Ich kann auch die Ostverträge nicht einfach umdrehen. Das heißt, das hat schon eine gewisse Bedeutung, die man nicht verkennen darf. Man kann aber – der Herr Ministerpräsident hat es heute Morgen gesagt – die Laufzeiten verlängern und sich überlegen, ob es sinnvoll ist, Volksvermögen in Milliardenhöhe zu vergeuden.
Ob die Dinge, die technisch und wirtschaftlich absolut in Ordnung sind, noch einige Jahre länger laufen, diese Frage ist berechtigt und kann von einer neuen Regierung gestellt werden.
Es gibt ein Szenario, das besagt: Wenn man das nur geringfügig verlängert, sodass man zum Beispiel statt gegenwärtig 60 % nur noch 15 % Kernkraft hat, wird man statt 123 Milliarden € nur noch 85 Milliarden €, also fast 40 Milliarden € weniger, Kosten haben.
Nun weiß ich, dass manche in der Diskussion sagen: Deutschland muss als Industrienation – Kosten hin oder her – Vorbild sein. Dazu sage ich: Bringen Sie uns erst einmal vom letzten Platz in der EU weg, bevor Sie von uns verlangen, dass wir bei den Kosten Vorbildcharakter haben!
Wir werden bis zum Jahr 2020 – nicht nur wegen der Kernkraft – 5 500 Megawatt ersetzen müssen und bis zum Jahr 2030 7 500 Megawatt.
Wir haben keine Küstennähe und keine Kohlenreviernähe. Wir haben hohe Transportkosten. Wir haben den Wasserpfennig, von dem ich heute Morgen gehört habe, dass man ihn auch infrage stellen kann.
Das finde ich sehr gut. Wir haben auch bei der Gasversorgung keine optimale Position. Die Gaswerke werden dort erstellt, wo die internationalen Leitungen münden. Wir dürfen uns keiner Illusion hingeben. Sie von der SPD bauen kein eigenes Kraftwerk, wir bauen keines, und auch der Landtag baut keines, sondern die Wirtschaft, die im internationalen Wettbewerb steht, baut es. Wenn wir überhaupt eine Konzeption brauchen – ich sage Ihnen am Schluss noch, welche unsere ist –, dann brauchen wir innerhalb von Deutschland, innerhalb der Bundesrepublik, ein einheitliches und geschlossenes Konzept. Nur auf Abschalten und neue Energien zu setzen und nicht zu sagen, wie man die jetzigen Energiequellen ersetzt, ist eben kein reales Konzept. Da haben Sie eine Bringschuld.
Jetzt noch ein letzter Punkt, auf den ich hinweisen möchte: Hier werden ja Räuberpistolen erzählt. Da wird der staunenden Bevölkerung klargemacht, die EnBW habe nur die
Großen im Sinn und die armen Stadtwerke würden außen vor gelassen. Mein Freund Richard Drautz und ich waren zusammen am Stand der EnBW, an dem der Bundeskanzler zusammen mit Herrn Putin gegen den Fußball getreten hat – übrigens: wir haben jeder drei Tore geschossen und dürfen jetzt zum Fußballspiel –, und an diesem Stand war Rheinfelden abgebildet. Dort wurden wir darauf hingewiesen, dass gegenwärtig 90 Stadtwerke mit der EnBW in engen Verhandlungen über kooperative Lösungen stehen. Allein an diesem Tag waren 40 Stadtwerke aus Baden-Württemberg und über Baden-Württemberg hinaus dort und haben über Beteiligungsmöglichkeiten gesprochen, und Sie tun so, als würden die nur an sich denken und würden so etwas nicht machen. Registrieren Sie auch hier die Realität! Denn sie wird Sie – egal, ob Sie das wollen – irgendwo einholen.
Ich wage eine Prognose: Der Tag ist nicht weit, an dem keinen Menschen mehr interessieren wird, was Sie oder wir gesagt haben. Nachher interessiert nur noch das Kostenargument, wie wir es übrigens auch bei der Abfallwirtschaft erlebt haben. Ich erinnere daran, dass Sie alle gegen Müllverbrennung argumentiert haben. Heute macht das keiner mehr; heute ist das üblich, heute nennt man das thermische Abfallbehandlung. Wir werden Kostenprobleme bekommen, und dann können Sie nur darauf hoffen, dass man sich an Sie nicht mehr erinnert.
Letzte Bemerkung noch: Ich habe neulich gelesen, Sie neigten zu einer Regierungsbeteiligung. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie sogar Ihren Atomausstieg über Bord werfen würden, wenn Sie nur mitregieren könnten.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ich bin von einigen hier missverstanden worden.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist Absicht! – Minister Hauk: Ihre ganze Politik ist missverständ- lich! – Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)
Ich habe mich nicht dafür ausgesprochen, nur Kleinkraftwerke zu bauen, um Großkraftwerke zu ersetzen, sondern habe vielmehr erklärt, es komme auf einen intelligenten Mix an. Ich denke, wir haben auf diese Weise auch die Chance, wirklich zu Innovationen zu kommen, indem wir kleine Kraftwerke marktfähig machen, aber auch große Kraftwerke bauen.
Der erste Vorschlag lautete: Lasst doch einfach die Atomkraftwerke länger laufen, und dann können wir in die erneuerbaren Energien etwas später einsteigen.
Wir müssen sehen: Die Atomkraftwerke sind abgeschrieben, und gegen abgeschriebene Kraftwerke zu konkurrieren ist schwierig. Wenn die erneuerbaren Energien also am Markt groß werden sollen, wofür Sie, Herr Zimmermann, ja eintreten, zum Beispiel, wenn es sich um Geothermiekraftwerke handelt,
(Abg. Zimmermann CDU: Unterstützen Sie das! Wir haben noch nicht eine positive Stimme von Ih- nen gehört!)
und diese gegen abgeschriebene Atomkraftwerke konkurrieren müssen, dann werden alle Investoren die Finger zurückziehen und sagen: Das schaffen wir nicht.
Wenn uns das Wirtschaftswachstum fehlt, dann ist gerade eine Innovationsbremse schädlich. Wir sehen dagegen im anstehenden Umbau des Kraftwerkparks Chancen, auch Chancen für Investitionen in neue Kraftwerke, und solche Investitionen brauchen wir ja derzeit.
(Beifall bei den Grünen – Zurufe von der CDU, u. a. des Abg. Zimmermann – Unruhe – Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE: Die verstehen das nicht!)
Wenn Sie jetzt einmal ruhig werden, Herr Scheuermann, dann sollten wir jetzt einmal über CO2 reden. Es ist unbestritten richtig: Wenn wir Atomkraftwerke abschalten
und durch Kraftwerke für fossile Energieträger ersetzen, wird vorübergehend mehr CO2 emittiert. Aber die Frage ist: Wie wird es auf Dauer sein? Kriegen wir das Klimaproblem in den Griff?