Zurzeit arbeiten wir an einer Novelle zum Landesnaturschutzgesetz. Wir wollen ein modernes, effektives und bürgerfreundliches Naturschutzgesetz schaffen. Auch hier gilt: Wir setzen um, was umgesetzt werden muss. Wir wollen unser hohes Schutzniveau nicht senken. Aber eine zusätzliche Verschärfung über die Vorgaben von Brüssel und Berlin hinaus kann nicht die Politik der nächsten Jahre in Baden-Württemberg sein.
Wir wollen auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen ein Biosphärenreservat, ein Biosphärengebiet in Baden-Württemberg entstehen lassen. Solche Gebiete sind keine Landschaftsmuseen. Ihr Grundgedanke heißt: Schutz der Kulturlandschaft durch schonende Nutzung. Neben dem
Erhalt der Natur haben Biosphärengebiete die Aufgabe, den Tourismus und die Umweltbildung anzuregen und die regionale Wirtschaft zu fördern. Dies wollen wir in Münsingen für die Region der Alb in den nächsten Jahren ausdrücklich tun.
Natur ist ein wertvolles Kapital für den Tourismus, der immerhin 8 % des Bruttoinlandsprodukts von Baden-Württemberg erwirtschaftet. Tourismus, Hotel- und Gastronomiegewerbe machen 8 % unserer Wirtschaft aus. Wir werden den Tourismus auch in Zukunft stärken, indem wir neue Zielgruppen erschließen. Ich denke an junge Leute, die von einem Urlaub nicht nur Erholung, sondern auch Sport, Spaß und Action erwarten.
Wir schlagen vor, aus den regulären Tourismusinvestitionsmitteln in Höhe von 5 Millionen € innovative Angebote des „jungen Tourismus“ für unsere Kinder zu entwickeln, damit sie nicht unbedingt eine Flugreise in den Süden unternehmen müssen, sondern auch in Baden-Württemberg einen Action-, Fun- und Erlebnisurlaub verbringen können.
Meine Damen und Herren, 2006 ist unsere Landeshauptstadt und ist Baden-Württemberg Gastgeber des größten Sportereignisses des Jahres: der Fußballweltmeisterschaft. Unser Land wird sich bei diesem Anlass nicht nur als perfekter Ausrichter, sondern auch als hochkarätige Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturregion präsentieren. Zusammen mit der Stadt Stuttgart, mit Vertretern des Sports, mit anderen Städten und mit Vertretern der Wirtschaft wird die Regierung eine Steuerungsgruppe bilden, die dieses Großereignis koordiniert und dafür sorgt, dass sich Stuttgart und Baden-Württemberg den Gästen aus der ganzen Welt, die im nächsten Jahr hier sind oder die uns über die Fernsehbilder sehen, als Erlebnisland, Wirtschaftsland und Tourismusland und als gastfreundliches Land bestens präsentieren können. Dies ist eine einmalige Chance für Stuttgart und Baden-Württemberg.
Meine Damen und Herren, zu den drängenden Fragen im Umweltbereich gehört die Feinstaubproblematik, die aktuell in der Diskussion steht. Wir nehmen das Thema sehr ernst. Ich halte nichts davon, eine Debatte über die Höhe des von der EU festgesetzten Grenzwerts zu führen.
(Beifall des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist ein Fortschritt! – Zuruf der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD)
Wer in Brüssel das Rad zurückdrehen will, handelt, glaube ich, ohne große Chancen, und er handelt nicht vor Ort.
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das hat Erwin Teufel anders gemacht! Dies wird nicht unsere Politik sein. Stattdessen wollen wir eine konsequente Reduktionsstrategie entwickeln. Es geht darum, den Feinstaubanteil in der Luft mittelfristig und dau- erhaft zu verringern. Unser Ministerium für Umwelt erar- beitet zurzeit ein entsprechendes Maßnahmenpaket. Die Vorarbeiten sind weitgehend abgeschlossen. In den nächs- ten Wochen werden wir entscheiden, mit welchen Maßnah- men wir rasch und wirksam eine Minderung bei den Fein- staubwerten erzielen können: im Verkehr, in den Haushal- ten und auch in der Industrie. Dabei werden wir neben verkehrslenkenden Maßnahmen auch Verbesserungen bei der Fahrzeugflotte, Angebotsaus- weitungen im ÖPNV, eine Verbesserung der Straßenreini- gung sowie Maßnahmen zur Nachrüstung prüfen. Auch in Industrie und Gewerbe kann emissionsbegrenzende Tech- nik eingesetzt werden. Technologie statt Verbote, (Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)
nicht Ideologie, sondern moderne Methoden, die technisch möglich sind, wird die Politik in Baden-Württemberg zugunsten der Gesundheit unserer Menschen verfolgen.
Meine Damen und Herren, auch in einem weiteren Punkt bleibt die Politik in Baden-Württemberg klar: In der Frage der Fluglärmbelastung durch den Flughafen Zürich-Kloten halten wir an unserer bisherigen Position fest. Wir wollen eine faire und gleichmäßige Verteilung der Fluglärmbelastung auf die gesamte Umgebung des Flughafens und nicht eine überproportionale Belastung des Südens von BadenWürttemberg.
Meine Damen und Herren, unser Land ist geprägt von einer besonders abwechslungsreichen Kulturlandschaft. Diese Vielfalt von Feldern, Wiesen und Wäldern unterscheidet uns von vielen anderen Regionen europaweit. Das ist ein Standortvorteil für unser Land. Es ist besonders wichtig, dass sich die Menschen bei uns wohl fühlen, dass sie in der Kulturlandschaft einen Ausgleich finden, dass sie unsere heimischen Spezialitäten genießen können. Kultur und Kulinarisches bleiben eine Stärke Baden-Württembergs.
Die Regierung bekennt sich zu unserer bäuerlichen, umweltgerechten Landwirtschaft, zu einer flächendeckenden und standortangepassten Landwirtschaft mit entwicklungsfähigen Familienbetrieben. Wir sagen Ja zu einer wettbewerbsfähigen Land- und Forstwirtschaft. Wir sagen Ja zur heimischen Produktion von Lebensmitteln, Ja zu Holz aus unseren Wäldern, Ja zur Pflege und Offenhaltung unserer Kulturlandschaft.
Unsere Landwirte und Forstwirte, Gärtner, Weingärtner und Winzer bewirtschaften unser Land besser und günstiger, als ein staatlich bestellter Landschaftspfleger das könnte. Durch unsere Familienbetriebe haben wir im Grunde genommen wenig Staat und viel Markt.
Aber sie stehen europaweit in einem harten Wettbewerb. Die Agrarreform bringt neue Herausforderungen. Brüssel und Berlin regieren immer stärker in die Höfe hinein. Wir dürfen es nicht zulassen, dass bei uns Felder brachliegen,
Wiesen zuwachsen. Wir wollen auch in Zukunft, dass jeder Ackerboden, jede Wiese und jeder Wald in Baden-Württemberg durch Familienbetriebe bewirtschaftet werden. Dies wird auch die Grundvoraussetzung für die Steuerung unserer Programme für die zweite Einkommenssäule sein.
Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg ist ein starkes Land. Wir kennen die Grundlagen unseres Erfolgs. Sie heißen Arbeit, Fleiß, Ideenreichtum und Selbstständigkeit. Sie gelten im Ballungsraum genauso wie auf dem Land, in Baden genauso wie in Württemberg, in der Industrie und Hochtechnologie genauso wie im Handwerk, in der Dienstleistung und in der Landwirtschaft.
Unsere ländlichen Räume sind ein starkes Stück BadenWürttembergs. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Deswegen fördert die Regierung gemeinsam mit den Kommunen das Wohnen und Arbeiten im ländlichen Raum. Die neue Regierung weiß sich den Menschen im ländlichen Raum genauso verpflichtet wie den Bürgern in den Städten und Ballungsräumen Baden-Württembergs. Wir lassen keine Region des Landes im Stich.
Und dies gilt aktuell auch für die Gemeinden im Land, aus denen sich die Bundeswehr zurückziehen muss. Hier ist der Bund in der Pflicht. Aber das Land soll einen Beitrag dazu leisten, dass Konversion auch in Baden-Württemberg in jeder Standortgemeinde Zukunft ermöglicht.
