Dann kommen Sie her und sagen: „Wir fordern Sie auf, einen Naturschutz nicht mit dem ideologischen Fallbeil und ohne ideologische Scheuklappen zu machen.“ Herr Kollege Walter, die ideologischen Scheuklappen bringen Sie in die Diskussion und sonst niemand hier.
Es ist ja wahr, dass seit Mitte der Siebzigerjahre, als Naturschutzpolitik überhaupt erst entstand – – Machen wir uns doch nichts vor! Wir haben es dabei mit einem relativ neuen Politikfeld zu tun.
Machen wir uns doch nichts vor: In den Siebzigerjahren entstand die Wahrnehmung der Natur als eigenes Politikfeld.
Im Zuge der Besiedlung usw. sind die Dinge damals einfach drängender geworden. Ich will auch gar nicht verhehlen, dass bis heute noch nicht alles zum Besten bestellt ist. Aber, Entschuldigung, das Thema „Steuer- und Finanzpolitik“ gibt es schon seit Menschengedenken, seit es Staaten gibt, und auch dort haben wir noch nicht alle Probleme gelöst.
Ich bin also zuversichtlich. Aber klar ist doch auch, dass wir in dieser Zeit einen Wandel durchgemacht haben, dass früher das Thema „Restriktionen, Ausweisung“ als „Käseglockentaktik“ gefahren wurde, weil man auch Restflächen sichern musste. In der Zwischenzeit sind wir zu Recht auf einem ganz anderen Dampfer. Ich werde in der zweiten Runde noch etwas zum Thema Bundesnaturschutzgesetznovelle sagen.
Wir haben gesagt: Im Prinzip hat uns diese ständige Schutzgebietsausweisung in der Sache nicht weitergebracht. Wir haben zwar zum Teil wunderbare Schutzgebiete ausgewiesen, aber im Naturschutz auf der Fläche hat sich wenig bewegt. Deshalb hilft alles nichts, wenn wir nicht die Kooperation mit den Nutzern, mit den Eigentümern suchen. Sonst werden wir im Naturschutz keinen Erfolg haben.
Herr Kollege Walter, dazu ist es auch notwendig, eigene Akzente zu setzen und vor allem auch Geld zur Verfügung zu stellen. Sie werden doch nicht sagen können, in BadenWürttemberg sei in den vergangenen Jahren nichts gelaufen. Ich erinnere daran: 290 Millionen DM im MEKA. Das trägt in der Grundanlage natürlich auch wesentlich dazu bei, dass wir flächendeckend eine integrierte Landbewirtschaftung mit starken ökologischen Komponenten haben – übrigens mehr ökologischen Landbau betreiben als jedes andere Bundesland,
und zwar mit diesem Instrument, weil das ein freiwilliges Instrument ist, weil wir das nicht überstülpen und dirigistisch machen.
Im Bereich der SchALVO haben wir dieselbe Praxis, indem wir mit finanziellen Anreizen Eigentümer und Nutzer für den Naturschutz sensibilisieren und sie in die Naturschutzziele bei der Landnutzung integrieren.
Herr Kollege Walter, Sie sagen jetzt, das sei alles wunderbar. Sie sagen, wir wollten dies mittlerweile auch. Wir kommen nachher noch zum Thema Bund. Dort machen Sie es nämlich ganz anders.
Aber wahr ist: Sie sind nicht bereit, dort Geld hineinzugeben, sobald es um die Frage der Kooperation mit Eigentümern und Nutzern geht, weil Sie nach wie vor einen ganz anderen, ideologiebehafteten Naturschutzansatz haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sich zwischenzeitlich einiges geändert und weiterentwickelt hat, merken wir daran, dass inzwischen Kommunen, Verbände, Nutzer selbst kommen und sagen: „Wir machen etwas.“ Es ist doch das vornehmste Ziel der Politik, nicht von oben dirigistisch vorzugeben, was passieren müsse, sondern dass sich Betroffene selbst melden und sagen: Wir wollen in Feldern aktiv werden, wo wir auch vernünftige Chancen einer Vernetzung zwischen Naturschutzzielen, touristischen Zielen und Produktionszielen usw. sehen. Ich glaube, diesen Stand haben wir jetzt erreicht.
Dann noch etwas, Herr Kollege Walter: Wenn Sie jetzt am Anfang einer Legislaturperiode, zu einem Zeitpunkt, als der neue Minister sein Amt gerade erst angetreten hat, bereits nach wenigen Wochen kommen und grundlegende Perspektiven des Naturschutzes – es steht nicht einmal dabei: „in Baden-Württemberg“ – verlangen, dann sind Sie, meine ich, ein bisschen früh dran.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zunächst einmal sagen, dass die SPD-Landtagsfraktion beim Naturschutz einen Freund entdeckt hat, und der Freund heißt Stächele.
