Protocol of the Session on March 17, 2005

(Oh-Rufe von der SPD – Unruhe)

Es ist so. Und dann haben Ihre Genossen gesagt, das sei eine Zumutung für die Landeshaushalte,

(Abg. Wintruff SPD: Nein, nein!)

und haben diese Vereinbarung nicht unterschrieben. Das ist Tatsache. Außer Sachsen gibt es noch ein einziges Bundesland mit 13 Wochenstunden – das sind wir, und das wird bei uns so bleiben.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Dann müssen Sie das erst einmal erreichen! – Abg. Wintruff SPD: Die 13 Stunden müssen Sie erst einmal bringen!)

Wir sagen nicht nur, wie hoch das Soll ist. Nach einer Statistik der Kultusministerkonferenz oder des Statistischen Bundesamts – also jedenfalls keine Statistik der CDU-Bundesgeschäftsstelle und auch keine des Kultusministeriums – liegt die Zahl der tatsächlich erteilten Stunden im letzten festgehaltenen Schuljahr in Baden-Württemberg bei 12,5 Stunden, in Nordrhein-Westfalen bei 10,8 Stunden

(Zuruf von der CDU: Aha!)

und im viel gepriesenen Rheinland-Pfalz bei 10,4 Stunden.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Arme Leute! – Zuruf des Abg. Kiefl CDU)

Jetzt könnte man ja sagen: „12,5 sind noch nicht genug.“ Im Leben ist das Bessere der Feind des Guten; das ist wahr. Aber jetzt erkennen Sie doch einmal an, dass diese Kraftanstrengung in den letzten Jahren nirgends so gut gelungen ist wie bei uns. Trotz der Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt und trotz des Rückgangs im Teilzeitbereich und eines kontinuierlichen Zuwachses im Bereich der beruflichen Vollzeitschulen haben wir eine solide und seriöse Unterrichtsversorgung. Wir haben Mangel im Überfluss, aber doch keine katastrophale Situation.

(Beifall bei der CDU – Abg. Zeller SPD: Wann waren Sie zuletzt an einer beruflichen Schule?)

Ich? Letzte Woche. Am Montag in Spaichingen, die Woche davor in Pforzheim und wenige Wochen davor in Biberach. Hören Sie doch auf!

(Abg. Zeller SPD: Das ist doch unglaublich! – Abg. Dr. Caroli SPD: „Mangel im Überfluss“! – Abg. Zeller SPD: Wir hätten Überfluss! Das gibt’s doch gar nicht!)

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

Wir haben eine seriöse Situation, die davon geprägt ist, dass es in bestimmten Fachbereichen – übrigens auch in den nächsten Jahren noch – immer schwieriger wird, Fachkräfte zu bekommen. Das Thema Religionsunterricht ist angesprochen worden. Wenn Sie jetzt den hohen Anteil des Religionsunterrichts an den Fehlstunden nehmen, dann wissen Sie auch, dass der Fehlbedarf in den anderen Bereichen Gott sei Dank Stück um Stück heruntergefahren werden konnte.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir sind ein Land ohne Probleme und können die Sitzung schließen! – Abg. Wintruff SPD: Sie können die Probleme doch nicht wegreden!)

Bitte schön, Herr Kretschmann.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das war nur ein Zwi- schenruf!)

Wir sind ein Land, das in der jeweiligen Situation Lösungen für seine Probleme findet. Das unterscheidet uns von anderen. Und das gilt besonders für die berufliche Bildung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Behringer CDU – Abg. Kretschmann GRÜ- NE: Aber Sie haben doch bestritten, dass Sie über- haupt Probleme haben!)

Ich habe es hier bereits vorgetragen, aber ich kann es jetzt noch einmal tun. Es gibt eine Studie der Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“, die 105 Indikatoren angelegt hat – dazu gehört übrigens auch die gesamte Versorgungsfrage. Unter den 16 Ländern ist das Land Baden-Württemberg mit weitem Abstand und quer durch diese 105 Indikatoren Spitzenreiter. Und natürlich – wie sollte es auch anders sein – liegen am Ende auf Platz 16 Berlin, Platz 15 Bremen, Platz 14 Mecklenburg-Vorpommern, Platz 13 NordrheinWestfalen, Platz 11 Brandenburg, Platz 9 Rheinland-Pfalz.

(Abg. Kiefl CDU: So ist es! Alles Sozis! – Abg. Teßmer SPD: Und? – Abg. Blenke CDU: Der Win- truff ist sprachlos! – Abg. Wintruff SPD: Wer hat die Expertise denn bezahlt?)

Liebe Freunde von der Opposition, wenn Sie dort, wo Sie an der Regierung sind, auch nur annähernd an uns herankämen, würden Sie alle Glocken läuten lassen.

