Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Institutionen, die auf Landesebene die Wirtschaftsförderung betreiben – das sind die L-Bank, die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft, die Bürgschaftsbank, das Wirtschaftsministerium –, erfüllen ihre spezifischen Aufgaben bei der Beratung, bei der Finanzierung, bei der Existenzgründung und der Existenzfestigung. Die Auslandsmarkterschließung liegt in den Händen von Baden-Württemberg International. Dann haben wir BIOPRO, die ganz spezifische Beratungsfunktionen im Bereich der Biotechnologie erfüllt, die Medien- und Filmgesellschaft im Bereich der Medien- und Informationstechnik, und dann haben wir noch die Steinbeis-Stiftung im Bereich Technik und Technologie.
Alle diese Einrichtungen betreiben nicht nur die Abwicklung von Förderprogrammen, sondern sie bieten eine umfassende Beratung an, ein Angebot, das man nicht einfach, wie es der Rechnungshof vorschlägt, konzentrieren und mit anderen zusammenlegen kann. Denn entweder will man einzelne Experten zu Spezialproblemen haben, oder man will eine oberflächliche Beratung, die dabei hilft, wie man zum Beispiel einen Förderantrag richtig ausfüllt.
Aber genau diese fachspezifische Beratung, zum Beispiel die technische Beratung, kann die L-Bank nicht übernehmen, wobei die Finanzierungsberatung und die ganze Abwicklung der Förderprogramme bei der L-Bank gut aufgehoben sind. Aber für die überbetriebliche Wirtschaftsförderung und die fachspezifische Beratung eignet sie sich meiner Meinung nach eher nicht.
Man beißt sich nun am Landwirtschaftsministerium fest, das die Opposition gern auflösen möchte. Auch der Herr Wirtschaftsminister hätte nichts dagegen, sich von seinem Kollegen einen großen Brocken zu holen, nachdem er die Zuständigkeit für den Wohnungsbau an das Innenministerium abgegeben hat. Das Ziel dieser Begehrlichkeiten ist das ELR, also das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Nun ist dieses Programm in Teilen sicher ein Wirtschaftsförderprogramm, da es zum Beispiel die Handwerksbetriebe bei der Umstrukturierung unterstützt. Aber auch dabei ist ein Förderkriterium entweder die Entflechtung in kleineren
Orten oder auch der Erhalt der dörflichen Infrastruktur, zum Beispiel wenn es darum geht, bestimmte Angebote im handwerklichen Bereich, gerade auch bei der Versorgung mit Lebensmitteln, in kleinen Orten zu halten.
Wichtige Teile des ELR dienen der Struktur der Ortschaften, und zwar im gesellschaftlichen und im ehrenamtlichen Bereich. Sie dienen der Gestaltung der Ortsmittelpunkte und der Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden in Wohnraum. Deshalb ist das ELR ein Strukturprogramm und kein reines Wirtschaftsförderprogramm, und deshalb bleibt es aus verschiedenen Gründen beim Landwirtschaftsministerium. Den SPD-Antrag werden wir ablehnen.
Die Koordination der verschiedenen Angebote des Landes übernimmt der noch recht neue „W-Punkt“ im umstrukturierten Landesgewerbeamt.
Wo muss ich hin? Wo gibt es dies oder das? Wo sitzt einer, der mich versteht? Und wenn Sie die Leute fragen, dann wissen sie auch noch, wo es die besten Linsen mit Spätzle in Stuttgart gibt. Auch wenn diese Einrichtung von der Opposition kritisiert wird, so zeigen doch der Zulauf und vor allem die steigende Zahl der Nachfragen dort, dass diese Institution von der Zielsetzung her richtig ist. Ich glaube deshalb, dass wir gut aufgestellt sind. Ein Unternehmer oder ein Existenzgründer im Aufbau findet kompetente Ansprechpartner für seine Probleme. Er findet sie vor allem ohne großen Aufwand. Er bekommt die richtigen Experten genannt. Und man hilft ihm sogar bei der Vorbereitung von wichtigen Terminen.
