Die größten Probleme für die Landwirtschaft entstehen nicht durch die Preispolitik oder die derzeitige Haushaltslage, sondern durch einen überzogenen Naturschutz vor Ort.
Dieses Zitat, das von Frau Staiblin stammt, zeigt die Haltung der Landesregierung zum Naturschutz in den vergangenen Jahren.
Der Naturschutz ist, meine Damen und Herren, selbst auf die rote Liste der Politik gesetzt worden. Dazu will ich Ihnen einige Beispiele nennen.
Zunächst das Trauerspiel um die BNLs. Dadurch wurde mutwillig – wirklich mutwillig – eine funktionierende Verwaltung zerstört. Von 52 Fachleuten wurden 24 abgezogen.
Darüber hinaus wurden die zahlreichen ehrenamtlichen Naturschützer, die wir im Land haben, frustriert; und viele haben sich auch zurückgezogen, weil sie nicht bereit sind, da noch mitzumachen. Jetzt erleben wir, wie absurd das ist. Letzte Woche haben wir im Naturschutzbeirat – Herr Kollege Hauk, Sie waren dabei – erfahren, dass dann, wenn die Aufgaben der BNLs wirklich erfüllt werden sollen, zusätzliche Kräfte eingestellt werden müssen. So etwas Absurdes passiert, wenn man Politik ohne Sachkompetenz, aber mit dem Fallbeil der Ideologie macht.
Das zweite Beispiel, Herr Hauk, betrifft den Umgang mit Natura 2000, die Umsetzung der Richtlinien. Von der Ministerin war damals zu hören: „Dieser Wahnsinn, der auf uns zukommt“. Mit genau dieser Haltung wurde das Ganze im Ministerium abgespult, nämlich als ein Pflichtprogramm. Die Chance, dass mit der Ausweisung der FFHGebiete auch langfristig Flächen für die Landwirtschaft erhalten bleiben, wurde bis heute nicht gesehen. Das ist ein grober Fehler.
Der dritte Punkt betrifft die mangelnde Unterstützung – das ist wohl der schwerwiegendste Vorwurf –, die mangelnde Umsetzung der eigenen Richtlinien. Wo gibt es denn so etwas? Ich zitiere einmal aus den Richtlinien der Landesregierung für den Naturschutz:
Im Gesamtkonzept Naturschutz und Landschaftspflege wurde dargelegt, dass die Ausweisung und der Erwerb von zumeist isolierten Flächen nicht geeignet sind, den beängstigenden Artenschwund zu stoppen. Vielmehr sei es erforderlich, großflächig Naturräume zu sichern.
Wunderbar! Das können wir nur unterstützen. Aber wo wird das umgesetzt? Schauen wir doch einmal nach. Die LfU hat 1992 in der so genannten PLENUM-Konzeption 20 großflächige Schutzgebiete vorgeschlagen. Seither haben wir gerade einmal drei geschafft, und für weitere Gebiete ist – man braucht nur in den Haushalt zu schauen – kein Geld da. Dabei ist das PLENUM eine Riesenchance für uns: eine Verbindung von Naturschutz, umweltverträglicher Landwirtschaft, regionaler Vermarktung und umweltfreundlichem Tourismus. Genau darauf muss man setzen. Ich frage die Landesregierung: Warum wird es nicht getan?
Die Landwirtschaft, meine Damen und Herren, ist ohne Alternative zu diesem Konzept. Ich war gestern Abend im Kreis Böblingen auf einem Bauernhof mit 30 Hektar. Hätte ich dem Bauern dort etwa erklären sollen, er solle mit einer Farm im Mittleren Westen mit 500 Hektar konkurrieren? Soll er wirklich die Idee aufgreifen, auf dem Weltmarkt zu konkurrieren? Das ist doch absurd; das wissen Sie auch selber. Sie wissen genau, dass unsere Alternative darin besteht, gesunde und hochwertige Lebensmittel zu produzieren, die dann natürlich einen höheren Preis erzielen müssen. Dieser Weg ist die einzige Alternative, und ihn müssen wir gehen.
Der Erhalt der Kulturlandschaft, meine Damen und Herren, mit ihrer Artenvielfalt ist die Voraussetzung für einen funktionierenden Tourismus; ich habe das bereits gesagt. Deswegen, Herr Minister, wird es eine Ihrer zentralen Aufgaben sein, den Naturschutz vom Katzentisch wieder an den Kabinettstisch zu holen.
