Protocol of the Session on July 28, 2004

Sie wurde um eine weitere Halle mit einer Fläche von 30 000 Quadratmetern ergänzt und ist voll ausgelastet.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Bei uns wandern Messen ab!)

Bei uns wandern Messen ab, und wer einen Blick auf den Killesberg wirft und vor allem dort einmal Messen besucht, kann das auch verstehen.

(Abg. Inge Utzt SPD: Ja! In der Tat!)

Deshalb steht man ganz einfach vor der Frage: Will man mit in diesem Geschäft bleiben, ja oder nein?

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Geld spielt keine Rolle!)

Jetzt sagen Sie: Lassen Sie uns uns doch in Messen in Asien engagieren.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Das war der ei- gentliche Skandal!)

Das ist ja wunderbar. In der Messe direkt und im Umfeld der Messe entstehen Hunderte von Arbeitsplätzen im Dienstleistungsbereich, die gerade wir als produktionsstarker Wirtschaftsstandort brauchen, weil wir wissen, dass auch bei gleich bleibender Produktion dort immer weniger Leute beschäftigt sein werden.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Was für Dienstleis- tungen sollen denn da entstehen?)

Wir würden ein wichtiges Feld im Dienstleistungsbereich einfach aufgeben,

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Events entstehen da!)

und da kann ich Ihnen nicht folgen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Jetzt sind wir schon lange in einer Phase, in der die Frage um die Errichtung der Messe juristisch entschieden wird. Ich habe kein Triumphgeheul gehört, und meine Fraktion und ich würden uns schon gar nicht daran beteiligen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das wäre ja auch noch schöner!)

Denn wenn man schon den Blick zurückwirft, muss man sagen, dass es außerordentlich bedauerlich ist, dass die Messe vor dem Hintergrund dieser heftigen und leidenschaftlichen Auseinandersetzung entsteht.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Das ist bedauerlich. Ich stelle das einfach fest, ohne jetzt Schuldvorwürfe an bestimmte Adressen zu richten. Ich stelle fest: Es ist nicht gelungen – leider –, die Dinge zusammenzuführen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Ja, noch nicht mal in Ihrer eigenen Fraktion!)

Durch das Bundesverwaltungsgericht ist höchstrichterlich und endgültig entschieden worden, dass die gebietsscharfe Ausweisung der Messe im Regionalplan, also die Vorgabe, dass diese Fläche nur für die Errichtung der Messe verwendet werden darf, zulässig ist. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat jetzt festgestellt, dass das Landesmessegesetz verfassungsgemäß ist. Jetzt frage ich Sie: Ist es vor diesem Hintergrund wirklich verantwortbar, die Beteiligten direkt oder indirekt dazu aufzufordern, weiterzumachen? Sollen sie nicht besser die ausgestreckte Hand der Messegesellschaft ergreifen und sagen: „Lasst uns jetzt in das Angebot einschlagen; lasst uns das doch zusammenbringen“?

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Schmiedel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kretschmann? – Herr Kretschmann, bitte.

Herr Kollege Schmiedel, es ist Ihnen ja sicher bekannt, dass es hier um eine sensible Grundrechtsfrage geht, nämlich um die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, und um die Frage, ob es möglich ist, dass ein Unternehmen, nämlich ein Bauer, für ein anderes Unternehmen, nämlich die Messe, enteignet wird.

(Abg. Scheuermann CDU: Wir enteignen doch gar nicht! – Abg. Seimetz CDU: Das war dem Gericht auch bekannt! – Weitere Zurufe von der CDU)

Es ist Ihnen doch sicher bekannt, dass erst das Bundesverfassungsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall, nämlich dem Fall einer Teststrecke, zugunsten des Eigentumsartikels entschieden hat

(Minister Dr. Christoph Palmer: Das Gesetz war ganz anders! Die Grundlage war ganz anders! Das war doch keine öffentliche Einrichtung! – Abg. Scheuermann CDU: Das war doch ein ganz anderer Fall!)

und die Urteile aller vorherigen Instanzen damit obsolet waren. Insofern ist es doch völlig richtig, dass die Leute, die in diesem ihrem Grundrecht bedroht sind, eine solche Grundrechtsfrage auch bis zum Bundesverfassungsgericht geben. Wer soll ihnen denn sonst Recht geben?

(Minister Dr. Christoph Palmer: Dafür haben wir ein Messegesetz! Das ist eine öffentliche Einrich- tung! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Das haben wir auf der Grundlage dieses Urteils gemacht! – Unruhe)

Er hat mich gefragt.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Wir wollten nur helfen, Herr Kollege! – Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Für Boxberg gab es kein Gesetz. Das ist der Punkt. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Fall der Messe natürlich unter Berücksichtigung des Gesetzes die Rechtmäßigkeit der gebietsscharfen Ausweisung im Regionalplan festgestellt.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Er kennt die Fak- ten!)

Ich sage es Ihnen noch einmal. Sie können es ignorieren und sagen: „Ich motiviere, weiterzumachen.“ Ich motiviere nicht dazu. Ich bin froh, dass auch die Messegesellschaft nicht triumphiert, sondern im Gegenteil sagt: „Auch wenn wir es jetzt vielleicht nicht mehr nötig hätten, sind wir noch bereit, zu unserem Angebot zu stehen.“ Vor diesem Hintergrund muss man doch auch die Diskussionen sehen, die jetzt im Gemeinderat von Leinfelden-Echterdingen stattfinden. Das kann ich doch nicht ignorieren.

