Protocol of the Session on December 9, 2004

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Ein Thema für sich!)

Dadurch werden zum Nutzen der betroffenen Beamten wie der Verwaltung Informationen und vor allem Entscheidungsbefugnisse an einer Stelle zusammengeführt.

Für die Ausbildung in verwaltungsatypischen Berufen – ein letzter Punkt –, also in so genannten originären Kammerberufen – es handelt sich dabei um Berufsbilder wie zum Beispiel Maskenbildner in städtischen Theatern

(Abg. Teßmer SPD: Kulissenschieber! – Abg. Oel- mayer GRÜNE: Maskenbildner sind wichtig!)

oder Koch in einer Universitätsklinik –, sollen die bisher zwischen Landesbehörden und Handwerkskammern bzw. Industrie- und Handelskammern verteilten Zuständigkeiten künftig bei den Kammern zusammengefasst werden.

Die Landesregierung, meine Damen und Herren Kollegen, will durch dieses Gesetz einerseits Kosten reduzieren, vor allem im Zusammenhang mit Zurruhesetzungen, andererseits das Recht des öffentlichen Dienstes fortentwickeln, um es den Bedürfnissen einer effizienten und modernen Verwaltung anzupassen, die konsequent auf Entbürokratisierung setzt.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Wir werden Einzelheiten in den Ausschüssen beraten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, in der Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Gesetzentwurfs.

Herr Abg. Moser.

Frau Vizepräsidentin, könnten Sie eventuell veranlassen, dass dieses Gesetz auch zur Mitberatung in den Finanzausschuss kommt?

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Ja, das ist eine gute Idee!)

Ich kann das damit begründen, dass wir uns derzeit mit dem Dienstunfähigkeitsrecht und mit anderen finanzwirksamen Dingen auseinander setzen. Es wäre vielleicht gut, wenn wir das dann auch bei diesem Gesetzentwurf tun könnten.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Ja!)

Dann schlage ich vor, diesen Gesetzentwurf an den Finanzausschuss – mitberatend – und an den Innenausschuss – federführend – zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden? –

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Natürlich! – Abg. Teßmer SPD: Das ist gut!)

Das ist der Fall. Es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 10 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Sozialausschusses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 26. Juli 2004 – Landesjugendbericht der 13. Wahlperiode – Drucksachen 13/3435, 13/3575

Berichterstatter: Abg. Hoffmann

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Sozialministeriums – Konsequenzen aus dem Landesjugendbericht – Drucksache 13/3712

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu b fünf Minuten und für die Aussprache zu a und b fünf Minuten je Fraktion, gestaffelt.

Das Wort zur Begründung und Aussprache erteile ich Herrn Abg. Bayer.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Zeit ist nun wahrlich weit vorangeschritten und verbietet hier eigentlich feinsinnige und langatmige jugendpolitische Debatten. Der umfangreiche Landesjugendbericht würde aber eigentlich dazu Anlass bieten. Ich beschränke mich in meinen Ausführungen auf einige kurze Stichworte und beziehe sie ausschließlich auf die Schnittstelle Jugendhilfe/Beruf.

Zunächst aber eine Bemerkung zum Thema Bildung. Im Landesjugendbericht wird Bildung als wichtiges Element von Jugendarbeit und Jugendhilfe – leider eher als Bringschuld der Kinder- und Jugendarbeit, aber immerhin – thematisiert. In der Stellungnahme der Landesregierung kommt dieser Aspekt überhaupt nicht vor.

Das entspricht in keiner Weise der Diskussion, die spätestens seit PISA allenthalben geführt wird: Bildung ist mehr als Schule, und Schule ist mehr als Unterricht. Diese Sätze sind inzwischen fast zur Binsenweisheit geworden, und deswegen müsste eigentlich eines klar sein: Zur Überwindung der in PISA skizzierten Problemlage reicht es nicht aus, nur die Schule alten Stils in den Blick zu nehmen. Wenn Unterschichts- und Migrantenkinder schlechtere Bildungsprognosen haben und wenn sich die Abhängigkeit des Bildungs

erfolgs von der sozialen Herkunft immer noch weiter zu verschärfen scheint, dann müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die verschiedenen Bildungssphären systematisch miteinander zu verknüpfen. Das haben wir auch in einer Anhörung vor einigen Wochen hier in diesem Saal von Professor Otto gehört.

Damit bin ich beim ersten Stichwort: Kooperation von Jugendhilfe und Schule. Das Förderprogramm „Jugend – Arbeit – Schule“ – inzwischen leider zu Grabe getragen – war ein Erfolgsprogramm. Mit hohem finanziellem Aufwand wurde zumindest ein Anfang gemacht, die Bildungslandschaft an einem wichtigen Punkt strukturell weiterzuentwickeln. Inzwischen wurden die Mittel auf die Förderung von Modellvorhaben reduziert oder ganz gestrichen. Damit ist nicht nur die Weiterentwicklung gefährdet, sondern die Basis als solche. So jedenfalls urteilt der Landesjugendring, und er nennt das aus fachlicher und aus politischer Sicht eine traurige Bilanz. Das ist nicht unbedingt ein jugendpolitisches Ruhmesblatt.

