Protocol of the Session on December 15, 2004

Ach, Herr Kollege Haas! Ich weiß, dass Sie sich so gern mit der Tagespflege schmücken.

(Abg. Alfred Haas CDU: Zu Recht!)

Aber selbst wenn Sie die Tagespflege und alles zusammenrechnen, haben Sie nur für 5 % der Kleinkinder ein Angebot –

(Abg. Alfred Haas CDU: Aber nicht Schlusslicht!)

für 5 %! –, und der Bedarf liegt bei 20 %.

(Beifall bei der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Laut Schmidt!)

Nein, Herr Kollege Haas, laut der Familienwissenschaftlichen Forschungsstelle des Statistischen Landesamts BadenWürttemberg ist das der Bedarf. Das sollten vielleicht selbst Sie zur Kenntnis nehmen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das schafft er nicht!)

Sie sagen, Schwerpunkte beim Ausbau der Kinderbetreuung sollten ein ganzheitliches Sprachförderkonzept und ein Orientierungsplan für die frühkindliche Bildung und Erziehung sein. In dem Haushalt, den Sie vorgelegt haben, findet sich nichts zu einem ganzheitlichen Sprachförderkonzept.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Die 6,5 Millionen € sind nicht im Haushalt zu finden. Beim Vorlegen Ihres Bildungs- und Erziehungsplans sind Sie jetzt auch in der Schlussgruppe der Bundesländer. Elf Bundesländer sind schon bei der Umsetzung ihres Erziehungsund Bildungsplans. Wir hinken hinterher.

In der Stellungnahme zu Ihrem Antrag, zu Ihrer parlamentarischen Initiative wurde als weiteres Ziel die Stärkung der Erziehungsfähigkeit der Eltern genannt. Sie rühmen sich da des Mutter-Kind-Programms. Die CDU lobt sich dafür.

(Abg. Alfred Haas CDU: Eineinhalb Jahre ist das her! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Manchmal ist es gut, wenn man so alte Anträge so spät disku- tiert!)

Nach eineinhalb Jahren gilt dies nicht mehr. Das Programm mit 5 Millionen € wird komplett gestrichen. Sie lassen sozial schwache Alleinerziehende im Regen stehen. Das ist die Konsequenz Ihrer CDU-Politik.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Sie rühmen sich einer Zukunftswerkstatt zugunsten von Familien.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das ist was Tolles!)

Das hört sich verbal alles wunderbar an. – Sie haben sich selber als Ziel gesetzt, dass es keine Maßnahmen zulasten von Familien geben soll und, wenn so etwas droht, dann entsprechenden Ausgleich zu finden.

Jetzt schaue ich mir – gemessen an Ihrer Zielsetzung, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen – doch einmal den Wiedereinstieg von Müttern in das Erwerbsleben an, den Sie unterstützen wollen. Was tut die Landesregierung und was tun die sie tragenden Fraktionen? Sie streichen ein Drittel der Zuschüsse für die Kontaktstellen „Frau und Beruf“, die an genau dieser Zielsetzung arbeiten, und gefährden damit das Ziel, das Sie selber als solches benennen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Überhaupt nicht!)

Da muss ich Ihnen sagen: Sie reißen die familienpolitische Messlatte deutlich.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Als Zielsetzung bei Ihrer Zukunftswerkstatt nennen Sie, Sie wollten andere Partner aktivieren, ihrerseits etwas dazu zu tun, Akzente für Familien zu setzen.

Nehmen wir doch einmal die Kommunen, die besonders im Bereich der Kinderbetreuung gefordert wären. Was tun Sie im Haushalt? Sie streichen den Kommunen 500 Millionen € und sagen gleichzeitig: „Ihr seid schuld, wenn der Ausbau der Kinderbetreuung nicht stattfindet.“ Das passt einfach nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Alfred Haas CDU: Nein, das sagen wir nicht!)

Deshalb sage ich Ihnen in einer kurzen, knackigen Analyse Ihres Antrags: Ihre familienpolitischen Ankündigungen und Ihre familienpolitischen Taten klaffen himmelweit auseinander. Sie lassen die Familien in Baden-Württemberg sprichwörtlich im Regen stehen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Überhaupt nicht! – Bei- fall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE – Abg. Alfred Haas CDU: „Mäßiger Beifall“ steht im Protokoll!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist es in der Tat so: Denjenigen, der mit einem Antrag ein bisschen spät kommt, bestraft die Wirklichkeit. Das ist ja nun so. In diesem Antrag werden zu Recht viele familienpolitische Maßnahmen des Landes lobend aufgezählt. Trotzdem darf man eines natürlich nicht machen, Frau Wonnay: Man darf nicht so tun, als hätten wir bei den Kommunen jetzt den Kinderbetreuungsanteil gestrichen. Der bleibt, wie Sie wissen, garantiert. Übrigens wurde die Deckelung damals als negativ dargestellt, aber sie gibt auch eine Garantie, dass die 400 Millionen € für den Kindergartenbereich bei den Kommunen bleiben. Da sollte man schon einigermaßen ehrlich sein.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Wonnay?