Deshalb lässt sich feststellen, dass wir, was dieses Ziel der Mittelstandsenquetekommission angeht, auf einem guten Weg sind und es fast erreicht haben. Wir haben hier im Land im Vergleich zu den übrigen Bundesländern niedrigere Arbeitslosenzahlen und mehr Lehrstellen.
Unsere Unternehmer klagen über altbekannte Dinge. Sie klagen über Bürokratie, über das komplizierte Steuerrecht. Sie klagen über Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt, über den Entwurf des neuen Antidiskriminierungsgesetzes, der sich womöglich noch etwas ändert. Sie klagen über die Konkurrenz aus dem Ausland, über die Entsenderichtlinie und werden künftig dieselben Klagen erheben, wenn die Dienstleistungsrichtlinie kommt – alles Bereiche, die wir mit beklagen können, die wir aber über das Landesrecht nicht ändern können.
Aber es gibt auch Umfragen und Interviews, wie kürzlich im Rundfunk. Da haben die Unternehmer im Land BadenWürttemberg gesagt, dass sie unser Land als sehr wirtschaftsfreundlich einschätzen, dass sie auch die Förderprogramme, die bei uns laufen, und die zugehörige Beratung als sehr gut einschätzen. Und es hat sich generell gezeigt,
dass unsere Unternehmer im Land nicht so pessimistisch in die Zukunft schauen wie ihre Kollegen anderswo.
Das heißt, dass unser Mittelstandsland in Kooperation mit allen Beteiligten seine Aufgaben gut erfüllt. Aber Stillstand ist natürlich auch in diesem Bereich ein Rückschritt. Deshalb muss auch ein gutes Angebot laufend überprüft und angepasst werden, wenn sich in der Wirtschaft oder auf den Märkten neue Entwicklungen ergeben.
Ein Beispiel: Es scheint mir durchaus möglich, dass ein Handwerksunternehmer, der von der Insolvenz bedroht ist und im Wirtschaftsministerium einen Termin will, schneller einen solchen bekommt. Denn wenn sich ein Handwerker erst einmal ans Ministerium wendet, brennt ihm der Kittel, und dann hat er nicht noch ein paar Wochen Zeit.
Aber unsere Aufgabe im Parlament und vor allem im Wirtschaftsausschuss muss es sein, zu erkennen, wann eine Änderung dieses Angebots angezeigt ist, in welchem Teilbereich wir womöglich die Wirtschaftsförderung ändern müssen und in welche Richtung diese Änderung gehen soll. Rückmeldungen von Unternehmern an die Abgeordneten sind hier sicher ein sehr wichtiger Hinweis. Selbstverständlich können wir diesen Hinweisen von Fall zu Fall auch im Wirtschaftsausschuss nachgehen.
Wir reden ja nicht zum ersten Mal über das Thema „Organisation der Wirtschaftsförderung“. Wir müssen einfach feststellen: Sie sind unbelehrbar.
Der Rechnungshof hat dieses Gutachten erstellt: Beratende Äußerung zur kostenorientierten Optimierung der Wirt
schaftsförderung in Baden-Württemberg. Das ist ein sehr ausführliches Papier, in dem verschiedene Vorschläge unterbreitet werden, die die Regierung jetzt prüfen soll.
Die Kritik des Rechnungshofs ist fast deckungsgleich mit unserer Kritik. Beklagt wird das Labyrinth. Sie erinnern sich: Das letzte Mal habe ich das mitgebracht.
Das beklagt der Rechnungshof. Man muss sich fragen: Weshalb gibt es denn dieses Labyrinth? Es gibt dieses Labyrinth, weil man im Laufe von zwei Legislaturperioden das Wirtschaftsministerium wie eine Weihnachtsgans gerupft hat. Da sitzt zwar der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, aber wesentliche Teile, die mit der Wirtschaft in Baden-Württemberg zu tun haben, betreffen Kollegen, die überhaupt nicht da sind.
(Lebhafte Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Braun: Der Wirtschaftsminister ist auch nicht da! – Abg. Fischer SPD: Das muss man tadeln!)
Der Staatsrat ist für Biotechnologie zuständig. Wo ist denn Herr Müller? Der ist seit neuestem für Film und Medien zuständig.