(Abg. Wieser CDU: Schämen Sie sich nicht? – Abg. Röhm CDU: Eine Unverschämtheit ist das! – Weitere Zurufe von der CDU)
Wenn die Sozialdemokraten hier so etwas machen würden, wie Sie es machen – ich weiß nicht, was Sie dann sagen würden, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Vor diesem Hintergrund möchte ich mich noch einmal auf das beziehen, was Sie bei Ihrer Rückzugserklärung am 25. Oktober gesagt haben:
Für mich gelten die Prioritäten: Zuerst das Land, für das wir gewählt sind. Dann die Partei, für die wir Verantwortung tragen, und erst dann persönliche Anliegen.
Sie drehen diesen zeitlichen Ablauf in Ihrer Vorstellung völlig herum und stellen die Reihenfolge auf den Kopf. Denn zuerst kommt ja wohl – das dämmert uns ja langsam – das persönliche Anliegen, nämlich mit absoluter Sicherheit zu verhindern, dass Günther Oettinger Nachfolger wird. Deswegen fördern Sie Frau Schavan. Das ist Ihr ursprüngliches Anliegen, Ihr persönliches Anliegen. Was Sie dann mit Ihrer Partei machen, das zu beurteilen ist nicht unser Bier. Aber dass Sie mit dieser Strategie dem Land Baden-Württemberg sechs Monate eine handlungsunfähige Regierung bescheren, ist wohl jedem klar.
Ich möchte das am Beispiel des Haushalts deutlich machen. Wir haben einen katastrophalen Doppelhaushalt, der für das Jahr 2006 einen gegenüber 1996 um über 70 % angestiegenen Schuldenstand vorsieht: Im Jahr 1996 hatten wir einen Schuldenstand von 25 Milliarden € und planen für das Jahr 2006 einen Schuldenstand in Höhe von 44 Milliarden €. Der Haushalt sieht katastrophal aus; wir werden die bis 2017 zu erwartenden Zinsforderungen verkaufen.
In diesem Zusammenhang kann es doch nicht so sein, Herr Ministerpräsident, dass Sie die Richtlinien vorgeben und die Grundlagen legen und sich dann anschließend im April im Grunde genommen verabschieden. Es muss doch anders herum sein, dass nämlich Ihr Nachfolger oder Ihre Nachfolgerin noch Einfluss auf diesen Haushalt nehmen kann und im Grunde genommen das, was er oder sie sich vorstellt,
Deswegen sagen wir noch einmal, Herr Ministerpräsident: Treten Sie jetzt zurück, es ist eine Chance. Denn wir glauben, dass es auch für Sie selber bitter wird. Es wird für Sie bitter. Sie sind de facto Ministerpräsident, und ab dem Moment, zu dem Ihre Nachfolgerin oder Ihr Nachfolger gewählt worden ist, wird alles an Ihnen vorbeilaufen. Sie werden bis April der einsamste Mensch sein.
Ob Sie sich das antun wollen, wage ich zu bezweifeln. Das zu klären ist nicht unsere Aufgabe; das müssen Sie mit selbst sich ausmachen. Aber dass Sie dem Land dies antun wollen, dass es zwei unterschiedliche Machtzentren gibt, Herr Ministerpräsident, das halten wir für falsch. Wir haben seit dem letzten Jahr erlebt, wie unglücklich das alles gelaufen ist und dass man aus lauter Rücksicht auf Sie zum Beispiel bei der Verwaltungsreform oder bei anderen Dingen einfach keine Reformen gemacht hat. Das wird so weitergehen, und das kann das Land Baden-Württemberg bei der jetzigen finanziellen Lage nicht ertragen, Herr Ministerpräsident.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ihr Antrag unterstellt mangelnde Führung und mangelnde Handlungsfähigkeit der Regierung und der Regierungskoalition in Baden-Württemberg. Diese Unterstellung ist nahe liegend, durchsichtig und falsch.
