Protocol of the Session on November 10, 2004

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 78. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Kleinmann erteilt.

Dienstlich verhindert sind Frau Ministerin Gönner und Herr Minister Köberle sowie – am Nachmittag – der Herr Ministerpräsident.

Meine Damen und Herren, nach § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags der Landesstiftung Baden-Württemberg gGmbH kann der Gesellschafter von ihm entsandte Mitglieder des Aufsichtsrats aus wichtigem Grund abberufen.

Nachdem Herr Wirtschaftsminister Pfister, der bisher als Abgeordneter den Landtag im Aufsichtsrat vertreten hat, als Vertreter der Landesregierung in den Aufsichtsrat der Landesstiftung entsandt werden soll, hat das Finanzministerium mit Schreiben vom 1. September 2004 gebeten, für ihn die Benennung eines neuen Mitglieds durch den Landtag zu veranlassen.

Die Fraktion der FDP/DVP hat in Absprache mit der Fraktion der CDU, der dieser Sitz an sich zusteht, Herrn Abg. Dr. Noll als Nachfolger für Herrn Wirtschaftsminister Pfister für den Sitz im Aufsichtsrat der Landesstiftung vorgeschlagen.

Ich gehe davon aus, dass Sie diesem Wahlvorschlag zustimmen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Meine Damen und Herren, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. – Auch dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Rechnungshofs vom 1. Oktober 2004 – Beratende Äußerung zu „Kostenorientierte Optimierung der Wirtschaftsförderung in Baden-Württemberg“ – Drucksache 13/3641

Überweisung an den Wirtschaftsausschuss und federführend an den Finanzausschuss

2. Schreiben des Staatsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg vom 4. Oktober 2004, Az.: GR 2/04 – Normenkontrollverfahren auf Antrag von 44 Mitgliedern der SPD-Landtagsfraktion betr. § 36 Abs. 1 Satz 3 LMedienG

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

3. Mitteilung des Rechnungshofs vom 29. Oktober 2004 – Beratende Äußerung zur Bauunterhaltung und zum Sanierungsbedarf der Universitätsgebäude – Drucksache 13/3725

Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst und federführend an den Finanzausschuss

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gebe ich bekannt, dass die Fraktionen übereingekommen sind, die Tagesordnung auf Wunsch des Ministerpräsidenten um einen neuen Punkt 1 – a) Zustimmung des Landtags zur Berufung von Herrn Ulrich Müller zum Minister im Staatsministerium und für europäische Angelegenheiten, b) Vereidigung des Ministers – zu ergänzen. – Ich sehe gegen die Ergänzung der Tagesordnung keinen Widerspruch. Sie sind damit einverstanden.

Damit können wir jetzt in die Tagesordnung eintreten.

Ich rufe den neuen Punkt 1 der Tagesordnung auf:

a) Zustimmung des Landtags zur Berufung von Herrn Ulrich Müller zum Minister des Staatsministeriums und für europäische Angelegenheiten

b) Vereidigung des Ministers

Ich erteile dazu dem Herrn Ministerpräsidenten das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgrund von Artikel 46 Abs. 2 der Landesverfassung habe ich Herrn Ulrich Müller, Mitglied des Landtags, zum neuen Minister für den Geschäftsbereich des Staatsministeriums und für europäische Angelegenheiten berufen. Ich bitte den Landtag, der Berufung von Herrn Ulrich Müller als neues Regierungsmitglied gemäß Artikel 46 Abs. 4 der Landesverfassung zuzustimmen.

Ich danke Ihnen und bitte Sie um eine gute Zusammenarbeit mit dem neuen Minister.

An dieser Stelle danke ich Herrn Dr. Christoph Palmer für seine gute Arbeit für unser Land und für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Regierung und Parlament.

Meine Damen und Herren, da es nach dem Willen der Opposition eine Debatte über die Notwendigkeit eines Europaministers geben soll, gegen die ich überhaupt nichts habe, füge ich hinzu:

(Abg. Birzele SPD: Dieses Europaministers!)

(Ministerpräsident Teufel)

Keinen Tag kann diese Aufgabe unbesetzt sein. Wir müssen endlich begreifen, dass für unser Land von der Europapolitik in Brüssel und Straßburg so viel abhängt wie von der Bundespolitik in Berlin. Die Europapolitik darf deshalb nicht das fünfte Rad am Wagen sein, das nebenher erledigt wird. Keinen Tag dürfen wir die Zusammenarbeit mit den ost- und südosteuropäischen Nachbarländern vernachlässigen. Hier geht es um Arbeitsplätze und um eine gute wirtschaftliche Entwicklung Baden-Württembergs.