(Abg. Wintruff SPD: Ich bin aber Baden-Württem- berger! – Abg. Fischer SPD: Uns geht es in allem so gut! Also muss es uns auch da besser gehen!)

Meine Damen und Herren, es geht nicht nur um Unterrichtsversorgung, sondern auch darum, wie es sich mit der Lehrer-Schüler-Relation verhält. Wie viel setzen wir wirklich ein, vor allem zur Förderung schwacher Schüler?

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Genau, exakt!)

Wie viel setzen wir auch zur Begabtenförderung im Bereich der beruflichen Bildung ein?

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Denn beides gehört in das Spektrum der beruflichen Bildung.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Deshalb gilt auch in diesem Bereich: Wir haben die beste Relation Lehrer auf Schüler, wir haben 15 Lehrerstunden pro Gruppe, wir haben ein Verhältnis von 20 : 1 – auch dies ist ein Spitzenwert. Schließlich wird das alles in Berlin anerkannt, denn sonst wäre Baden-Württemberg nicht einer der Hauptgesprächspartner des Bundesbildungsministeriums bei der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes gewesen.

Wir haben wichtige Schritte erreicht und sind mitten in den Verhandlungen mit den Kammern zur Optimierung der Verbindung zwischen Teilzeit- und Vollzeitbereich, zur Optimierung der Ausbildungszeiten für die Jugendlichen in ihrer Bildungsbiografie. Es kann nicht sein, dass jemand, der zehn Jahre zur Schule gegangen ist, der nach dem Realschulabschluss ein zweijähriges kaufmännisches Berufskolleg besucht hat und gut abgeschlossen hat, dann, wenn er anschließend eine Lehrstelle bekommt, noch einmal von vorne beginnt. Wir brauchen die Optimierung der Ausbildungszeiten,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

und dazu gehört, dass das, was im Berufskolleg gemacht wurde, bei Antritt einer Lehrstelle anerkannt wird.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wintruff SPD: Wir werden uns wieder sprechen, ob Sie hart bleiben!)

Schließlich noch ein Blick auf das Thema Budgetierung. Die Personalbudgetierung wird kommen. Ich halte das für einen richtigen Weg, weil es in unseren beruflichen Schulen längst nicht mehr nur um klassische Lehrerstellen geht. Es wird angesichts neuer Berufsbilder zunehmend darum gehen, rasch Fachleute für den fachtheoretischen Unterricht zu bekommen. Wir brauchen das Personalbudget. Die Schulen, die am Projekt STEBS beteiligt sind, machen ihre Erfahrungen damit. Ich wünsche mir, dass wir in den nächsten Jahren generell eine besondere Selbstständigkeit der beruflichen Schulzentren erreichen.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Wer im Übrigen nur einmal in den letzten zwei, drei Jahren übers Land gefahren ist und gesehen hat, was an neuen beruflichen Schulzentren entstanden ist, was da an Fachkompetenz, an Ausstattung vorhanden ist – wir haben es gerade in den letzten Wochen bei der Eröffnung mehrerer dieser Zentren gesehen –, der weiß, wir haben in allen Landkreisen mit den beruflichen Schulzentren wirkliche Kompetenzzentren, eine gute Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Bildung, zwischen Unternehmen und Schulen, große Bemühungen der Unternehmen, aber auch eine kompetente und überzeugende Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer, ein hohes Engagement der Schulträger und Innovationen in der Entwicklung der beruflichen Schulen selbst. Weil das so ist, deshalb hat Baden-Württemberg die europaweit niedrigste Jugendarbeitslosigkeit. Das ist unser Anspruch, darauf arbeiten wir weiter hin, und wir wollen weitere Verbesserungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Niemand darf zum Modernisierungsverlierer werden, keiner soll seine Talente verstecken müssen.

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

(Abg. Wintruff SPD: Die BVJler sind alle Verlie- rer! Auf 17 000 angewachsen!)

Das BVJ ist eine ganz wichtige Station, um Jugendliche im zweiten und dritten Anlauf zum Ziel kommen zu lassen, und das ist wichtig.

(Abg. Wintruff SPD: Die lassen Sie im Stich! 80 % bleiben auf der Strecke!)

Wenn sie nicht zum Ziel kämen, hätten wir nicht die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Das muss das gemeinsame Ziel dieses Hauses bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Kein Jugendlicher darf den Eindruck haben, nicht gebraucht zu werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Wintruff SPD: Das müsste so sein!)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Erledigung des Antrags Drucksache 13/3802. Abschnitt I ist ein Berichtsantrag. Er ist durch die Aussprache erledigt. – Es ist so beschlossen.

Über Abschnitt II lasse ich abstimmen. Wer Abschnitt II zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –