Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf des Staatshaushaltsplans für die Jahre 2005 und 2006 dokumentiert zum einen eine gewaltige Anstrengung, trotz schwierigster Voraussetzungen einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen. Gleichzeitig aber ist festzustellen, dass all diese Anstrengungen bei weitem noch nicht ausreichend sind, misst man sie an dem, was notwendig ist, um den Haushalt durchgreifend zu konsolidieren.
Eine Politik immer weiterer Verschuldung nimmt künftigen Generationen Freiheits- und Gestaltungschancen. Unser Ziel wird es deshalb bleiben, das strukturelle Defizit des Landeshaushalts, das bei über 3 Milliarden € liegt, tatsächlich abzubauen und die „Neuverschuldung null“ nicht nur anzuvisieren, sondern tatsächlich auch zu erreichen.
Von diesem Ziel sind wir mit diesem Haushalt leider noch ein ganzes Stück weit entfernt. Dass wir aber einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen, ist eine Leistung, die wir uns auch nicht kleinreden lassen.
Dieser Haushalt stellt eine Zwischenetappe dar: eine Etappe, bei der es Baden-Württemberg als einem von ganz wenigen Ländern in äußerst schwieriger Lage gelungen ist, die Grenzen der Neuverschuldung einzuhalten, die die Verfassung vorgibt. Das müssen Sie einfach einmal im Ländervergleich – egal, wohin Sie schauen – zur Kenntnis nehmen. Im Haushalt 2005/2006 war dazu eine Deckungslücke von mehr als 3,3 Milliarden € zu schließen. Wir haben dies geschafft, wenn auch – das gebe ich zu – mit äußerster Eleganz. Andere mögen das Tricks nennen.
Das hat übrigens auch der Finanzminister selbst mit etwas Bauchweh dargestellt. Ich denke zum Beispiel an den Forderungsverkauf aus der stillen Beteiligung an der LBBW. Die Vorwegnahme von Einnahmen, die dem Haushalt später natürlich fehlen und ihm nicht mehr zufließen, tragen wir nur unter der Maßgabe mit, von strukturellen Einsparungen nicht nur zu reden, sondern zumindest die Weichen dafür erkennbar zu stellen. Dies wird die FDP/DVP-Fraktion nicht erst nach dem Wahltag 2006 tun.
bei aller entspannten Atmosphäre in einer Haushaltsstrukturkommission: Wenn Sie strukturelle Veränderungen bewirken wollen, dann wird Ihnen doch wohl klar sein, dass die häufig nicht sofort haushaltswirksam werden.
Wollen Sie denn im Bereich Personal – das wird eine der zentralen Fragen sein – von heute auf morgen neue Sonderopfer beschließen?
Oder nehmen Sie das Beispiel Landeserziehungsgeld. Sie wissen doch, dass dort die Zusagen schon für zwei Jahre gelten! Änderungen würden also gar nicht sofort haushaltswirksam.
Man darf beim Thema Privatisierung eben nicht hektisch und kurzfristig das Tafelsilber verscherbeln, sondern muss Privatisierungen vernünftig vorbereiten, um damit eben nicht das Stopfen von Haushaltslöchern zu bewerkstelligen,
sondern selbstverständlich möglichst strukturelle Veränderungen – auch bei dem Beispiel, das Sie genannt haben: „Staatsanzeiger“ – vorzubereiten.
(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP – Abg. Drex- ler SPD: Das bereiten Sie vor? – Weitere Zurufe von der SPD)
Meine verehrten Damen und Herren, knapp 1 Milliarde € an Kürzungen in den Ressorts und zusätzlich etwa 550 Millionen € an Einsparungen bei den Personalausgaben sind nicht nichts, sondern stellen eine ganz erhebliche Leistung zur Konsolidierung dieses Haushalts dar. Dass diese Einsparungen tatsächlich zu spürbaren Einschnitten führen, zeigt ja die Flut von Protestbriefen, die vermutlich jeder und jede von uns erhalten hat.
Herr Drexler, dass sich eine Opposition leichter tut, jedem zu sagen: „Selbstverständlich werden wir alles zurücknehmen“,
(Abg. Drexler SPD: Das machen wir doch gar nicht! Wer macht denn das? Das macht niemand! – Abg. Kretschmann GRÜNE: So macht ihr es in Berlin, aber nicht wir in Stuttgart! – Abg. Drexler SPD: Ihr bestreitet in Berlin alles, wir hier nicht!)
ist klar; das ist, glaube ich, das Spiel zwischen Opposition und denen, die Verantwortung tragen und Argumente, die vorgetragen werden, tatsächlich ernst nehmen.
Lassen Sie mich dazu eines klarstellen. Von den Eckdaten des Haushalts werden wir nicht abrücken. Das heißt jedoch nicht,
dass wir als Parlament – Sie und wir alle als Fraktionen – uns nicht vorbehalten, Veränderungen des Regierungsentwurfs zu beschließen.
Wir sind alle gut beraten, uns nachvollziehbaren Argumenten nicht zu verschließen, ohne das Ziel eines verfassungsgemäßen Haushalts zu gefährden.
Bei den derzeitigen Strukturen aller Länderhaushalte – übrigens auch unseres Landeshaushalts – mit direkten Personalkosten in Höhe von über 42 % – wenn man die indirekten Personalkosten aufgrund von Fördermitteln an freie Träger hinzurechnet, von über 50 % – sind die Personalausgaben der Dreh- und Angelpunkt jeder erfolgreichen Konsolidierungspolitik.
Ein Blick auf die Entwicklung der Personalausgaben in den letzten 35 Jahren zeigt die besonderen Schwierigkeiten, vor denen wir in diesem Bereich stehen. Die Zahl der Beamtenstellen im Lehrerbereich hat sich in diesem Zeitraum um knapp 60 % erhöht,
im Polizeibereich – so viel zu dem Vorwurf, wir würden da abbauen – um 55 %, bei der Justiz um etwa 35 % und bei der Steuerverwaltung um knapp 20 %. Beim „Rest“ hingegen, also in der gesamten allgemeinen und technischen Verwaltung, wurden kontinuierlich Stellen abgebaut.
Wer die aus der Personalentwicklung folgende drastische Erhöhung des Anteils der Versorgungsausgaben im Landeshaushalt beklagt, kann sich, wenn er ehrlich bleiben will, nicht auf die Tatsache beziehen, dass diese Stellen weitestgehend im Konsens der Fraktionen auch dieses Hauses in den Schwerpunktbereichen der Landespolitik überhaupt erst geschaffen worden sind, sondern äußerstenfalls darauf, dass es die Landespolitik – in der großen Koalition übrigens auch unter Ihrer Beteiligung – versäumt hat, und zwar in Jahrzehnten versäumt hat, Vorsorge für die daraus folgenden Pensionszahlungen zu treffen.
Auch in den letzten zehn Jahren ist in der allgemeinen und technischen Verwaltung eine konsequente Politik des Stellenabbaus betrieben worden. Allerdings steht der Einsparung von 10 000 Stellen bis zum Jahr 2006 die Schaffung von 12 000 neuen Stellen gegenüber. Der allergrößte Teil davon entfällt auf den Lehrerbereich, und Sie wollen, wie Sie vorhin ja gesagt haben, diese Zahl noch weiter erhöhen.