Protocol of the Session on March 17, 2005

Über Abschnitt II lasse ich abstimmen. Wer Abschnitt II zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –

(Abg. Blenke CDU: Herr Wintruff stimmt seinem eigenen Antrag nicht zu!)

Danke. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Abschnitt II des Antrags ist mehrheitlich abgelehnt.

Damit ist Punkt 2 der Tagesordnung abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Württemberg – Drucksache 13/4040

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Umsetzung des Investitionsprogramms „Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB) in Baden-Württemberg – Drucksache 13/3420

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b fünf Minuten, für die Aussprache zehn Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. Zeller.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Immer mehr Schulen wollen Ganztagsschulen werden, sich zu Ganztagsschulen weiterentwickeln, und immer mehr Kommunen erkennen den Vorteil einer Ganztagsschule. Dafür gibt es gute Gründe.

Die internationale PISA-Studie hat uns gezeigt, dass wir im Leistungsbereich gerade noch im Mittelfeld liegen und Lernchancen sehr stark von der sozialen Herkunft des Kindes abhängen. Dies hat mehrere Ursachen. Unsere traditionelle Halbtagsschule bietet weniger Handlungsmöglichkeiten und weniger Lernmöglichkeiten. Um unseren Kindern aber bessere Chancen zu geben, brauchen wir Ganztagsschulen, wobei es nicht um die Fortsetzung der Halbtagsfachschule über den ganzen Tag hinweg geht.

Alle Kinder – leistungsstärkere und leistungsschwächere – finden in der Ganztagsschule bessere Lernbedingungen. Es geht nicht nur um die Vermittlung von Basiswissen oder Kulturtechniken, sondern auch um das soziale Lernen, das immer wichtiger wird. Kreativität, Kommunikationsfähigkeit, interkulturelles Lernen sowie Konfliktfähigkeit sind Grundlagen für ein erfolgreiches Bestehen in einer demokratischen Gesellschaft und in der Arbeitswelt. Dies alles gelingt in einer Ganztagsschule besser.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Woher wissen Sie das?)

Frau Fauser, das wissen wir aus vielen wissenschaftlichen Untersuchungen und Gutachten. Ich empfehle Ihnen, diese einmal nachzulesen.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Klar ist, dass sich an einer Ganztagsschule eine andere Lehr- und Lernkultur entwickelt.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Es wird leichter, auf die Interessen und Begabungen einzelner Kinder einzugehen und sie in ihrer Selbstständigkeit sowie in ihrer Freude am Lernen und an der Leistung zu fördern.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, auch die Kommunen als Schulträger unterstützen den Ausbau von Ganztagsschulen. Die Kommunen wissen, wie mir erst kürzlich bei einem Besuch beim Oberbürgermeister der Stadt Ravensburg berichtet wurde, dass sich Ganztagsschulen viel eher und leichter zu offenen Stadtteilschulen entwickeln, was für unsere gesellschaftliche Entwicklung ausgesprochen wichtig ist.

Die Kommunen wissen, dass Ganztagsschulen inzwischen ein Standortvorteil sind. Auch wenn es manchen von Ihnen heute etwas merkwürdig erscheinen mag: Fachkräfte zu gewinnen gelingt eher, wenn Ganztagsschulen am Ort sind. Denn Ganztagsschulen bieten die Möglichkeit – und es geht vor allem auch um Frauen –, Beruf und Familie in Einklang zu bringen.

Damit Sie dies noch einmal klar nachvollziehen können, will ich Ihnen aus einer gestrigen Pressemitteilung des Gemeindetags zitieren. Gestern hat der Gemeindetag an die Landesregierung appelliert, für die wachsende Zahl von Ganztagsschulen Personal bereitzustellen. In der Pressemitteilung heißt es wörtlich:

Die Veränderung von Familienstrukturen und Arbeitswelt, aber auch die Situation an unseren Schulen erfordern immer mehr Ganztagsangebote.

Das sagte der Verbandspräsident Otwin Brucker am Mittwoch in Stuttgart.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Da hat er Recht!)

Er sagte ausdrücklich noch, wenn das Land Personal bereitstelle, seien Kommunen bereit, über das Bundesprogramm hinaus Ganztagsschulen bedarfsgerecht und schrittweise einzurichten.

Meine Damen und Herren, dies sagen der Gemeindetag und der Städtetag. Da sollten Sie wenigstens kapieren, worum es hier geht.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Zimmer- mann CDU)

Wirtschaft, Kommunen, Eltern, aber auch Kirchen, Sportverbände und Musikschulen unterstützen Ganztagsschulen. Es gibt einen breiten Konsens. Leider sind Sie von den Regierungsfraktionen und von der Landesregierung noch der letzte Bremsklotz für diese Bildungsreform.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Und Frau Schavan!)

Da hilft es auch nicht, wenn Sie ständig betonen, BadenWürttemberg habe inzwischen über 500 Ganztagsschulen. Sie zählen hierzu nicht nur Sonderschulen,

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

die schon immer Ganztagsschulen waren,

(Abg. Wacker CDU: Aber das ist legitim!)

sondern auch Privatschulen, Herr Wacker, werden dazugerechnet.

(Abg. Wacker CDU: Auch das ist legitim! – Abg. Alfred Haas CDU: Privatschulgegner Zeller!)

Noch etwas: In Ihrer Statistik kommen Schulen auch noch doppelt vor. Dennoch sind laut Ihrer eigenen Liste vom 1. September 2004 von 2 500 Grundschulen im Land gerade einmal 17 Ganztagsschulen.

(Abg. Wacker CDU: Was?)

17 Ganztagsschulen von 2 500 Grundschulen, das ist Ihre Bilanz.

(Zurufe der Abg. Scheuermann und Alfred Haas CDU)

Übrigens gibt es in Südbaden überhaupt keine Ganztagsschule im Grundschulbereich.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Im Grundschulbereich gibt es in Südbaden keine einzige Ganztagsschule. Das sage ich Ihnen. Allzu viele Möglichkeiten haben diese Kinder nicht, irgendeine Ganztagsschule zu besuchen.

Bei den Realschulen sieht es ähnlich aus.

Interessant ist, dass Sie sich jetzt vor allem mit den IZBBSchulen schmücken, die Ihre Statistik – Gott sei Dank! –

deutlich verbessern. Das ist jenes Bundesprogramm, das Sie lange Zeit bekämpft haben. Schulträger und Schulen haben die Chance dieser Bildungsreform erkannt, meine Damen und Herren, sodass inzwischen alle für Baden-Württemberg vorgesehenen Bundesmittel dieses Programms in Höhe von 528 Millionen € verbraucht sind. Obwohl Sie am Anfang so getan haben, als ob dieses Programm nicht infrage komme, und es bekämpft haben, sind die Mittel inzwischen verbraucht. Das heißt, die Kommunen und Schulen haben erkannt, wie wichtig diese Schulentwicklung für Baden-Württemberg ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich behaupte, Ganztagsschulen wären in Baden-Württemberg für Sie kein Thema gewesen, wenn es das Investitionsprogramm der Bundesregierung nicht gegeben hätte.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist völlig falsch! – Zuruf der Abg. Dr. Carmina Brenner CDU)

Das IZBB war doch für Sie ein Nachhilfeprogramm gegen verkrustete und konservative Bildungspolitik.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)