Protocol of the Session on December 15, 2004

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Einige wenige zusätzliche Stellen entfallen auf die Polizei und auf die Hochschulen.

Wie die Landesvorsitzende der SPD vor diesem Hintergrund am vergangenen Wochenende zu der Aussage kommen konnte, die Regierungskoalition habe an den Bildungsausgaben geknapst, ist schlichtweg unverständlich.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die kennt sich nicht aus in Baden-Württemberg!)

Denn 5 500 zusätzliche Lehrerstellen allein in dieser Legislaturperiode kosten am Ende eben pro Jahr 250 Millionen € zusätzlich.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es nun auch wieder!)

Dies zeigt, dass die Personalstellen und die Personalausgaben des Landes nicht das Ergebnis eines Anwachsens der allgemeinen Verwaltung sind, sondern die Folge landespolitischer Schwerpunktsetzungen,

(Abg. Hofer FDP/DVP: Richtig! So ist es!)

zu denen wir stehen, in den Bereichen Bildung und Wissenschaft sowie der inneren Sicherheit bei Justiz und Polizei.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: Eine sachliche Argumentation!)

Weil das eben so ist, gibt es auch keine Patentrezepte dafür, wie wir die steigenden Pensionslasten meistern können. Rein rechnerisch wäre das einfach. Wir müssten über 20 Jahre hinweg etwa 60 000 Stellen abbauen oder das gesamte Gehaltsniveau des öffentlichen Dienstes um 20 % kürzen, um den mit der steigenden Zahl der Versorgungsempfänger verbundenen Anstieg der Personalausgaben zu kompensieren. Beides ist erkennbar unrealistisch.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Realistische Politik wird deshalb aus einem Mix mehrerer Ansätze bestehen müssen. Bestandteil dieses Haushalts sind eine Reihe von Stellenabbauprogrammen, mit denen bis zu den Jahren 2008 bzw. 2011 mehr als 5 200 Stellen eingespart werden. Ohne die Einführung der 41-Stunden-Woche und ohne die Verwaltungsstrukturreform wäre dies nicht möglich. Deswegen ist klar: Beides war richtig, und beides war unausweichlich.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dieser Stellenabbau wird fortgesetzt werden müssen. Wir brauchen Reformen, um Stellenabbau zu ermöglichen. So kann zum Beispiel eine Steuerreform, die tatsächlich ein einfacheres und transparenteres Steuersystem schafft, die den Mut hat, ganze Steuerarten zu streichen, zum Beispiel die Kfz-Steuer, auch zu einem Stellenabbau in der Steuerverwaltung führen. Der Stellenabbau wird, wenn der Höhepunkt der Schülerzahlen im Jahr 2007 überschritten ist, auch den Bildungsbereich einbeziehen müssen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Natürlich!)

Wir müssen im Übrigen das tatsächliche Pensionseintrittsalter noch deutlicher erhöhen, als das in den vergangenen Jahren schon gelungen ist. Wir haben ja jetzt für Beamte den Weg dafür geöffnet, freiwillig länger zu arbeiten. Für die Zukunft dürfen wir auch eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit über die heutige gesetzliche Altersgrenze hinaus nicht tabuisieren. Ich denke, wir sollten auch das Angebot, von dem gerade heute in den „Stuttgarter Nachrichten“ zu lesen war, im Gespräch mit dem Beamtenbund über neue, flexiblere Möglichkeiten über die gesamte Lebensarbeitszeit hinweg zu diskutieren, aufgreifen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir werden schließlich gar nicht daran vorbeikommen, parallel zur sukzessiven Absenkung des Rentenniveaus auch das Niveau der Pensionen schrittweise abzusenken. Ich warne nur davor – an Stammtischen wird ja immer noch oft von der „13. Pension“ und solchen Dingen geredet –, dabei Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Auch da gilt: Sorgfalt, Gespräche mit den Betroffenen und nachvollziehbare Entscheidungen sind richtiger und wichtiger als Schnellschüsse, die von den Betroffenen dann in der Tat als ungerechte Eingriffe in lebenslang erworbene Rechte empfunden werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist richtig! – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Man muss kein Prophet sein, um feststellen zu können, dass wir die drei geschilderten Wege alle gleichzeitig beschreiten werden müssen. Nur so wird es zu erreichen sein, dass die Personalausgaben insgesamt nicht einen immer stärker steigenden Anteil unseres Haushalts in Anspruch nehmen.

