Protocol of the Session on November 11, 2004

Sozialdemokratische Oberbürgermeister haben mir in den letzten Tagen in großer Zahl geschrieben. Sozialdemokraten, die in unserem Land Gewerkschaftssekretäre sind, haben mir geschrieben.

(Abg. Drexler SPD: Was haben sie geschrieben?)

Mir haben Bürger geschrieben, die im ersten Satz schreiben, sie seien keine Wähler der CDU, sondern sie hätten immer SPD gewählt.

(Abg. Drexler SPD: Aber?)

Alle drei Gruppierungen haben meine Arbeit in einer Weise gewürdigt,

(Abg. Capezzuto SPD: Schreiben die CDU-Leute nicht mehr? – Heiterkeit bei der SPD)

wie ich es nicht für möglich gehalten habe.

(Abg. Göschel SPD: Nachrufe sind immer positiv!)

(Ministerpräsident Teufel)

Sie haben den Angriff gewählt, wie wir es von Ihnen gewohnt sind. Aber Sie schaffen so kein Vertrauen, und Sie schaffen so auch keine Mehrheiten in unserem Land.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Menschen sind angewidert von der Art solcher Debatten,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der FDP/DVP und der Grünen – Unruhe)

sie wenden sich zunehmend von der Politik ab und gehen in die Wahlenthaltung.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass ich bis zum 31. Mai 2006 vom Landtag gewählt bin.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Ein Blick in die Verfassung zeigt Ihnen auch, dass Sie mit einer Mehrheit im Landtag diese Zeit verkürzen können, indem Sie einen anderen Ministerpräsidenten wählen.

Sie wissen auch, dass Sie mit Ihrem Antrag gar nichts bewirken können –

(Abg. Klenk CDU: Ja!)

so wie Sie mit vielen Aktuellen Debatten und Anträgen nichts bewirken. Sie fügen eine weitere Debatte und einen weiteren Antrag hinzu.

Im Übrigen: Ein bisschen Respekt vor der Verfassung, vor den Institutionen und den gewählten Repräsentanten würde unserem Gemeinwesen nicht schaden, sondern nützen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lebhafte Zurufe von der SPD und den Grünen – Glocke des Präsidenten)

Ihr Antrag ist mit der kommenden Haushaltsdebatte begründet.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Die Begründung mit dem Haushalt 2005/2006 ist an den Haaren herbeigezogen.

(Unruhe)

Dieser Entwurf des Doppelhaushalts ist der Entwurf des Finanzministers und des Ministerpräsidenten. Er ist aber nicht der Entwurf nur des Finanzministers und des Ministerpräsidenten, sondern er wurde auch in der Koalitionsrunde beraten

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: So ist es!)

und ist der Entwurf der Führung dieser Koalition.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Er wurde im Kabinett mehrfach beraten, und deshalb handelt es sich um den Entwurf der Landesregierung. Dieser

Entwurf wurde in den Grundlinien und in den wesentlichen Teilen in beiden Koalitionsfraktionen mehrfach beraten und hat deshalb auch die Unterstützung der Regierungsfraktionen.

Das Rad wird in den nächsten Monaten der Haushaltsberatungen nicht neu erfunden werden, und es kann angesichts der Einnahmeausfälle aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung sowie der hohen Arbeitslosigkeit auch gar nicht neu erfunden werden.

Meine Damen und Herren, ich selbst habe mich entschieden, zum 19. April 2005 mein Amt zur Verfügung zu stellen.

(Abg. Teßmer SPD: Nur Konzilien können irren!)

Das Datum ist nicht willkürlich gewählt, sondern hat sachliche Gründe

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Welche?)

und entspricht ganz genau dem Grundsatz, den Sie zitiert haben, den ich auf andere angewandt habe und auch gegen mich selbst anwende: zuerst die Interessen des Landes und dann eigene Interessen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: So eine Heuchelei!)

Ich will in diesen verbleibenden fünf Monaten noch abschließen, was abzuschließen ist. Zwar kann man nie etwas vollständig abschließen, aber ich will das abschließen, was abzuschließen ist. Dafür nenne ich Ihnen einige Beispiele von Aufgaben, die ich in den nächsten Monaten angehen möchte.

Die Arbeit der Föderalismuskommission tritt in ihre entscheidende Phase, ist mit dem gestrigen Tag in die entscheidende Phase getreten. Ich sehe eine ganz wichtige Aufgabe darin und habe ein ganzes Jahr lang sehr viel Zeit in diese Föderalismuskommission investiert. Ich glaube – das habe ich gestern dargetan –, dass für die Länder insgesamt und für das Land Baden-Württemberg davon außerordentlich viel abhängt.

Die Schlusssitzung für die Grundgesetzänderungen ist für den 17. Dezember dieses Jahres vorgesehen. Gestern ist aber im Leitungsgremium gesagt worden: Dort soll es nur um die Verfassungsänderungen gehen. Alle Fragen unterhalb der Änderung der Verfassung werden bis zum 17. Dezember dieses Jahres nicht bewältigt werden können, sondern werden anschließend beraten werden müssen.

(Abg. Zeller SPD: Das hat er vorher schon ge- wusst!)

Dann geht der Bericht – ich hoffe, es kommt zu einer Verfassungsänderung – an den Bundestag und an den Bundesrat. Dann müssen die Vorschläge dort beraten und umgesetzt werden.

Das Zweite: die Beratung der Europäischen Verfassung. Die Bundesregierung hat den Entwurf nach der Vertragsunterzeichnung in Rom in der letzten Woche unterzeichnet und gibt ihn jetzt in den Bundestag und in den Bundesrat.

(Ministerpräsident Teufel)

Im Bundesrat geht es nicht einfach um eine Ja-Nein-Entscheidung, die in einer Sitzung erledigt wäre, sondern es geht um die Umsetzung der Rechte für die zweite Kammer in Deutschland. Hierzu gibt es einen Verfassungsentwurf, und es gibt mündliche Inaussichtstellungen des zuständigen Außenministers – nicht einmal der Bundesregierung – an die Länder. Es geht also um die Frage der Subsidiaritätskontrolle durch beide Kammern für jeden einzelnen Gesetzentwurf, der künftig von Europa kommt – in den ersten sechs Wochen vonseiten der Kommission. Es geht um die Absicherung des Klagerechts des Bundesrats und der einzelnen Länder vor dem Europäischen Gerichtshof. Nach der Verfassung kann ausschließlich die Bundesregierung klagen.

(Abg. Zeller SPD: Das kann nur der Teufel! – Ge- genruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Er war im- merhin Konventsmitglied! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Na und?)

Wir müssen jetzt im Rahmen des Ratifizierungsverfahrens die Rechtsgrundlagen schaffen. Jetzt haben wir noch einen Hebel dafür. Nach der Ratifizierung haben die Länder keinen Hebel mehr. Wir müssen jetzt die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass auf einen Beschluss des Bundesrats die Bundesregierung Klagen an den Europäischen Gerichtshof weiterreichen kann. Nachdem ich mich wirklich intensiv dafür eingesetzt habe, dass das Subsidiaritätsprinzip in der Europäischen Verfassung stärker berücksichtigt wird als bisher,

(Abg. Fischer SPD: Das kann niemand anders wei- termachen!)