollzug in Baden-Württemberg ausdrücklich nicht aus, sondern schlage sie als Option, als sinnvolle Instrumente vor.

Auf keinen Fall entstehen neue Spielräume. Unser Ziel bleibt, im Haushaltsvollzug 2005 und 2006 weitere Steuerausfälle ohne neue Schulden zu kompensieren.

Mittelfristig werden wir den Standardabbau, den Aufgabenabbau und die Aufgabenkritik fortführen. Nur dann entsteht der Spielraum, um den Stellenabbau bei den Beamten und Behörden im Land möglich zu machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich baue darauf, dass die Politik der nächsten Jahre mit weniger werdenden Schulden auskommt und das Ziel der Nullnettoneuverschuldung nicht aufgegeben, sondern in unserer Generation noch erreicht wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Birzele SPD: Was ist das für ein Zeitraum?)

Der Zeitraum geht etwas über Ihre Generation hinaus, Herr Kollege.

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Dann müssen Sie aber lange leben! Dann gehen Sie von 90 Jahren bei sich aus, oder wie?)

Genauso unerlässlich ist eine Betrachtung und wirksame Reform des Länderfinanzausgleichs. Seit 55 Jahren zahlt Baden-Württemberg ein. Wir haben mehr als 50 Milliarden € an andere Länder gezahlt. Ohne diese Zahlungen wäre Baden-Württemberg heute schuldenfrei. Aber trotz dieses Transfers stehen die Empfängerländer in ihrer Struktur heute nicht besser da.

Wir werden im kommenden Jahr die Auswirkungen des neuen Finanzausgleichs sorgfältig bewerten. Wir wollen alle finanzverfassungsrechtlichen Ansatzpunkte prüfen. Wir werden bei anderen Ländern Partner suchen. Auf dieser Grundlage wird Ende 2006 zu entscheiden sein, ob wir mit einer erneuten Klage nach Karlsruhe gehen. Es kann nicht angehen, dass einige Länder vom Bund mehr Geld verlangen, zum Beispiel Bremen, Saarland, Berlin,

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

und dass Baden-Württemberg mehr denn je zahlt und damit das Leistungsprinzip und die Gerechtigkeit gegenüber den Bürgern weiterhin verletzt werden. Diese Prüfung sage ich Ihnen für das nächste Jahr ausdrücklich zu.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Wer hat denn die Regelung ge- macht?)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch ein offenes Wort zur Vergütung und Altersversorgung von Regierungsmitgliedern im Lande sagen. Was die aktiven Amtsbezüge angeht, werden wir in Baden-Württemberg unserem Ruf der besonderen Sparsamkeit in vorbildhafter Form gerecht: Bei der Höhe der aktiven Bezüge liegen unsere Minister und Staatssekretäre im Vergleich zu den Ministern und Staatsse

kretären in den übrigen Flächenländern in Westdeutschland auf dem letzten, sparsamsten Platz. Und auch bei der Mindestamtszeit, also der Amtszeit, bis ein Ruhegehaltsanspruch entsteht, legt kein Land einen strengeren Maßstab und längeren Zeitraum an als wir. Dennoch sehe ich Reformbedarf. Wir sollten gemeinsam überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, in Zukunft die Ruhegehälter abzusenken und gleichzeitig die Aktivbezüge zu erhöhen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Ich glaube, dass der Bürger in Anbetracht der Gehälter in der freien Wirtschaft bereit wäre, dem Minister, dem Staatssekretär, der 14 Stunden pro Tag arbeitet, in den aktiven Jahren mehr zu geben, wenn als Gegenleistung dafür der Ruhegehaltsanspruch entsprechend abgesenkt wird.

(Abg. Drexler SPD: Das haben Sie doch vor zwei Monaten abgelehnt!)

Herr Kollege Drexler, die Erhöhung der Aktivbezüge haben Sie noch nie vorgeschlagen, weil Sie wissen, dass Sie nie in einer Regierung in Baden-Württemberg sein werden.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Drexler SPD: Sie haben alles abge- lehnt! Sie haben sogar die Anrechnung von Privat- einkünften abgelehnt!)

Bei diesem Thema sollte es aber keinen Streit zwischen den Parteien geben. Deswegen kündige ich an, dass ich dieses Thema in die Ministerpräsidentenkonferenz bringen werde.

(Abg. Drexler SPD: Ach so!)

Ich werde Herrn Steinbrück und seinen Nachfolger, Herrn Beck und seinen Nachfolger, Herrn Wulff und andere ausdrücklich darum bitten, darüber nachzudenken, ob es in Zukunft nicht zumutbar ist, in allen Regierungen im bundesweiten Maßstab einerseits die Vergütung in den aktiven Jahren um 10 bis 20 % zu erhöhen und andererseits den Ruhegehaltsanspruch abzusenken und zeitlich zu verzögern sowie den Ministern mehr Eigenverantwortung zu geben.

(Abg. Drexler SPD: Das kann Baden-Württemberg alleine regeln! Das ist der Föderalismus!)

Das entspricht der Erwartung der Bürger. Machen Sie mit! Überlegen Sie, ob dies auch Ihre Zustimmung finden kann.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Wir können das in Baden-Württemberg sofort machen! Da machen Sie aber nicht mit! Wir sind ein eigen- ständiges Land!)

Die Regierung steht der Privatisierung von Landesbeteiligungen positiv gegenüber. Wer Beteiligungen verkaufen will, muss wissen, dass ein Sparschwein nur einmal geschlachtet werden kann. Deswegen kommen Verkaufsmaßnahmen nur dann in Betracht, wenn dies strukturpolitisch und ordnungspolitisch sinnvoll erscheint und ein nachhaltiger Nutzen für das Land entsteht.

Konkret prüfen wir derzeit, ob wir die Beteiligung des Landes an der Staatsanzeiger für Baden-Württemberg GmbH,

(Ministerpräsident Oettinger)

die Beteiligung an den Schwäbischen Hüttenwerken und andere Beteiligungen verkaufen. Dabei muss klar sein: Der Auftrag muss weiter erfüllt werden. Arbeitsplätze im Land sind ein hohes Gebot.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Die Landesregierung treibt nicht nur den Verkauf von Beteiligungen voran, wir streben auch Privatisierungskonzepte in der Verwaltung an. PPP ist kein Fremdwort bei uns.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)