Im Übrigen erfordert die Medienpolitik wie die Koordinierung der Landespolitik einen Minister im Staatsministerium. Minister Palmer hat sehr gute Arbeit geleistet. Sie muss nahtlos fortgesetzt werden. Deshalb habe ich den erfahrenen Kollegen Ulrich Müller zum Nachfolger berufen. Es wird in der Führung dieses Landes kein Gang zurückgeschaltet; vielmehr bringen wir dieses Land weiter mit voller Kraft voran.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, vor der Berufung des Ministers eine Aussprache zu führen. Dafür schlägt die SPD eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion, gestaffelt, vor.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich erteile das Wort Herrn Abg. Drexler.

Herr Präsident, wir haben dem Herrn Ministerpräsidenten zugesagt, dass wir es kurz, aber nicht gnädig machen, weil er ja heute noch nach Berlin zu einer Sitzung der Föderalismuskommission fliegt.

Als wir, Herr Kretschmann und ich, das am vergangenen Donnerstag in Berlin vom Herrn Ministerpräsidenten erfahren haben, waren wir zuerst der Auffassung, dass er lediglich die Aufgaben des Herrn Palmer verteilt. Das wäre ja auch ordnungsgemäß gewesen; denn, Herr Ministerpräsident, Sie haben gerade gesagt, keinen Tag könne die Europapolitik in Ihrem Staatsministerium ohne Betreuung betrieben werden, keinen Tag könne die Medienpolitik daniederliegen. Im Staatsministerium gibt es zwei Staatssekretäre, Sie selber sind dort, das Staatsministerium hat, glaube ich, in den letzten paar Jahren 18 neue Stellen bekommen.

(Abg. Capezzuto SPD: Jesses!)

Das Staatsministerium ist personell so ausgerüstet, dass Sie die letzten fünf Monate Ihrer Amtszeit – ich hoffe immer noch, dass Sie den Mut haben, diese Zeit abzukürzen – wirklich ohne neuen Staatsminister in diesem Land hätten auskommen können.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich bin ja dafür bekannt, dass mir der Spott nicht ausgeht und auch der Atem nicht stockt, aber jetzt ist dieser Fall eingetreten; denn ich halte es für einen unglaublichen Vorgang, für fünf Monate einen neuen Minister zu berufen, einen Minister – –

(Unruhe bei der CDU – Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Natürlich ist das ein neuer Minister! Herr Müller ist vor drei Monaten entlassen worden, weil man ihn nicht mehr brauchte, und jetzt holt man ihn wieder zurück, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Herrmann CDU: Seid doch froh, dass er et- was schafft für seine Pension!)

Dann die Frage: Was zeichnet ihn als Medienminister oder Europaminister aus? Als Medienminister zeichnet ihn überhaupt nichts aus.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Unruhe bei der CDU – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ja, ja. Er hat selbst einmal gesagt, er sei medienscheu. Das zeichnet ihn aus: Er ist medienscheu.

Das Zweite: Dass er nun innerhalb von fünf Monaten, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Strippenzieher für die Europapolitik wird, glaubt doch im Ernst auch niemand in der CDU-Fraktion. Das glaubt doch niemand im Ernst!

Fachlich gibt es also überhaupt keinen Grund. Im Grunde geht es um das, was die Zeitungen heute erwähnen: Herr Teufel hat sein Vorfeld wieder mit jemandem besetzt, der seine Vorstellungen von der Nachfolgefrage teilt.

(Abg. Schmiedel SPD: Genau! Das ist es!)

Genau das war offensichtlich der Grund dafür, dass er jetzt Herrn Müller zum Minister des Staatsministeriums berufen hat.

Im Übrigen, Herr Ministerpräsident: Schauen Sie sich einmal den neuen Haushalt an! Es handelt sich um einen Haushalt, der den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Organisationen viele Zumutungen auferlegt. Es gibt Organisationen, die aufgrund von Kürzungen möglicherweise Einrichtungen schließen müssen. Die Schulsozialarbeit hängt in der Schwebe. Die Universität Konstanz wird zwischen Weihnachten und Neujahr deshalb nicht öffnen können, weil sie kein Geld mehr für den Strom für die Beleuchtung hat. All dies passiert in diesem Land. Da hätte es Ihnen doch gut angestanden, einmal fünf Monate lang auf einen Minister zu verzichten.