Deshalb wäre es, denke ich, an der Zeit, dass man noch einmal an die beiden Seiten appelliert, zu versuchen, zu einer Einigung zu kommen, mit der man leben kann. Das ist für uns das Resultat. Sie wissen so gut wie ich, dass das Anliegen dann, wenn man dem Bundesverfassungsgericht ein Signal gibt, wonach man auf eine Entscheidung wartet, bis man tätig wird, möglicherweise in einem Stapel landet. Es hindert niemand die Beteiligten daran, jetzt in einem Eilverfahren vorstellig zu werden. Es hindert niemand das Bundesverfassungsgericht. Das Bundesverfassungsgericht kann, wenn der leiseste Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit vorhanden ist, binnen Tagen einen Baustopp verhängen. Deshalb können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Ab- geordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf an das anknüpfen, was Herr Kollege Schmiedel gesagt hat. Wenn wir offen und – nehmen Sie meinetwegen auch dieses Wort – ehrlich sind, müssen wir sagen: Die politischen Entscheidungen, ob es eine Mehrheit dafür oder eine Mehrheit dagegen gibt, sind gefallen. Jetzt so zu tun und Leute zu bestärken, die darauf hoffen, dass sich ihre Interessen, mit denen sie sich im Moment auf der Verliererseite befinden, doch noch durchsetzen lassen, indem man sagt, jetzt würde politisch noch einmal anders entschieden, hieße, ihnen etwas vorzumachen. Oberstes Ziel im Umgang mit den Bürgern bei unterschiedlichen Meinungen ist, ihnen nichts vorzumachen. Das ist der erste Punkt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Der zweite Punkt ist: Wir alle wissen – in diese Diskussion will ich gar nicht mehr einsteigen, denn dazu ist schon viel

Richtiges gesagt worden –, dass die Mehrheit für diese Messe ist. Auch wir sind das übrigens konsequent, so schwer es uns auch gefallen ist, zum Beispiel auf lokaler Ebene. Wir stimmen jetzt auch kein Triumphgeheul an, wenn einige Gemeinderäte sich dort sagen lassen müssen, sie hätten einen Scherbenhaufen hinterlassen. Das ist über Gemeinderäte, die es gut gemeint haben, auch kein richtiges Urteil. Sie haben keinen Scherbenhaufen hinterlassen. Möglicherweise müssen sie nur erkennen, dass sie bei bestem Wollen nicht im Interesse der Gemeinde entschieden haben. Wir haben lokal anders entschieden, wir haben in der Region anders entschieden, wir haben im Land so entschieden, und zwar alle einheitlich. Sie von den Grünen haben genauso einheitlich entschieden: Sie haben das Projekt lokal, regional und auf Landesebene abgelehnt.

Ich will jetzt nicht noch einmal in die Diskussion darüber eintreten, wie wichtig die Messe ist. Ich sage nur den einen Satz: Sie werden in Stuttgart keine privat geführte Messe erleben, sondern wenn diese Messe am Flughafen nicht kommt, dann wird Stuttgart überhaupt keine Messe mehr haben.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: So ist es!)

Das ist der Fall; denn die Messe auf dem Killesberg ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Das ist nun einmal so.

Ihr Antrag zielt ja darauf: Jetzt entscheidet im Grunde genommen die Waagschale der Justitia, wer in diesem Streit, der schon seit langem geführt wird, Recht behält. Da gibt es kein Triumphgeschrei. Es ist absolut legitim, dass die Gegner dieser Messe alles, aber auch alles versucht haben, um ihren Standpunkt vor Gericht durchzubringen. Es ist auch legitim, dass die andere Seite ebenfalls versuchte, ihre Rechtsansicht durchzusetzen.

Allerdings – das räume ich ein, und das ist ja auch Ihr Punkt – kann die Waffengleichheit bei der Stringenz dieses Durchsetzens nicht gleich sein. Enteignungen und vorzeitige Besitzeinweisungen oder auch Eilverfahren sind die Ausnahme. Ich habe beispielsweise in einem Vierteljahrhundert Oberbürgermeistertätigkeit noch kein einziges Mal ein Enteignungsverfahren durchführen müssen, nicht einmal androhen müssen. Darüber bin ich sehr froh, denn ich weiß, welche Verletzungen dadurch entstehen. Das ist eine höchst sensible Angelegenheit. Da stimme ich Ihnen zu: Wer dabei Triumphgeschrei von sich gibt, der ist falsch beraten. Sie sollten ein solches Verhalten allerdings auch nicht unterstellen. Wir betreiben es hier jedenfalls alle nicht.

Jetzt muss ich einfach einmal sagen, was wir bei aller Sensibilität noch tun können. Wir können nicht einfach sagen: Wir verlassen unseren Rechtsstandpunkt. Wir können aber darauf eingehen, dass wir dies bei diesen Dingen als letzte Möglichkeit betrachten. Ich sehe auch: Man wird bis zum Schluss verhandeln. Das ist bei allen Enteignungen so. Es wird bis zum Schluss verhandelt. Dieses Angebot hat übrigens die Messegesellschaft nach wie vor aufrechterhalten.

Der zweite Punkt, den ich an dieser Stelle ansprechen möchte, weil Sie vorhin gesagt haben, es sei unglaublich, dass bei freiwilligen Vertragsabschlüssen andere Preise als bei Enteignungen gezahlt würden: Seit es Enteignungsge

setze gibt, ist dies überall im Land und im Bund so rechtens. Das hat übrigens auch seinen Grund. Natürlich will man einen Ansporn zu freiwilligen Abschlüssen geben. Das ist keine Erpressung, sondern das geht viel schneller. Damit ist ein Beschleunigungsfaktor eingebaut.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: 3 € sind der Be- schleunigungsfaktor, nicht 30!)