Protocol of the Session on March 16, 2005

(Stellv. Präsidentin Christa Vossschulte)

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Baden-Württemberg – Motor für ein modernes Hochschulwesen – Drucksache 13/2332

b) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Modernes Hochschulwesen in Baden-Württemberg im Spannungsfeld bundespolitischer Rahmenbedingungen – Drucksache 13/2333

c) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – „PISA für die Forschung“ – Hervorragende Ergebnisse Baden-Württembergs beim Hochschulranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft – Drucksache 13/2334

Das Präsidium hat für die Begründung zu a bis c fünf Minuten und für die Aussprache zehn Minuten je Fraktion als Redezeit festgelegt.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Jägel zu seiner ersten Rede hier im Landtag.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der FDP/DVP und der Grünen)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Schwerpunkt der politischen Arbeit der CDU in Baden-Württemberg war, ist und bleibt die Bildung, in diesem Fall das Hochschulwesen. Die CDU-Landtagsfraktion hat deshalb zur Mitte der laufenden Legislaturperiode die drei Anträge, die wir heute diskutieren, eingebracht, um zu einer Zwischenbilanz zu gelangen. Die Stellungnahmen dazu spiegeln heute zwar nicht mehr unbedingt den aktuellsten Sachstand wider, aber diese Debatte bietet eine gute Gelegenheit, darzustellen, wie viel Bewegung in der Hochschulpolitik steckt, und sie bietet Gelegenheit, unsere Positionen zu aktuellen Fragestellungen zu verdeutlichen.

In einer Welt, die durch internationale Märkte bestimmt wird, müssen unsere Hochschulen europaweit und international konkurrenzfähig sein und bleiben. Das Land soll dabei die Rolle eines Motors für ein modernes Hochschulwesen übernehmen, wie wir es in unserem Antrag Drucksache 13/2332 auch dargestellt haben. In der Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst sind die verschiedensten Bereiche und Maßnahmen, die dieser Motor angetrieben hat, sehr gut und ausführlich beschrieben. Ich möchte den Blick nur auf einige Beispiele richten, die nicht so sehr im Rampenlicht stehen.

Zur Verbesserung der Lehre wurde mit dem Bündnis für Lehre seit dem Jahr 2000 in Zusammenarbeit mit den Universitäten ein Konzept entwickelt, das beispielhaft Bewährtes mit Neuem verknüpft. Für diese Maßnahmen stellt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst jährlich etwa 8 Millionen € zur Verfügung – übrigens Mittel, die aus Gebühren für Langzeitstudierende eingenommen werden.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Oettinger CDU: Hört, hört!)

Mit der Förderung von innovativen Projekten, Hochschuldidaktikzentren, Tutorien-, Mentoren- und Gastdozentenprogrammen konnten einige wichtige Impulse gegeben werden.

(Abg. Kübler CDU: Sehr gut!)

Ebenfalls hervorheben sollte man die Förderung junger Innovatoren und von Gründerverbänden auf dem Campus.

(Abg. Oettinger CDU: Sehr richtig!)

Ein zentraler Punkt, der in den Anträgen angesprochen wird, ist die Einführung konsekutiver Studiengänge. So wird sich nach den Erfahrungen der letzten Jahre das gestufte Studienmodell mittel- und langfristig durchsetzen, an dessen Ende die flächendeckende Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen stehen wird, die dann ein einheitliches, international kompatibles Credit-Point-System ermöglicht.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Lasotta CDU: Sprachlich sauber rübergebracht!)