(Beifall der Abg. Theurer und Heiderose Berroth FDP/DVP)

Gleichzeitig aber gilt: Wir brauchen, gerade wenn wir einen schlanken, starken Staat wollen, einen leistungsfähigen, motivierten öffentlichen Dienst, einen öffentlichen Dienst, der auch gegenüber dem privatwirtschaftlichen Bereich konkurrenzfähig ist und bleibt. Dies schließt aus – und hier komme ich noch einmal auf das zuvor Gesagte zurück –, dass der öffentliche Dienst zur beliebigen Manövriermasse der Haushaltspolitik wird.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Hervorragend!)

Wir müssen auch da Verlässlichkeit gewährleisten, und dies muss gerade dann gelten, wenn im Zuge einer Reform des Föderalismus die Zuständigkeit für weite Teile des Beamtenrechts einschließlich des Rechts der Besoldung und Versorgung nicht mehr zentral beim Bund, sondern im Wesentlichen bei den Ländern liegen sollte. Wir werden gut beraten sein, diese Reform nicht gegen die Betroffenen, sondern mit den Betroffenen und deren Vertretern anzugehen. Ich bin mir sicher, dass sich die Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes sehr wohl bewusst sind, dass nicht alles beim Alten bleiben kann. Sie brauchen aber das Signal, dass sie zur Mitgestaltung eingeladen und aufgefordert sind. Im Übrigen brauchen sie auch ein Signal, dass nicht nur bei den Indianern, sondern auch bei den Häuptlingen gespart wird.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Sehr gut! – Abg. Drexler und Abg. Stickel- berger SPD: Vier Regierungspräsidien!)

In diesem Kontext, Herr Drexler, durch einen sinnvollen Neuzuschnitt der Ressorts eine Verschlankung des Kabinetts vorzunehmen, ist für uns keine unverbindliche Absichtserklärung, sondern klare Zielvorgabe. Spätestens im Jahr 2006 wollen wir versuchen, das umzusetzen.

(Abg. Drexler SPD: Da sind Sie doch in der Oppo- sition! – Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Dann machen Sie es in einer großen Koalition.

(Abg. Drexler SPD: Das können wir schon ma- chen! – Abg. Hofer FDP/DVP: In der großen Koa- lition, da kommt es bestimmt raus! – Abg. Kurz CDU: Handarbeitsministerium!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Verlässlichkeit und faire Partnerschaft sind auch Stichworte, die das Verhältnis des Landes zu seinen Kommunen kennzeichnen müssen. Uns allen ist bewusst, dass die kommunalen Landesverbände dies durch die Maßnahmen des Haushaltsstrukturgesetzes 2005 verletzt sehen. Beide, Land und Kommunen, haben unter den wegbrechenden Steuereinnahmen der letzten Jahre schwer zu leiden gehabt.

Ich kann deshalb gut nachvollziehen, dass sich jeder Bürgermeister, jede Oberbürgermeisterin und jeder Landrat, die ohnehin schon genügend Schwierigkeiten damit haben, einen gesetzeskonformen und ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, heftig dagegen zur Wehr setzen, wenn das Land die Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen zu seinen Gunsten verändern will. Ich kann nachvollziehen, wenn die Kommunen auf steigende Leistungsverpflichtungen, insbesondere im Bereich gesetzlicher Sozialleistungen, vor allem auch bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und im Bereich der Jugendhilfe, hinweisen. Aber diesen Ausgabenverpflichtungen auf kommunaler Ebene, die der Bund gesetzlich geregelt hat und die auch schwer zu steuern sind, stehen natürlich entsprechende Pflichten des Landes in den Bereichen Bildung, Betreuung, Wissenschaft und innere Sicherheit gegenüber.