Er ist nämlich noch nicht als Naturschutzminister gesprungen, und solange er das nicht getan hat, kann man ihn als Freund bezeichnen.
Wir wollen ihm natürlich auch Sprunghilfe geben. Wir wollen ihm zur Seite stehen, wenn es, meine Damen und Herren, darum geht, jetzt die Weichen anders zu stellen.
Ich bin in der vergangenen Legislaturperiode x-mal an dieser Stelle gestanden und habe die Defizite beim Naturschutz herausgestellt. Diese Defizite sind ja nicht zu übersehen, und dabei wissen wir doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Baden-Württemberg eine reiche Naturausstattung hat, dass dieses Land hervorragende Voraussetzungen für einen weit reichenden und modernen Naturschutz mit sich bringt. Dies können wir umsetzen, obwohl wir eine hohe Bevölkerungsdichte und einen sehr hohen Grad an Industrialisierung und Verkehrserschließung haben. Es gibt ökologisch sehr wertvolle Naturräume, die es zu schützen gilt.
Meine Damen und Herren, wenn sich schon die Landesregierung in den letzten Jahren nicht mit Ruhm bekleckert hat, dann ist es jetzt wirklich Zeit, dass etwas geschieht. Deshalb ist es schon richtig, wenn die Grünen den Begriff „Perspektiven des Naturschutzes“ wählen. Die Perspektiven müssen sich ändern, zumal sich auch die Rahmengesetzgebung entscheidend ändert.
Im Augenblick sind wir im Vergleich der Flächenländer am unteren Ende der Skala. Das muss als Istzustand einfach festgestellt werden; das ist Tatsache.
das ist auch kein neues Aufgabengebiet, sondern das ist eine sehr, sehr alte und wichtige politische Aufgabe.
Dabei geht es darum, den klassischen Naturschutz nicht aufzugeben. Es klingt beim Kollegen Hauk immer so, als wollte er die klassischen Instrumente des Naturschutzes zugunsten des Vertragsnaturschutzes und zugunsten von Vereinbarungen aufgeben. Wir brauchen beides, richtig aufeinander abgestellt.
Ich nenne jetzt einige Dinge, die in dem Neun-Punkte-Programm der Naturschutzleitlinien des Landes enthalten sind: Die Biotopvernetzung muss vorangebracht werden. Wir brauchen weitere Modelle für extensive Landwirtschaft, mehr PLENUM-Gebiete, die Landschaftspflege muss organisiert werden, wir brauchen eine Reduzierung des Flächenverbrauchs, was als wichtige Aufgabe hinzukommt, meine Damen und Herren. Bis zum Jahr 2010 ist ein weiterer Verbrauch von 564 000 Hektar pro Jahr in der Bundesrepublik Deutschland zu erwarten, und zwar für Siedlung und Verkehr. Das bedeutet 119 Hektar pro Tag. Wir haben im Land Baden-Württemberg einen Flächenverbrauch von 11 Hektar pro Tag.
Das Bundesnaturschutzgesetz muss umgesetzt werden, Natura 2000 muss umgesetzt werden. Neulich wurde in einer Sitzung des Landesnaturschutzbeirats davon gesprochen, dass ein dreistelliger Millionenbetrag über die Jahre erforderlich sein wird – das hat Herr Stächele selbst gesagt –, um nur die Folgekosten von Natura 2000 abdecken zu können. Da müssen Pflegepläne und Entwicklungspläne erstellt werden – ungeheure Aufgaben, meine Damen und Herren. Die Großschutzgebiete müssen weiterentwickelt werden, die Naturschutzzentren müssen ausgebaut werden, die Schutzgebietsbetreuung muss durch modernes Personalmanagement und durch ein Monitoring in Gang gesetzt werden – riesige Aufgaben.
Keiner kann zum heutigen Zeitpunkt sagen, wie diese Aufgaben bewältigt werden sollen. Ich erwarte heute eine erste Antwort von Minister Stächele. Was bisher geschehen ist, muss grundlegend geändert werden, und Sie müssen auch einmal Ihrem Ministerpräsidenten sagen: Bitte schön, Erwin, sei doch jetzt mal so gut, bleib nicht so stur, geh auf uns zu; wir brauchen mehr Naturschutz im Land.