Ja, Hochschulbildung.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP)

Eine Komplettierung aller Maßnahmen, von denen ich beispielhaft nur einen Teil erwähnt habe, stellt das neue Landeshochschulgesetz dar, das wir im vergangenen Jahr hier im Landtag verabschiedet haben. Um den Dampfer Hochschule am Laufen zu halten, ist wahrlich mindestens eine Schiffsturbine als Motor notwendig. Es ist nicht nur aus bisher vier Hochschulgesetzen und einem Berufsakademiegesetz ein einziges Gesetz entstanden, das damit wesentlich zur Entbürokratisierung beiträgt, sondern mit diesem neuen Gesetz wird den Hochschulen – und das ist zukunftsorientiert – der Weg zu unternehmerischem und das heißt wettbewerbsorientiertem Handeln geöffnet.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Durch den Abbau normativer Vorgaben wird die Hochschulautonomie gestärkt. Baden-Württembergs Hochschulen und Berufsakademien erhalten damit Rahmenbedingungen, die ein Wettbewerbssystem ermöglichen. Verbunden mit der Trennung von Leitungs- und Kontrollfunktionen, die klare Zuständigkeiten schafft, erhalten unsere Hochschulen so im globalen Bildungsmarkt eine gute Ausgangsbasis.

Einer unserer Anträge weist schon in seiner Überschrift auf ein Spannungsfeld hin, das gerade wieder aktuell ist. Für negative Spannung nämlich sorgt immer wieder die Bundesregierung in ihrem permanenten Bemühen, sich in Kompetenzbereiche der Länder einzumischen.

(Abg. Pfisterer CDU: Unglaublich!)

Ab und zu erhält sie dann als Resultat einen kleinen oder auch größeren Elektroschock vom Bundesverfassungsgericht.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Abg. Pfiste- rer CDU: Verdient! – Abg. Hauk CDU: Da merkt man den Techniker, den Ingenieur!)

Auch deshalb unterstütze ich die „Forschungsoffensive Deutschland“ als Alternativkonzept der Länder zu Frau Bulmahns plakativem Eliteförderprogramm.

Um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen nicht nur zu erhalten, sondern auch auszubauen, sollte alsbald eine Vollkostenfinanzierung der Forschung hergestellt werden. Nicht die Förderung von fünf Top-Unis macht die Innovationsfähigkeit Deutschlands aus, sondern eine konsequente Vollforschungsförderung insgesamt, die nachhaltig und effizient ist.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Nur eine Vollkostenfinanzierung der Forschung sowie Studiengebühren können unserer Auffassung nach die bestehende Unterfinanzierung deutscher Universitäten im internationalen Maßstab beseitigen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die unionsregierten Länder haben das gemeinsam entwickelte Konzept „Forschungsoffensive Deutschland“ zur Beratung in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung eingebracht. So wird versucht, die festgefahrene Diskussion über die Förderung von Spitzenhochschulen voranzubringen. Zwei Punkte sind dabei entscheidend:

Erstens der Einstieg in die Vollkostenfinanzierung von Forschungsprojekten. Dies bedeutet: Nicht nur Kosten, die direkt mit dem Forschungsgegenstand zusammenhängen, werden finanziert, sondern auch Kosten, die indirekt entstehen, wie etwa für Labors oder Geräte.

Zweitens: Bereitstellung der Fördermittel in Höhe von 1,9 Milliarden € für die Deutsche Forschungsgemeinschaft, und dies jährlich für die nächsten fünf Jahre. Mit diesen Mitteln können vor allem Graduiertenschulen und Exzellenzzentren in der Forschung gefördert werden. Letztere sollen die universitäre und die außeruniversitäre Forschung zusammenführen.

In den USA und in Großbritannien ist diese Vollkostenfinanzierung schon längst Standard. Um zu vermeiden, dass vor allem drittmittelstarke Universitäten an ihre finanzielle Leistungsgrenze kommen, ist eine solche Vollkostenfinanzierung, die bisher bei der DFG-Förderung nicht vorgesehen ist, eine wichtige Voraussetzung und würde deren Wettbewerbssituation deutlich verbessern. Wir sind nicht gegen einen Wettbewerb unter unseren Hochschulen; da können wir uns sehen lassen. Wir sind auch nicht gegen Elite. Aber wir sind gegen verfassungsrechtlich bedenkliche Konzepte, die in erster Linie pressewirksame Etikettierungen und Events zum Ziel haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Hochschulpolitik muss Ländersache bleiben. Nicht zuletzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Zusammenhang mit den Studiengebühren bestärkt uns in dieser Auffassung.

