zur Einkommenssituation von Familien aus Sicht der Minderjährigen. Sie, die Grünen, sind diejenigen, die sonst bei Armutsberichten immer fordern, dass wir die sozial Schwächeren unterstützen. Genau dort, wo wir als Landesregierung das tun, nämlich bei der Frage der finanziell schwächer gestellten Familien, wollen Sie nun weg von der Individualförderung, wie wir sie für die sozial Schwächeren machen, hin zu einer Objektförderung. Dies kann nicht unsere Politik sein.
Um die Wahlfreiheit zwischen Familien- und Erwerbsarbeit zu stärken, ist eine Teilzeiterwerbsarbeit während des Bezugs des Landeserziehungsgeldes möglich und zulässig. Wir wollen Wahlfreiheit. Sie werfen uns vor, wir würden ideologisch argumentieren. Aber Sie sind diejenigen, die ideologisch argumentieren. Denn für Sie gibt es nur die Möglichkeit der Betreuung, und wir sagen: Das eine tun, ohne das andere zu lassen.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Die Frage ist doch, wie der Staat bei knappen Mitteln seine Prioritäten setzt!)
um Müttern und Vätern mehr Spielraum für die persönliche Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit zu geben. Das Landeserziehungsgeld unterstützt damit äußerst zielgenau junge Familien. Aber das Landeserziehungsgeld ist natürlich kein Instrument zur Förderung der demografischen Entwicklung. Kein junges Paar bekommt nur deshalb ein Kind, weil es das Landeserziehungsgeld gibt.
Meine Damen und Herren, die Realisierung des Kinderwunschs hängt von einem ganzen Bündel von Faktoren ab. Dies belegen neuere Forschungen der Familienwissenschaftlichen Forschungsstelle ebenso wie aktuelle Meinungsumfragen, zum Beispiel die Familienanalyse 2002 und die jüngst vorgestellte Studie des Allensbach-Instituts. Neben der Stabilität der Partnerbeziehung und dem persönlichen Umfeld spielen dabei die finanziellen Rahmenbedingungen, also die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die wirtschaftliche Lage, eine wichtige Rolle. Erst danach folgt das Kinderbetreuungsangebot.
Aber natürlich muss die finanzielle Unterstützung von Familien von einem bedarfsgerechten Ausbau der Kleinkindbetreuung flankiert werden. Dies ist auch ein weiterer Schwerpunkt der Familienpolitik des Landes.
Mit dem Einstieg in die Krippenförderung und mit der Förderung des Ausbaus der Strukturen in der Tagespflege soll dieses Ziel erreicht werden. Hierbei sind wir aber auch stark auf unsere Partner, die Kommunen, angewiesen. Gerade vor Ort werden eigenverantwortlich die Weichen für die Kinderbetreuung gestellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch einmal sagen: Das Landeserziehungsgeld ist die zielgenaueste familienpolitische Leistung in diesem Land. Sie gibt den jungen Familien das Geld, das sie am nötigsten brauchen.
Es darf keinen Austausch des einen gegen das andere geben. Das eine tun, ohne das andere zu lassen – diesen Grundsatz hat die Landesregierung bisher verfolgt, auch im Rahmen der „Zukunftswerkstatt Familien“. Unser Konzept lautet: „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“. Wir werden dieses Konzept im Interesse der jungen Familien auch zukünftig verfolgen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Das eine tun und das andere nicht lassen“ klingt zwar gut, aber ich denke, in Anbetracht der Haushaltssituation muss man einfach Prioritäten setzen.
Man kann nicht auf der einen Seite am Landeserziehungsgeld festhalten wollen und auf der anderen Seite sagen, man wolle die Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren ausbauen.
Wenn wir bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren bis zum Jahr 2010 eine Betreuungsquote von 20 % erreichen wollen, dann kostet das mindestens 128 Millionen €. Da möchte ich die Kolleginnen und Kollegen einmal seriös fragen, wo dieses Geld denn herkommen soll.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Alfred Haas CDU: Sagen Sie es doch! – Zuruf der Abg. Ursula Hauß- mann SPD)
Frau Kollegin Haußmann, ich möchte jetzt gerne auf das Argument eingehen, die Streichung des Landeserziehungsgeldes treffe die Ärmsten der Armen. Das Landeserziehungsgeld war nie – auch nicht für Einkommensschwache – als Einkommensersatz vorgesehen.
Das heißt, auch sozial schwache Familien werden von finanzierbaren Kinderbetreuungseinrichtungen profitieren, weil ihnen dann überhaupt erst die Möglichkeit gegeben ist, ein vernünftiges Zusatzeinkommen zu erwerben. Von monatlich 205 € zusätzlich kann niemand leben.
Letzte Woche habe ich in Tübingen mit Alleinerziehenden diskutiert. Die Alleinerziehenden sind zum Großteil ausgebildete Frauen, die sagen, sie könnten sehr wohl arbeiten und hätten auch einen Arbeitsplatz,
Wahlfreiheit ist schön und gut. Eine Wahlfreiheit existiert aber im Augenblick noch nicht. Es gibt sie erst dann, wenn man sich entscheiden kann, wenn also die Infrastruktur, die Betreuungsstruktur vorhanden ist, die es Frauen gestattet, selbst zu entscheiden, ob sie arbeiten gehen oder daheim bleiben wollen. Das ist im Augenblick nicht gegeben.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Alfred Haas CDU: Das kann man nicht verallgemeinern! – Weitere Zurufe)
Herr Kollege Klenk, wann ist die richtige Zeit zum Handeln? Ich finde, die richtige Zeit zum Handeln ist schon jetzt gekommen. Natürlich haben wir derzeit noch einen Geburtenüberschuss. Wenn man sich aber ansieht, Frau Sozialministerin, dass in den letzten drei Jahren der Geburtenüberschuss um 97 % gesunken ist, muss man sich doch überlegen, woran das liegt. Man muss darauf doch reagieren und darf das nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen.
Ich glaube, es geht nicht, dass wir beides tun. Ich glaube, man muss sich tatsächlich entscheiden, wenn eine Wahlfreiheit existieren soll. Das hat nichts mit Ideologie zu tun. Ich finde, alle – jede Frau und jeder Mann – müssen die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, ob sie zu Hause bleiben oder nicht. Diese Möglichkeit ist in Baden-Württemberg noch nicht gegeben. Wir haben nicht genügend Geld, um beides zu machen. Deshalb plädieren wir – –
(Abg. Alfred Haas CDU: Deshalb haben Sie keine Kinder! – Gegenruf des Abg. Kretschmann GRÜ- NE: Das ist unter aller Kanone! Sie sind einfach eine Dumpfbacke! – Zurufe von der SPD, u. a.: Entschuldigen! Sofort!)
Ich glaube nicht, dass es geht, beides zu machen. Man muss Prioritäten setzen; wir müssen eine politische Entscheidung treffen. Unsere politische Entscheidung ist die Umwidmung des Landeserziehungsgelds, einer Transferleistung, in die Kinderbetreuung für unter Dreijährige.
Meine Damen und Herren, der Antrag Drucksache 13/3511 ist mit dieser Aussprache erledigt und Tagesordnungspunkt 1 abgeschlossen.
Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – Stromversorgung in Baden-Württemberg – Drucksache 13/3104