Ihre Vorgängerin hat sich nur auf die Landwirtschaftsabteilung gestützt. Ich glaube, sie wusste gar nicht, dass es in ihrem Haus auch eine Naturschutzabteilung gibt. Wenn sie es wusste, hat sie sie quasi weggesperrt.
Wenn man die Leitlinien liest, sieht man, dass sich die Klage über den Geldmangel wie ein roter Faden durch sie hindurch zieht. Ich zitiere: „Die Ausgaben des Landes in den vergangenen zehn Jahren spiegeln nicht den tatsächlichen
Bedarf wider.“ Mehr Naturschutz heißt also für Sie, Herr Minister: Sie müssen bei den Haushaltsberatungen auch für mehr Geld kämpfen; denn alles, was wir wollen, braucht natürlich eine Anschubfinanzierung.
Dazu kann ich Ihnen übrigens mitteilen: Die Bundesregierung will im Zuge der Agrarwende 13 Modellregionen ausweisen, für die es jährlich 20 Millionen DM gibt.
Wir werden dabei Seite an Seite mit Ihnen dafür kämpfen, dass möglichst viel Geld nach Baden-Württemberg kommt.
Die Ökologisierung der Landwirtschaft, meine Damen und Herren, ist aktiv betriebener Naturschutz. Wir sollten doch nicht so tun, als ob bei uns alles in Ordnung wäre. Die Akademie für Technikfolgenabschätzung hat festgestellt: Seit 1980 wurden in Baden-Württemberg 800 Brunnen wegen zu hoher Nitratbelastung geschlossen, und das trotz SchALVO, trotz Wasserpfennig und trotz MEKA. Ist das Nitrat etwa vom Himmel gefallen, Herr Minister? Ich glaube, allein die Tatsache, dass 800 Brunnen wegen zu hoher Nitratbelastung geschlossen wurden, zeigt – –
(Abg. Hauk CDU: Wann ist denn die SchALVO in Kraft getreten? 1988 gegen Ihren Widerstand! Und MEKA 1992 gegen Ihren Widerstand!)
Ich werde Ihnen das in der zweiten Runde noch erläutern, Herr Haas. Ich hatte eigentlich gedacht, Sie wüssten davon ein bisschen mehr.
(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Dem Haas brauchst du es nicht zu erläutern; der versteht es nicht! – Abg. Bebber SPD: Der Haas ist ein hoffnungsloser Fall; da nützt es nichts, das zu erläutern!)
Ich werde auch zu dem kommen, was eigentlich für BadenWürttemberg im Zusammenhang mit der Umsetzung der Bundesnaturschutznovelle auf Bundesebene wichtig wäre.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Walter, Sie bauen jetzt wieder einen Popanz der alten Art auf. Sie beklagen, dass im Nitrat-Bereich seit 1980 alles schlechter geworden ist. Sie sagen dabei nicht, dass die SchALVO und damit eine
Verbesserung der Grundwassersituation erst 1988 – und das gegen Ihren ausdrücklichen Widerstand – eingeführt wurde.
Sie sagen auch nicht, dass der MEKA erst 1992 gegen den ausdrücklichen Widerstand der Opposition eingeführt wurde und damit überhaupt erst die Basis für einen grundlegenden Flächenschutz geschaffen wurde.
(Abg. Kiefl CDU: So ist es! – Abg. Dr. Caroli SPD: Das stimmt doch gar nicht! – Abg. Walter GRÜNE: Völliger Blödsinn! – Abg. Bebber SPD: Das hat er nicht mitgekriegt!)
Auf die Nachahmung des Beispiels Baden-Württembergs in anderen Ländern, insbesondere in denen, in denen Sie mitregieren, warten wir bis heute immer noch.
Ich will dabei gar nicht ablenken und auf andere Länder verweisen. Wir wollen uns schon mit dem eigenen Land beschäftigen, Herr Kollege Walter.
Das Dritte, was Sie jetzt wieder als Riesenchance dartun, ist genau das, was die CDU – in der großen Koalition mit der SPD, in der vergangenen Legislaturperiode mit der FDP/DVP – aus eigener Initiative und ohne Zutun der Grünen eingeführt hat, nämlich den Bereich PLENUM.
Herr Kollege Salomon, keine Geschichtsklitterung! Schauen Sie einmal in den Protokollen nach. Wir bleiben schon bei den Tatsachen und bei der Wahrheit.