Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – Stromversorgung in Baden-Württemberg – Drucksache 13/3104
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion und für das Schlusswort ebenfalls fünf Minuten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich dem Wirtschaftsministerium für die ausführliche Antwort auf unsere Große Anfrage danken.
Eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen ist eine der notwendigen Grundlagen für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort. Die Strompreise sind durch die Öffnung der Strommärkte etwa um 30 % gefallen und lagen im Jahr 2000 etwa im europäischen Mittelfeld. Der Kampf um die besten Industriekunden hat die Strompreise nach unten gedrückt, und auch die Privathaushalte haben davon profitiert.
Aber keiner kann auf Dauer unter seinen Grenzkosten und damit mit Verlust arbeiten. Also gab es eine große Einkaufstour der Stromkonzerne und dadurch eine Konzentration auf dem Markt. Die Verbraucher haben ihre Möglichkeiten nicht genutzt; kaum einer hat den Anbieter gewechselt. Heute gehören unsere Strompreise wieder zu den höchsten in Europa, mit nachteiligen Konsequenzen für den Wirtschaftsstandort und insbesondere für den Mittelstand.
Die privaten Haushalte zahlen inzwischen 40 % ihrer Stromrechnung für staatlich verursachte Lasten, also EEG, Kraft-Wärme-Kopplung, Ökosteuer.
Fast den gleichen Anteil haben aber inzwischen die Netzkosten, denn bei den Netzen fand keine Liberalisierung statt; sie sind die letzten Monopole im Stromgeschäft. Vier Unternehmen besitzen ca. 80 % des deutschen Stromnetzes.
Nun fordert die EU massiv den Regulierer, weil Preisunterschiede beim Durchleitungsentgelt von bis zu 300 % natür
lich auffällig sind. Minister Clement will den Regulierer nachträglich kontrollieren lassen; die CDU, die Grünen und die Industrie wollen eine vorgelagerte Preisaufsicht.
Ein weiteres Problem: Der verstärkte internationale Stromhandel führt die Übertragungsnetze immer öfter an die Grenze der Belastbarkeit, und der geplante Bau riesiger Windparks in der Nord- und der Ostsee erfordert einen massiven Neu- und Ausbau der Übertragungsnetze. Schon kommt der Wunsch nach einem bundesweiten Ausgleich der Kosten für Regelleistungen und Netzausbau. Dies würde, meine Damen und Herren, einen weiteren Länderfinanzausgleich bedeuten, über den wir den Netzausbau in Norddeutschland finanzieren müssten.
Wir finanzieren ja schon jetzt die Infrastruktur und das Gesundheitswesen in den üblichen Nehmerländern des Länderfinanzausgleichs.
Die Belastung der Stromkunden durch das EEG steigt. Der Bundeskanzler hat ja erst kürzlich von Mitnahmeeffekten gesprochen. Bei Windrädern an ungünstigen Standorten ergibt die Einspeisevergütung zusammen mit der Abschreibung sehr wohl einen Mitnahmeeffekt, und für die immer seltener grün angehauchten Anleger ist der Klimaschutz eher ein Randkriterium: Hauptsache, der Rubel rollt, und die Stromkunden zahlen es ja.
Die CDU will, dass die Förderung schwerpunktmäßig auf den grundlastfähigen erneuerbaren Energien wie der Biomasse, der tiefen Geothermie
Ich halte auch sehr viel von dezentraler Stromproduktion. Auch viele unserer Institute forschen an der Brennstoffzelle. Auch das ist meiner Meinung nach eine gute Option für die Zukunft.
Eine ganze Reihe von Ländern plant zurzeit den Bau von Druck- oder Siedewasserreaktoren. Wir sind dabei außen
vor. Im Generation IV International Forum arbeiten zehn Länder mit, wir aber nicht. Eine ganze Forschungssparte wird uns hier verloren gehen, genauso wie bei der Biotechnologie und der Gentechnik.
Die Restlaufzeiten sind willkürlich, und ausländische Betreiber von Atomkraftwerken lauern geradezu darauf, auf den deutschen Strommarkt zu drängen.
Es gibt bis jetzt keinen haltbaren Vorschlag dafür, wie man in Baden-Württemberg, das immerhin 60 % des Stroms aus Kernenergie herstellt, bis 2012 die Leistung auch nur eines Kraftwerks durch andere Energieformen ersetzen könnte, geschweige denn die von drei Blöcken.
Der Gaspreis steigt ebenfalls, weil er an den Ölpreis gekoppelt ist. Das begreift im Übrigen kein Mensch, und es gibt auch keinen vernünftigen Grund dafür. Aber auch dadurch werden Ersatztechnologien natürlich teuer. Abgesehen davon verursachen sie mehr CO2-Ausstoß.
Auch beim Atomausstieg gibt es volkswirtschaftliche Regeln, die man beachten sollte. Unsere Wirtschaft muss laufen, damit der Sozialstaat – Renten, Gesundheitssystem, Pflege – bezahlt werden kann.
Dazu aber muss es der Volkswirtschaft gut gehen. Die Menschen müssen Arbeit haben, und die Auftragsbücher der Unternehmen müssen voll sein. Zu hohe Energiekosten bremsen eine Volkswirtschaft genauso wie zu hohe Lohnnebenkosten, und sie schädigen dadurch unsere Sozialsysteme.
Deshalb, meine Damen und Herren, brauchen wir erschwingliche Energiepreise für die Industrie ebenso wie für die Privatkunden. Volkswirtschaftliche Zusammenhänge lassen sich auch beim Atomausstieg nicht ungestraft ignorieren. Deshalb werden weder die Windräder noch die Ökosteuer den Sozialstaat retten.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! – Abg. Fleischer CDU: Sehr gut, Frau Brenner! – Abg. Wieser CDU: Sie hat Kompetenz!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt wieder eine neue Debatte. Zuerst hat es geheißen, man wolle die Kernkraftwerke nur länger laufen lassen; jetzt haben wir einen Antrag auf dem Tisch
liegen, der sogar die Option eines Neubaus von Kernkraftwerken in Baden-Württemberg offen halten will.
Jetzt hat man die Positionen von Herrn Oettinger und Frau Schavan zu einem gemeinsamen Antrag verbunden.