Ich denke, meine Damen und Herren, dass man sich hier im Plenum darüber einig ist, dass im Bildungs- und im Hochschulbereich ein finanzieller Schwerpunkt gesetzt werden

muss. Eine Studie der OECD belegt, dass die Ausgaben in vielen entwickelten Staaten deutlich höher als in unserem Land sind.

Wir bekennen uns dazu, dass zu einer Verbesserung wie in anderen Ländern auch private Mittel beitragen müssen. Was in der Forschung schon üblich ist, kann in der Lehre nicht falsch sein. Damit Studiengebühren auch tatsächlich zu einer Verbesserung der Lehre beitragen, müssen sie allerdings zweckgebunden zur Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen verwendet werden. Mit dieser Zweckbestimmung wird erreicht, dass diese privaten Gelder nicht irgendwo im Haushalt versickern. Es kann noch so oft von der Opposition behauptet werden, dass dies so wäre; durch die Häufigkeit dieser Behauptung wird sie zumindest nicht wahrer.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Wenn es einer Hochschule durch die Verbesserung ihrer Lehr- und Forschungsbedingungen gelingt, sich am Markt miteinander konkurrierender Hochschulen auf einem Spitzenplatz zu positionieren, dann ist sie auch für die internationalen Herausforderungen der Zukunft gerüstet. Grundvoraussetzung für die CDU dabei ist, dass die Studiengebühren so gestaltet werden, dass sie niemanden davon abhalten, ein Studium zu beginnen.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Studierende müssen wählen können, ob sie den zu Beginn eines Semesters anfallenden Betrag während des Studiums entrichten wollen oder ob sie zur Zahlung der Studiengebühren ein Darlehen aufnehmen wollen, das sie erst nach dem Studium in verträglichem Maß zurückzahlen. Dazu müssen sie über ein vertretbares Mindesteinkommen verfügen. Der Einwand, hier würde ein Berufsleben schon in der Verschuldung begonnen, ist polemisch und ohne ernsthafte Grundlage.

(Beifall bei der CDU – Abg. Pfisterer CDU: Sehr gut! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Entspricht der Realität!)

Rechnen wir doch einmal durch: Bei einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester reden wir bei einer durchschnittlichen Studiendauer von zehn Semestern über einen Gesamtbetrag von 5 000 €. Auf der Grundlage sozialverträglicher Rückzahlungsvereinbarungen und eines entsprechenden Einkommens ist dies doch zu schultern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Und Zins und Zinseszins?)

Vor allem muss man sehen, was man mit dem Geld bewegen kann, und darum geht es doch. Gäbe es bundesweit Studiengebühren, wäre bei der genannten Gebührenhöhe von 500 € pro Student und Semester mit einem Bruttobeitragsaufkommen von 2 Milliarden € jährlich zu rechnen. Bei vorsichtiger Schätzung unter Abzug von Ausfällen, von Verwaltungskosten sowie Kosten von sozialen Förderungsmaßnahmen wären es netto 1,4 Milliarden €, ein Betrag, der die Lehre deutlich verbessern helfen würde.

(Beifall bei der CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das reißt es raus?)

Das Bundesverfassungsgericht hat das Gebührenverbot des Bundes für die Länder aufgehoben. Sollte es zu keiner einheitlichen Regelung kommen, werden wir in Baden-Württemberg dieses Modell einführen, weil es sowohl für die Hochschulen als auch für die Studierenden mehr Vor- als Nachteile bringt. Dieses Gesetz wird dazu beitragen, dass die Hochschulen unseres Landes Spitze bleiben.