(Beifall bei der CDU – Abg. Göschel SPD: Die ist richtig! – Abg. Drexler SPD: „Nahe liegend“ ist gut! – Zuruf des Abg. Stickelberger SPD)
Zweitens: Über den Inhalt des Haushaltsentwurfs werden wir im Dezember und im Januar streiten. Da gibt es in der Tat spannende Themen. Aber der Haushalt wird termingerecht und umfassend vorgelegt, wie im Übrigen die Legislative und die Exekutive in Baden-Württemberg in den letzten Jahren unter der Führung von CDU und FDP/DVP in der Regierung Erwin Teufel hervorragend zusammengewirkt haben und dies auch in den nächsten 20 Wochen tun werden.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Fischer SPD: Das war „nahe liegend“! – Weitere Zurufe von der SPD, u. a.: „Im Grunde genommen“!)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Antrag der SPD genau liest, erkennt man darin ein merkwürdiges Verständnis der Aufgabenverteilung beim Haushalt. Bisher habe ich von der Opposition immer gehört, dass die Legislative sozusagen viel zu kurz komme. Ich darf Ihnen sagen: Die Regierungsfraktionen arbeiten in einer stabilen, konstruktiven Weise zusammen,
(Lachen und Widerspruch bei der SPD – Zurufe, u. a. Abg. Fischer SPD: Das glauben Sie doch sel- ber nicht!)
um einen Haushalt vorzubereiten, der nicht die Legitimation eines Einzelnen, sondern die Legitimation einer Mehrheit hier in diesem Parlament haben muss und haben wird.
Und da darf man, liebe Kollegen und Kolleginnen von der Opposition, insbesondere von der SPD, nach dem, was man schon im Vorfeld hört, gespannt sein. Wenn Sie dann so vehement argumentieren wie gerade in der vorherigen Debatte, als Sie auf die strukturellen Probleme unseres Haushalts eingegangen sind – – Ich höre von Ihnen im Vorfeld in Bezug auf die bisherigen Vorlagen zum Haushalt nur, was Sie an Kürzungen nicht wollen, ich höre aber überhaupt keine Vorschläge, wo Sie zu strukturellen Einsparungen kommen wollen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Wo sind denn Ihre Privatisierungsvorschläge? Sprüchemacher! – Abg. Teßmer SPD: Bleiben Sie besser Zahnarzt!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, für das Amt des Ministerpräsidenten ist ein Stabwechsel vorgesehen.
Die Kollegen von der CDU und der Ministerpräsident haben einen Zeitplan vorgelegt, der vernünftig scheint.
Er scheint deshalb vernünftig, weil alle handelnden Personen mit diesem Zeitplan einverstanden sind. Von daher, denke ich, steht es niemandem an, daran zu rütteln.
(Abg. Drexler SPD: Weil Sie nichts weiter dazu sa- gen können! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Es geht nicht um die Person!)
Ich darf nur abschließend sagen: Herr Drexler, Sie haben ja nun wirklich gute Erfahrungen in der Veranstaltung von Treibjagden, wenn es um Personen geht.
(Widerspruch und Unruhe bei der SPD – Abg. Sti- ckelberger SPD: Sie verschleißen ja selbst Ihren Ministerpräsidenten! – Weitere Zurufe von der SPD, u. a.: Wer hat denn den Ministerpräsidenten weggemobbt?)
Ich empfinde das im Augenblick wirklich als eine Treibjagd gegen den Ministerpräsidenten Erwin Teufel, um ihn vorzeitig, obwohl ein klares Szenario vorhanden ist, aus dem Amt zu jagen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Lachen bei Abgeordneten der SPD – An- haltende Unruhe – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Schmiedel: Wer hat da gemobbt? – Abg. Capezzu- to SPD: Wo sind die Mobbings? – Glocke des Prä- sidenten)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Noll, wir veranstalten hier keine Treibjagd gegen den Ministerpräsidenten. Die Treibjagd hat auf dem letzten Parteitag der CDU begonnen, als ein knappes Viertel der dortigen Mitglieder dem Ministerpräsidenten das Vertrauen nicht geschenkt hat.
Ich meine, bei uns wäre das eigentlich ganz normal; wenn man 75 % bekommt, ist man eigentlich vergnügt und froh. Aber bei der CDU beginnt damit offensichtlich eine Treibjagd.