Protocol of the Session on July 14, 2004

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Meine Damen und Herren, wenn ich auf der einen Seite sehe, dass gestern in den Medien stand, dass am Automobilstandort Sindelfingen 5 000 Arbeitsplätze gefährdet sind, und mir auf der anderen Seite kleinkarierte Geschäftsordnungsdebatten in diesem Haus anhöre, dann muss ich sagen:

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Widerspruch bei der SPD und den Grünen)

Sie haben nicht erkannt, was die wirklichen Probleme sind.

(Abg. Drexler SPD: Aber Sie! – Abg. Fischer SPD: Dass das eine mit dem anderen etwas zu tun hat! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was tun Sie denn da jetzt?)

Wir sind dabei. Ich habe gestern an zwei Orten öffentlich zu dem Thema Stellung genommen, wie diese Landesregierung versucht, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft so zu verbessern,

(Abg. Drexler SPD: Wie denn?)

dass sie Arbeitsplätze halten, neue Arbeitsplätze schaffen und vor allem eine ausreichende Zahl von Ausbildungsplätzen zur Verfügung stellen kann.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Schmid und Abg. Drexler SPD: Indem der Wirtschaftsminister zurücktritt!)

Gestern hat mir der Präsident aller Industrie- und Handelskammern bei einer Wirtschaftstagung gesagt, dass die Vereinbarung, die wir zwischen Landesregierung und allen Wirtschaftsverbänden abgeschlossen haben, geradezu zu einem sprunghaften Ansteigen der Zahl der Ausbildungsplätze geführt hat – ein großer und wichtiger Erfolg, denn jeder junge Mensch muss hier einen Ausbildungsplatz finden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fi- scher SPD: Aber dazu hat die Bundesregierung auch etwas beigetragen!)

Wir haben einen Spitzenplatz bei den Schulen, und das wird von den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes auch zunehmend anerkannt.

(Abg. Teßmer SPD: Vor allem im Ganztagsbe- reich!)

Wir werden im Herbst dieses Jahres die umfassendste Hochschulreform vorlegen. Sie wird zurzeit von unserem Wissenschaftsminister erarbeitet.

Meine Damen und Herren, gestern ist bei der Tagung der Automobilindustrie, bei der der Bundeskanzler und ich gesprochen haben, über Forschungsförderung diskutiert worden. Ziel der Bundesregierung ist es, bis zum Jahr 2010 3,0 % Anteil der Forschungsförderung am Bruttosozialprodukt in Deutschland zu erreichen.

Mit Verlaub: Baden-Württemberg hat heute, im Jahr 2004, Forschungsausgaben von 4,0 %, gemessen am Bruttosozialprodukt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Fischer SPD: Sie wissen doch, dass man das nicht vergleichen kann, Herr Ministerprä- sident!)

Das aber bedeutet die Sicherung von Arbeitsplätzen in fünf und in zehn Jahren. Jeder Euro, der heute von der Wirtschaft und vom Land im Landeshaushalt für die Forschung bereitgestellt wird, ist ein Euro zur Sicherung von Arbeitsplätzen.

Unser Land arbeitet in der Forschung mit der Wirtschaft, mit den Universitäten, mit den zahlreichen Max-Planck-Instituten und mit den zahlreichen Instituten der FraunhoferGesellschaft in Baden-Württemberg aufs Engste zusammen.

Was uns ein zentrales Anliegen ist und bei den Beratungen für ein Zuwanderungsgesetz das zentrale Anliegen war, ist eine bessere Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und ihren Kindern, und zwar von solchen, die rechtmäßig hier in Baden-Württemberg leben. Diese Kinder müssen Chancengleichheit mit allen Kindern unseres Landes bekommen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Meine Damen und Herren, hier ist schon kritisiert worden, wir stellten hierfür nicht Millionen in den Landeshaushalt ein, sondern finanzierten es über die Landesstiftung. Ich kann dazu nur sagen: 15 andere Länder stellen hierfür auch nichts in den Landeshaushalt ein, aber sie haben auch keine Landesstiftung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Wir gehen auch in der Frage der Integration voran und bauen diese in den nächsten Jahren systematisch aus.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Drexler SPD)

(Ministerpräsident Teufel)

In den nächsten Monaten geht es um die Umsetzung der vom Landtag am 30. Juni beschlossenen Verwaltungsreform. Das bedeutet unglaublich viel Arbeit, nicht nur für die Landräte und Regierungspräsidenten, sondern selbstverständlich auch für alle unsere Ressorts.

(Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Meine Damen und Herren, wir bringen im zweiten Halbjahr und noch in dieser Legislaturperiode weitere Verwaltungsreformen zum Gesetzesabbau, zum Bürokratieabbau, zum Aufgabenabbau auf den Weg. Wir sind mitten in der Arbeit und werden Zug um Zug vorangehen. Schon in der nächsten Kabinettssitzung in der nächsten Woche werden wir wieder einen ganzen Schwung verarbeiten. Wir bleiben am Ball.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Wir brauchen eine schlankere Verwaltung und einen Aufgabenabbau.

Für besonders wichtig halten die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes die Vertretung der Landesinteressen gegenüber dem Bund und auch gegenüber Europa. Ich weiß das aus zahlreichen Umfragen. Ich weiß auch, wie sehr Wähler aller Parteien – aller vier Parteien, muss ich sagen – hier ganz besonders die Leistung der Landesregierung würdigen.

Was steht in nächster Zeit an? Es steht die Diskussion der Bundeswehrstandorte in Baden-Württemberg an. Wir möchten möglichst viele Bundeswehrstandorte erhalten. Das ist auch für den ländlichen Raum eine ganz entscheidende Frage. Denn alles, was wir noch an Bundeswehr haben, befindet sich im ländlichen Raum. Wir sind hier bereits im Gespräch.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Es geht um die Erhaltung der Standorte der amerikanischen Streitkräfte. Auch hierüber fallen in den nächsten Monaten und Jahren Entscheidungen.

Es geht um die Mitarbeit in der Föderalismuskommission. Ich möchte mich ausdrücklich bei den beiden Fraktionsvorsitzenden und Oppositionsführern Drexler und Kretschmann dafür bedanken, dass wir hier auf Bundesebene Hand in Hand arbeiten. Wenn wir überhaupt etwas für die Länder und damit für die Stärkung des Landtags von Baden-Württemberg erreichen wollen, dann müssen wir hier Hand in Hand arbeiten, und wir stimmen uns auch ab.

Meine Damen und Herren, wir sind noch keineswegs über den Berg. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben. Denn der Bund hat Interesse an einer Reduzierung der zustimmungspflichtigen Gesetze im Bundesrat, und wir haben ein Interesse daran, dass Aufgaben, die in den letzten 50 Jahren an den Bund gegangen sind, zurückkommen, und zwar nicht ins Land, sondern in den Landtag.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig! – Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Wenn man Tagesordnungen des Landtags anschaut und sieht, wie wenig der Landtag als Gesetzgebungsorgan tätig

wird und wie krampfhaft vier Fraktionen sich darum bemühen, Themen für Aktuelle Debatten zu finden

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das habe ich auch schon einmal gesagt!)

das ist wirklich wahr; es ist einfach wahr, und man muss es aussprechen –,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Wohl wahr!)

dann muss man sagen: Auch unter diesen Aspekten ist es dringend notwendig, dass die Föderalismuskommission Erfolg hat und dieser Landtag wieder zu einem echten Gesetzgebungsorgan wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Kretschmann GRÜNE – Zuruf der Abg. The- resia Bauer GRÜNE)

Bei der Vertretung der Interessen des Landes geht es natürlich um die Ausgleichssysteme. Wir haben ja nicht nur den Länderfinanzausgleich – wir verschulden uns, um den Länderfinanzausgleich bezahlen zu können; das ist die Realität in unserem Land –,

(Beifall bei der CDU)

sondern wir haben auch den Risikostrukturausgleich, gegen den wir beim Bundesverfassungsgericht klagen. Von Baden-Württemberg aus werden Milliarden in andere Länder verschoben! Über 50 % ihrer Beitragseinnahmen zahlen die Betriebskrankenkassen in den Risikostrukturausgleich und haben dadurch weniger als 50 % für alle Gesundheits- und Krankheitsausgaben ihrer Mitglieder zur Verfügung.

Das Land Berlin klagt auf Feststellung der Haushaltsnotlage. Wir sind natürlich mit betroffen. Der Bund ist zwar der Beklagte, aber wir haben einen Rechtsvertreter; denn es ist ganz klar: Wenn es um Milliardensummen geht, wird sich der Bund bei den anderen Ländern schadlos halten, wenn es zu einem positiven Urteil für Berlin kommen sollte. In all diesen Fragen steht außerordentlich viel auf dem Spiel.

Uns geht es auch um die Stärkung des Zusammenhalts in unserer Gesellschaft. Dieser ist wichtiger denn je. Denn wir erleben von Monat zu Monat, dass Bevölkerungsgruppen, die nicht zu den Reichen gehören – Arbeitnehmerfamilien, kinderreiche Familien, auch Rentnerhaushalte –, weniger in der Tasche haben. Wir haben bereits viele Merkmale einer Spaltung in unserer Gesellschaft in eine Zweidrittel- und eine Eindrittelgesellschaft – finanziell, gesellschaftlich und kulturell. Eine solche Spaltung dürfen wir unter keinen Umständen zulassen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP sowie der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)