(Abg. Drexler SPD: Aber!)

Die steigenden Kosten, insbesondere bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, machen es unabdingbar, auf ein Bundes-Leistungsgesetz hinzuwirken, das den Kommunen diese Aufgabe, die früher einmal ein kleinerer Teil der Sozialhilfe war, nicht allein überlässt. Wir müssen einen bundesgesetzlichen Rahmen schaffen – übrigens auch im Interesse der behinderten Menschen –, der ein eigenes Leistungsgesetz des Bundes beinhaltet und damit natürlich auch die Finanzierung nicht allein den Kommunen aufbürdet, sondern festlegt, dass diese möglichst vom Bund wahrgenommen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Ich kann auch nachvollziehen, dass die Kommunen sich dagegen wehren, dass ihre deutlich geringere Verschuldung als Argument dafür herangezogen wird, ihnen zusätzliche Lasten aufzuerlegen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es halt! – Abg. Drexler SPD: Die haben Investitionskraft!)

Das ist nicht in Ordnung. Denn dass die Kommunen sich frühzeitiger um die Konsolidierung ihrer Haushalte gekümmert

(Abg. Drexler SPD: So ist es! Die haben Struktu- ren!)

und, auch bedingt durch das kommunale Haushaltsrecht, weniger Schulden angehäuft haben, darf ihnen jetzt nicht zum Nachteil gereichen.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP – Abg. Kretschmann GRÜNE: Warum machen Sie es dann? – Abg. Drexler SPD: Aber Sie machen es! Sie schwächen die Investitionskraft!)

Ich sage es Ihnen gleich. – Als Maßstab für – ich will nicht sagen: Gerechtigkeit – Fairness im Umgang miteinander taugt aber letztlich wohl nur die Entwicklung der Nettosteueranteile von Land und Kommunen nach allen Finanzverteilungssystemen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Sie preisen die Fair- ness und sind selbst unfair!)

In diesem Jahr liegt der Anteil der Kommunen nach den Ergebnissen der Steuerschätzung vom Mai bei etwa 41,8 %. Er liegt damit in etwa beim gleichen Prozentsatz wie 1993. Da waren Sie mit an der Regierung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Er liegt zwar unter dem Anteil, der den Kommunen zwischen 1998 und 2002 zugeflossen ist, aber über dem Anteil, der ihnen in den Jahren 1994 bis 1997 zur Verfügung stand. Wir müssen diese Relation im Auge behalten und sie auch zu dem Maßstab machen, der dann von allen akzeptiert werden kann.

Auch nach der Berücksichtigung der Entnahme von je 350 Millionen € aus den kommunalen Finanzmassen in den kommenden beiden Jahren bleibt dieser Anteil in etwa gleich. 2005 liegt er knapp unter, 2006 knapp über dem Wert von 2004. Dies resultiert daraus, dass die Steuerschätzung vom Mai, bestätigt durch die Novemberschätzung, den Kommunen eine deutlich bessere Einnahmeperspektive zuschreibt als dem Land.

(Abg. Schmid SPD meldet sich zu einer Zwischen- frage. – Heiterkeit bei den Grünen)

Nur der Präsident erteilt das Wort.

Diese Daten stehen nicht etwa nur auf dem Papier, sondern haben sich im Laufe des Jahres bestätigt. Nach Angaben des Statistischen Landesamts gab es in den ersten drei Quartalen dieses Jahres eine Steigerung um 1,4 % beim Land und eine Steigerung um über 15 % bei den Kommunen.

(Glocke des Präsidenten)