Wir wollen rechtliche Hindernisse, die dem gemeinsamen Leben und der gegenseitigen Fürsorge in gleichgeschlechtlichen Beziehungen im Wege stehen, ebenfalls so rasch
wie möglich beseitigen. Aber, Frau Kollegin Lösch, wir sind entschieden gegen die Gleichstellung mit dem Institut der Ehe.
Wenn Sie bei diesem Thema einfach so flapsig sagen: „Das Verfassungsgericht hat sich eindeutig auf die Seite des Gesetzgebers geschlagen“ – dies haben Sie eben wörtlich gesagt –, dann bitte ich Sie, erst einmal die Entscheidung zu lesen.
Zweitens: Unterschlagen Sie bitte nicht, dass drei Verfassungsrichter ein Dissenting Vote abgegeben haben. Das ist äußerst selten.
Sie sollten deshalb dem Verfassungsgericht und diesen drei Verfassungsrichtern mehr Respekt entgegenbringen.
Lieber Kollege Oelmayer, ich weiß nicht, ob Sie in Ihrer juristischen Ausbildung, als es um das Bundesverfassungsgericht ging, gefehlt haben.
Sie sollten wissen, dass das Institut des Dissenting Vote im Anschluss an ein Gutachten eines führenden Verfassungsrichters extra ins Bundesverfassungsgerichtsgesetz geschrieben wurde, um die abweichenden Meinungen auch öffentlich kundzutun. Das haben der Vizepräsident und zwei weitere Verfassungsrichter gestern getan,
(Abg. Oelmayer GRÜNE: Jetzt akzeptieren Sie doch die Mehrheitsentscheidung! – Gegenruf des Abg. Rech CDU: Ihr tut gerade so, als sei das eine Entscheidung!)
und dies aus guten Gründen. Wir respektieren die Mehrheitsentscheidung, aber ich will hinzufügen: Wenn alles beliebig ist, hat nichts mehr einen besonderen Wert.
(Abg. Zeller SPD: Sie sind doch weiterhin ge- schützt! – Abg. Bebber SPD und Abg. Dr. Salo- mon GRÜNE: Das bleibt auch so!)
Uns geht es darum, dass es nicht zu einer beliebigen Gleichstellung kommt, wobei wir uns dennoch klar – da gibt es überhaupt keinen Dissens – gegen jede Diskriminierung wenden und Toleranz für uns einen wichtigen Wert bedeutet.
Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich Achtung vor der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers geäußert, und das Bundesverfassungsgericht hat in meinen Augen zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht zum Ersatzgesetzgeber werden darf. Das ist derzeit sehr wohl ein Problem. Aber das haben Sie ausgelöst, indem Sie polarisieren. Das ist doch das Problem.
(Abg. Bebber SPD: Wer hat denn das Gericht an- gerufen? – Abg. Walter GRÜNE: Wir haben doch nicht polarisiert! – Abg. Bebber SPD: Wer hat das Gericht angerufen? – Abg. Oelmayer GRÜNE: Wer hat die Verfassungsbeschwerde eingelegt?)
Hören Sie erst einmal zu, Kollege Walter! Was ich damit sagen will, ist folgender Gedanke: Es hätte uns allen gut getan – die FDP hat zum Beispiel einen Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht –,
Das hätte den gleichgeschlechtlichen Paaren mehr geholfen, als das Gesetz im Schnelltempo in zwei Teile zu zerlegen und die wesentlichen Fragen im Zustimmungsteil, die im Bundesrat hängen, nicht zu lösen. Das ist doch das Problem, das wir vor uns haben.
Herr Kollege Salomon, ich will Ihnen eines sagen: Die Steuerfreiheit bei unterhaltsrechtlicher Absetzbarkeit ist doch bei jeder Ehescheidung das entscheidende Thema.
Beispielsweise kann man Unterhalt steuerlich absetzen. Das haben Sie alles abgekoppelt, weil Sie das Gesetz in zwei Teile zerlegt haben, um die Frage der Zuständigkeit des Standesamts nicht entscheiden zu müssen. Warum haben Sie das getan? Um mit diesem Teil nicht in den Bundesrat gehen zu müssen.
Lieber Kollege Birzele, Sie kennen doch die Problematik der Umgehung. Hier hätte man in einer Einheit arbeiten können.
(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Ihr wolltet doch in dem Bereich gar nichts machen! Wie will man denn einen Konsens machen, wenn man sich nicht bewegt? – Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie wollten doch gar nichts!)
Der Innenminister des Landes Baden-Württemberg hat gestern alle Fragen, die für Sie von Relevanz sind, klar beantwortet. Er überträgt die Aufgabe den Landkreisen. Er hat auch die Fragen in Ihrem Antrag klar beantwortet.
Ich meine, das Entscheidende bei diesem Thema ist die Frage der Toleranz im Alltag. Wir meinen, homosexuelle Menschen und Lebensgemeinschaften haben in unserer Gesellschaft Anspruch auf Nichtdiskriminierung. Wo insofern Defizite bestehen, sind dies in der Regel nicht Fragen des Rechts, sondern des alltäglichen Umgangs in der Gesellschaft.
Derartigen Problemen mit Mitteln des Rechts begegnen zu wollen ist darum oft mehr ein Ausweichen vor dem Problem als ein Beitrag zu seiner Lösung.
Die Gesellschaft selber ist hier aufgerufen. Dass nicht etwa die sexuelle Orientierung, sondern die menschlichen Qualitäten, Leistungen und Beiträge zum gesellschaftlichen Ganzen Kriterien für die Bewertung von Personen sein können,
Ich bin deshalb der Meinung, dass es vor allem darum gehen wird, dass wir auch im Bundesrat zu einer Regelung – vor allem auch zu einer gemeinsamen Sprache, Frau Kollegin Lösch – kommen werden. Wir dienen den Gleichgeschlechtlichen und Homosexuellen eher, wenn wir versuchen, ihren berechtigten Anliegen Rechnung zu tragen, als wenn wir einen neuen Kriegsschauplatz eröffnen, wenn es darum geht, dass man schon jetzt Kritik übt, weil der Innenminister die Zuständigkeit auf die Landkreise übertragen hat.
wenn Sie all diese Fragen, auch die steuerlichen Fragen, in der Einheit beantworten und nicht einen solchen Siegestaumel vollführen, sondern sagen: Warten wir einmal die Hauptsacheentscheidung des Bundesverfassungsgerichts ab, warten wir einmal den Vermittlungsausschuss ab, und bemühen wir uns alle gemeinsam im Sinne der Betroffenen um eine Konsenslösung. Damit dienen wir den Menschen viel mehr.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Also, Herr Reinhart, wenn diese Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren jetzt andersrum ausgegangen wäre,
(Abg. Hillebrand CDU: Dann wäre es gut gewe- sen! – Heiterkeit – Abg. Wacker CDU: Dann hät- ten wir auch nichts dagegen!)