Herr Kollege Noll, würden Sie mir zustimmen, dass bei der gegenwärtigen Finanzsituation der Kommunen genau das, was wir uns alle wünschen, nämlich ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Kinderbetreuung, auf der Strecke bleibt, wenn das Land seinen Haushalt so stark zulasten der Kommunen finanziert?

(Abg. Alfred Haas CDU: Überhaupt nicht!)

Ich verweise auf die Ausführungen im Rahmen der Haushaltsdebatte heute Morgen,

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Ja, eben!)

aber ich sage dazu – das war auch das klare Signal, das ich gegeben habe –: Wir dürfen und wollen die Kommunen insbesondere auch mit der Aufgabe eines verstärkten Bildungsangebots im Rahmen der Kinderbetreuungseinrichtungen, sprich: Spracherwerb – – Wenn die Landesstiftung nicht mehr dafür eintreten kann, weil sie das ja nicht dauerhaft finanzieren kann, dann werden wir – und das sollte meiner Meinung nach auch Kern dieser Debatte sein – uns ernsthaft überlegen, ob das so weitergehen kann, dass wir immer wieder einmal da ein Töpfchen aufmachen und dort eines schließen, oder ob wir nicht besser zu einer verlässlichen Finanzierung – und zwar von Land und Kommunen gemeinsam – kommen sollten.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Ich gehöre nicht zu denen, die dann sagen: „Dann müssen wir halt wieder irgendwoher Geld kriegen“ – das wir nicht haben –, sondern zu denen, die sich dann anschauen, welche Töpfe und welche Fördertatbestände wir denn für die Familien haben, wenn man es einmal rein auf das Finanziel

le reduziert. Da gibt es halt nun einmal den großen Topf mit 83 Millionen € Landeserziehungsgeld. Nun weiß ich auch, dass wir diesen in den nächsten zwei Jahren, weil die Bewilligungen schon laufen, nicht verändern können. Aber jetzt ist doch der Zeitpunkt gekommen – übrigens auch aufgrund personeller Veränderungen, die anstehen –, uns darüber noch einmal zu unterhalten.

Da würde ich mir dann schon wünschen, liebe Frau Wonnay, dass Sie ernsthaft mit in diese Diskussion eintreten. Es geht nicht darum, jemandem etwas wegzunehmen,

(Zuruf des Abg. Fischer SPD)

sondern darum, den Familien das Richtige zu geben. Auch da lohnt sich doch tatsächlich ein Blick über die Grenzen.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Ich sage es immer wieder: Die Frage, in welcher Höhe Finanztransfers ausfallen, die an Kinder geknüpft sind, ist nicht entscheidend für die Frage, wie viele Kinder Frauen haben.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Viel stärker im Vordergrund steht vielmehr tatsächlich das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Wer sich für Kinder entscheidet, sollte keine Nachteile erleiden. Deswegen ist das – das kann ich nur noch einmal wiederholen – eine unserer zentralen Aufgaben im Land. Ich werbe für Mehrheiten dafür, dass wir in dem Bereich, in dem zu Recht viel Geld für die Familien in den Haushalt eingestellt ist, vorurteils- und ideologiefrei überlegen, ob wir einen Teil der Mittel zugunsten dieser Kernaufgabe umschichten sollten.

Ich habe sehr wohl auch die Zwischentöne in den Ausführungen der Sozialministerin gehört, die immer gesagt hat, es gehe ihr zunächst einmal um das Volumen dieses Geldes. Wir sind uns eigentlich ziemlich einig, dass diese Mittel nicht für irgendwelche anderen Zwecke ausgegeben werden sollten, obwohl auch diese wünschenswert wären, sondern wirklich den Familien zugute kommen sollten.

Zum Thema Sozialtransfers: Dafür ist ja die Bundesgesetzgebung zuständig. Ich bin in der Tat der Meinung, dass man nicht die unterschiedlichsten Fördertöpfe wieder aufmachen sollte, sondern dass man eine einheitliche Systematik von Steuer- und Transferleistungen anstreben sollte.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Sehr richtig!)