Protocol of the Session on October 7, 2004

Meine Damen und Herren, was kann das Land Baden-Württemberg tun? Es geht, wie gesagt, um 3 800 neue Ausbildungsplätze,

(Abg. Wintruff SPD: Nein, es geht nicht darum!)

es geht um 3 200 neue Praktikantenplätze. Diese Ziele sind inzwischen schon allesamt übertroffen; diese Ziele sind erreicht.

(Abg. Dr. Birk CDU: Hört, hört! – Abg. Wintruff SPD: Mit manipulierten Zahlen! Mit fast gefälsch- ten Zahlen!)

Zweitens: Das Land hat sich verpflichtet, für das Jahr 2005 zusätzliche Ausbildungsplätze im dualen Bereich, also in der öffentlichen Verwaltung, zur Verfügung zu stellen. Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass das Land BadenWürttemberg hier seiner Aufgabe nachkommen wird.

(Zurufe von der SPD)

Drittens: Ich will darauf hinweisen, dass das Land BadenWürttemberg die Förderkonditionen bei den so genannten Wirtschaftswerbern verbessert hat, offensichtlich mit Erfolg. Die waren bisher mit einem Zuschuss von 50 % zu den Personalkosten versorgt, und der ist jetzt auf 75 % der

(Minister Pfister)

anfallenden Personalkosten aufgestockt worden. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Lehrstellenwerber zusammen mit anderen viel getan haben; das bisher positive Ergebnis hat die Richtigkeit dieser Maßnahme bestätigt. Es sind Klinken geputzt worden, es ist vieles getan worden, um zusätzliche Ausbildungs- und Praktikantenplätze zu akquirieren.

Selbstverständlich wird auch in der Zukunft das Programm fortgeführt, was die Förderung der überbetrieblichen Ausbildung und was die Förderung der Verbundausbildung angeht. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt, weil wir einfach wissen, dass nicht alle Betriebe, vor allem nicht die kleineren Betriebe, in der Lage sind, einen Ausbildungsgang über die gesamte Breite der Ausbildung anzubieten. Also fördert man überbetriebliche Verbundausbildungen. Auch dies kann zu zusätzlichen Ausbildungsplätzen führen, was ja ganz offensichtlich auch der Fall ist.

Wir werden uns insbesondere auch in den kommenden Wochen noch einmal massiv für die Bereiche einsetzen, für die im Grunde noch Ausbildungsplatzbewerber gesucht werden – zum Beispiel im Hotel- und Gaststättengewerbe –, in denen es darum geht, noch Ausbildungsplatzbewerber zu finden, weil es dort einen Mangel gibt. Wir werden uns insbesondere auch um die leistungsschwächeren Schüler kümmern. Das ist bereits geschehen. Sie wissen, dass wir da zusätzliche Angebote gemacht haben, um eben auch den schwächeren Schülern, den schwächeren Ausbildungsplatzbewerbern eine berufliche Perspektive zu geben.

Dies alles ist in der Vergangenheit gelaufen. Ich sage es noch einmal: Noch ist nicht alles in trockenen Tüchern, aber die Chancen, dass wir am Schluss zu einem ausgeglichenen Lehrstellenmarkt kommen, sehe ich nach wie vor. Wie gesagt: Die gemeinsame Nachvermittlungsaktion der Kammern und der Agenturen für Arbeit hat bereits begonnen.

Meine Damen und Herren, ich halte es für wichtig, dass wir uns in dieser Situation, in der, wie gesagt, noch nicht alles in trockenen Tüchern ist, überlegen, auch Last-Minute-Aktionen zu machen.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Herr Kollege Wintruff, es gibt zwei Möglichkeiten, Politik zu gestalten. Die erste Möglichkeit ist, es beim Jammern zu belassen, und die zweite Möglichkeit ist, dass wir uns überlegen, was wir an Maßnahmen zusätzlich zu denen, die bis jetzt erfolgreich ergriffen worden sind, hinzufügen können.

Ich schlage konkret vor – ich glaube, Kollege Hofer hat darauf hingewiesen –, dass in den Gemeinden jetzt noch kurzfristig Ausbildungsplatzbörsen durchgeführt werden. Ich habe das in einigen Gemeinden modellhaft studieren können: Da lädt entweder die Gemeinde oder eine Schule oder ein Kreditinstitut auf der einen Seite ganz konkret diejenigen Jugendlichen, die in der Gemeinde X noch keinen Ausbildungsplatz haben, ein.

(Abg. Wintruff SPD: Das hätten Sie doch schon längst machen müssen! Warum nicht im Mai oder im Juni? – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Viele Schulen machen das!)

Auf der anderen Seite werden die Unternehmer eingeladen, die noch Auszubildende suchen. Man führt eine Ausbildungsplatzbörse durch und kommt auf diese sehr konkrete Art und Weise noch zu zusätzlichen Ausbildungsplätzen.

(Abg. Capezzuto SPD: Das ist zu spät! – Abg. Wintruff SPD: So etwas macht man im Mai!)

Das alles geschieht. Aber ich rate dazu, überall in den Gemeinden Ihres Wahlkreises – –

(Abg. Wintruff SPD: Das machen wir doch!)

Wenn Sie das machen, ist es ja gut.