Können möglicherweise die Schulpsychologen eine Scharnierstelle zwischen Jugendhilfe und Schule sein? Urteilen Sie bitte selbst, meine Damen und Herren: Auf eine Schulpsychologin oder einen Schulpsychologen kommen in Finnland etwa 400, im Bundesdurchschnitt etwa 12 000 und in Baden-Württemberg 39 000 Schülerinnen und Schüler. Eine systematische Unterstützung sieht meines Erachtens anders aus.

Stichwort Prävention: Der Landesjugendbericht trägt zur Differenzierung und zur Problematisierung des Präventionsbegriffs bei. Das ist meines Erachtens richtig, weil dieser Begriff inzwischen sehr inflationär verwendet wird. Es ist inzwischen in Mode gekommen, Jugendhilfeleistungen und auch die Jugendarbeit jeweils nach ihrem Präventionsaspekt zu qualifizieren, möglicherweise auch wegen der damit verbundenen finanziellen Verlockungen. Damit aber wird der Blick auf den Grundauftrag von Jugendhilfe getrübt. Dieser ist in § 1 des SGB VIII deutlich festgelegt und heißt: Anstrengung zugunsten guter Verhältnisse und guter Erziehung. Jugendhilfe und Jugendarbeit sind eben nicht eine gigantische Veranstaltung zur Verhinderung von jugendlichem Problemverhalten, meine Damen und Herren, sondern sie haben ihren Wert an sich. Sie sind deswegen ernst zu nehmen und zu fördern – im Land genauso wie in den Kommunen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Bei den Vorhaben der speziellen Prävention ist es oft so, dass wir wirklich nicht wissen, was wie wirkt – aber es wird Geld dafür ausgegeben. Deswegen müssen solche Projekte viel genauer auf ihre präventiven Effekte hin untersucht, präzisiert und an fachlichen Kriterien orientiert werden. Genau daran hapert es: zu wenig Evaluation und kaum Verbindlichkeit.

Ich komme zum letzten Stichwort: Schulsozialarbeit. Die Landesregierung selbst hat eine Studie über Schulsozialarbeit in Auftrag gegeben, die ursprünglich verlässliche Kriterien für die Landesförderung erarbeiten sollte. In dieser wenn auch mit sehr großer Verspätung und erst auf Nach

frage veröffentlichten Studie wird die Auffassung vertreten, dass die Schulen über Schulsozialarbeit Handlungsmöglichkeiten zurückgewinnen und produktiver mit Problemlagen umgehen können.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist richtig, ja!)

Sie spricht von substanziellen Erfolgen hinsichtlich der Unterstützung von Jugendlichen und ihren Familien, der Schulentwicklung sowie der Kooperation und Vernetzung von Jugendhilfe und Schule. Die Bedeutung und Wichtigkeit von Schulsozialarbeit, und zwar auch für die schulische Infrastruktur, ist also völlig unbestritten.

Strittig ist lediglich die Bedeutung der Landesförderung zur stabilen Verankerung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Die Landesregierung meint, diese Verankerung sei nicht oder zumindest nicht mehr ausschließlich von der Finanzierung durch das Land abhängig, und dies mit der Begründung, dass inzwischen ohnehin nur noch ein Sechstel der Gesamtkosten pro Personalstelle durch Landesmittel finanziert würden. Das, meine Damen und Herren, ist eine eher zynische Begründung. Ich wähle einmal einen bildlichen Vergleich: Sie hauen einem Regenwurm immer wieder Stücke ab und geben vor, die einzelnen Teile seien an sich lebensfähig. Das stimmt weder im biologischen Sinne noch in diesem Zusammenhang.

(Beifall bei der SPD)

Alle, die sich vor Ort auskennen, wissen, dass das nicht richtig ist.

Stellvertretend für viele möchte ich den Verbandsdirektor des Wohlfahrtsverbandes Württemberg-Hohenzollern, Roland Klinger, zitieren:

Aus unserer Kenntnis der Praxis wissen wir, dass diese wichtige Maßnahme an der Schnittstelle von Schule und Jugendhilfe mit dem Wegfall der durch die Jugendenquetekommission des Landtags in die Wege geleiteten Landesförderung gefährdet ist.... Ich bitte Sie dringend, die vorgesehene Streichung der Mittel im Zuge der weiteren Beratungen des Doppelhaushalts noch einmal zu überdenken.

(Beifall der Abg. Sakellariou SPD und Edith Sitz- mann GRÜNE)

In das gleiche Horn stößt auch der Städtetag, wenn er betont, dass Schulsozialarbeit zum Bildungsauftrag der Schule gehöre und deswegen vom Land weiterhin gefördert werden müsse. Im Originalton sagt er – ich zitiere –:

Programmatische Bekenntnisse und gleichzeitige Streichung der dafür notwendigen Fördermittel, das passt einfach nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Es gibt aber, meine Damen und Herren, noch viel mehr Verfechter von Schulsozialarbeit. Einige davon sitzen auch in den Reihen der Koalition. Herr Kleinmann, Ihre diesbe

züglichen Presseerklärungen klangen und klingen ja recht vollmundig. Lassen Sie Ihren Erklärungen aber bitte nun auch Taten folgen. Die Schulsozialarbeit gehört zum Bildungsauftrag der Schule und muss auf der Basis einer verlässlichen und dauerhaften Mischfinanzierung erhalten bleiben.

Ich danke Ihnen.