In den großen Städten, Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Freiburg und anderen, gibt es eine Vielfalt von Milieus und Lebensgefühlen. Diese Verschiedenheit ist nicht frei von Konflikten, aber sie stellt auch eine Bereicherung dar. Wir plädieren für ein Miteinander von Jung und Alt, von Ausländisch und Deutsch. Auch die Ballungsräume werden in der Regierung in den nächsten Jahren einen fairen Partner sehen.
Schließlich brauchen wir in den Städten eine spezielle Sicherheitsarchitektur. Wir wollen noch stärker Prävention: Kommune, Polizei, die Einrichtungen vor Ort. Wir wollen, dass auch die Großstadt ein sicherer Ort für Bürger, für Jung und Alt in den nächsten Jahren bleibt.
Besondere Beachtung verdienen das Thema „Wohnen im Alter“ und der Pflegeheimbau. Wir werden den Bau von Pflegeheimen noch so lange unterstützen, wie es Nachholbedarf gibt, steigen aber mittelfristig aus der Förderung aus, weil der Markt die entsprechenden Angebote genauso anbieten wird.
Meine Damen und Herren, nach mehr als 50 Jahren steht fest: Baden-Württemberg ist ein Musterbeispiel für eine gelungene Länderneugliederung. Wie in jeder guten Ehe gibt es auch da Spannungen: zwischen Baden und Württemberg,
zwischen Nord und Süd. Aber die Gesamtbilanz ist eindeutig positiv. Wir setzen auf eine ausgewogene Entwicklung aller Landesteile, was ich am Beispiel von Investitionen, bei der Landesplanung angefangen, begründen kann.
In Karlsruhe und Mannheim investieren wir jeweils rund 35 Millionen € in große Bauprojekte. Wir fördern Mannheim beim Stadtjubiläum im Jahr 2007 und sanieren die Stadt mit. Ich will mich für Karlsruhe dafür einsetzen, dass die Erweiterung des Generallandesarchivs und der Ausbau der Musikhochschule noch in den nächsten beiden Jahren geplant und begonnen werden können.
In Freiburg wenden wir 31 Millionen € für Baumaßnahmen auf. Den Schwerpunkt bildet die Universität. Auch in Stuttgart steht der Bereich der Universität im Mittelpunkt. In Stuttgart werden 30 Millionen € investiert. In Ulm wird der Neubau der Chirurgie mit knapp 30 Millionen € unser Schwerpunkt sein.
All dies zeigt, dass die Städte in Eigenverantwortung sind. Aber dort, wo es um große Maßnahmen und Landeseinrichtungen geht, wird das Land seinen Aufgaben trotz knapper Kassen in den nächsten Jahren gerecht.
Zu einer ausgewogenen Entwicklung gehört auch eine Vernetzung über die Grenzen hinweg. Entlang der Rheinschiene werden wir die Europäische Metropolregion Oberrhein in Stufen entwickeln, zunächst Mannheim. Aber auch Karlsruhe und Freiburg, der Raum bis nach Basel gehören angebunden. Ich sehe in der Metropolregion, der zweiten in Baden-Württemberg, eine Chance für das Land. Aber Karlsruhe und Freiburg gehören hinzu. Auf Dauer darf nicht Mannheim allein in der zweiten Region sein.
Das Bild unseres Landes in der Öffentlichkeit wird nicht nur von Erfolgen der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Bildung geprägt, sondern Millionen von Bürgerinnen und Bürgern sind es, die unentgeltlich für das Gemeinwesen und ihre Mitmenschen stehen. Diesen aktiven Mitbürgern gilt unser Dank. Wir wollen noch mehr aktive Bürgergesellschaft als Leitbild für Baden-Württemberg erreichen. Baden-Württemberg muss weiter eine aktive Bürgergesellschaft mit viel Ehrenamt sein.
(Abg. Capezzuto SPD: 50 % Sportförderung dafür gekürzt! – Oh-Rufe von der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Seimetz CDU: Capezzuto ist noch da! – Abg. Capezzuto SPD: Auch ein Dank! Das ist der Dank!)