Ich rate sehr dazu, genau in die Gemeinden hineinzuschauen und Ausbildungsplatzbörsen auch jetzt noch anzubieten. Denn auf diese Art und Weise können selbstverständlich auch heute noch zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden.

(Abg. Wintruff SPD: Wir haben die Schönfärberei einfach satt! – Gegenruf des Abg. Drautz FDP/ DVP)

Wie gesagt, wir werden bis zum 27. Oktober, Herr Kollege Wintruff –

(Abg. Wintruff SPD: Dabei ist doch auch noch nichts herausgekommen! Das machen Sie jedes Jahr! – Abg. Seimetz CDU: Wintruff, der Miesepe- ter!)

so lange werden wir uns noch gedulden –, noch einmal die Ärmel hochkrempeln. Bis zum 27. Oktober wird all dies, was ich Ihnen vorgetragen habe, noch mit Volldampf gemacht werden. Wenn es dann noch gelingt, zusätzliche Aktionen durchzuführen, soll es mir sehr recht sein. Am 27. Oktober wird eine Zwischenbilanz gezogen, und dann werden wir sehen, was bei dieser Geschichte herauskommt. Alle werden dabei sein. Ich setze da wirklich auf die Breite der Teilnehmer im Ausbildungsbereich.

(Abg. Schmiedel SPD meldet sich zu einer Zwi- schenfrage.)

Nach dem 27. Oktober werden wir ein erstes Zwischenergebnis bekommen. Ich bin trotz aller Schwierigkeiten, die ich ja gar nicht abstreite, auch was die demografische Seite angeht – wir sind nun einmal in einer Situation, in der, demografisch gesehen, noch auf einige Jahre hinaus zusätzliche junge Leute auf den Ausbildungsmarkt kommen; das muss man wissen, das ist nun einmal so –, sehr optimistisch, dass am Ende dieser Veranstaltung das steht, was ich will, nämlich ein Ausbildungsplatz für alle jungen Leute. Das ist wichtig im Interesse der jungen Leute, aber auch im Interesse der Wirtschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, Herr Abg. Schmiedel hat noch eine dringende Zwischenfrage.

Was jetzt, wie jetzt? Sie müssen sich melden, Herr Kollege!

Er hat sich gemeldet, aber ich wollte Ihren Redefluss bei Ihrem Schlusssatz nicht unterbrechen.

Herr Kollege Schmiedel, immer!

Vielen Dank, Herr Minister. – Viele von uns, wahrscheinlich alle, sprechen ja mit vielen Unternehmern und werben – so, wie Sie das auch angemahnt haben – um jeden einzelnen Ausbildungsplatz. Wenn Sie und wir mit Unternehmern sprechen, dann hören Sie und auch wir doch erschreckend häufig: „Ich würde gerne, ich habe mir auch Bewerberinnen und Bewerber angeschaut, aber beim besten Willen: Es geht nicht.“

Meine Frage an Sie lautet: Wie hoch schätzen Sie denn den Anteil der Schulabgänger in Baden-Württemberg, die im dualen System aufgrund ihrer Qualifikation nicht ausbildungsfähig sind?

(Abg. Zeller SPD: Und was geschieht mit denen?)

Wie beurteilen Sie diese Quote? Finden Sie nicht, dass sie erschreckend hoch ist?

Ich schätze die Quote derjenigen jungen Leute, die in einem klassischen Lehrverhältnis beispielsweise einen Gesellenabschluss machen, auf etwa 85 %, und ich schätze weiter, dass plus/minus 15 % der Jugendlichen insbesondere ein Theoriedefizit haben.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Niemals!)

Sie wissen, dass wir seit Jahr und Tag empfehlen, für diese Jugendlichen einen Ausbildungsgang anzubieten, der nicht so sehr auf die theoretischen, sondern eher auf die praktischen Fähigkeiten setzt,

(Abg. Wintruff SPD: Gibt es doch!)

und zwar nach dem Baukastensystem. Das kann ja in den kommenden Jahren baukastenartig alles entsprechend aufgebaut werden. Aber ich halte es immer noch für wesentlich besser, jungen Leuten einen solchen dualen zweijährigen Ausbildungsgang anzubieten, als sie in die Arbeitslosigkeit zu entlassen, was ja im Grunde die Folge wäre.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Zeller SPD: Das ist richtig, aber wer soll das machen? – Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Das Wort erhält Frau Ministerin Dr. Schavan.

(Abg. Capezzuto SPD: Warum?)

Ganz einfach deshalb, Herr Abgeordneter, weil sie darum gebeten hat.

(Heiterkeit)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz, aber da so viel über Bildung gesprochen worden ist, glaube ich, Sie werden verstehen, dass ich jetzt darauf eingehe.

Ich beginne mit einem ganz konkreten Punkt, den Herr Kollege Hofer angesprochen hat. Es geht nicht darum, dass Schüler nur Schule erlebt haben und dann zur Kammerprüfung zugelassen werden. Es geht vielmehr um einen anderen wichtigen Punkt, für den ich in der Tat werbe, und zwar nicht nur in Baden-Württemberg. Wir haben eine steigende Zahl von guten Absolventen, zum Beispiel von Realschulen. Die besuchen erfolgreich ein zweijähriges kaufmännisches Berufskolleg. Wenn sie dann eine Lehrstelle antreten und eine duale Ausbildung aufnehmen,

(Abg. Zeller SPD: Fangen sie von vorne an!)