Protocol of the Session on July 14, 2004

Beide waren bisher über Jahre Mitglieder der Landesregierung. Sie haben je ein großes klassisches Ressort geleitet. Sie haben einen Personalkörper geführt, der erheblich größer ist als die Belegschaft von Rothaus und der Toto-LottoGesellschaft. Sie haben sich in ihrer Führungsaufgabe, die immer unter der Kontrolle des Landtags und der Öffentlichkeit stand, bewährt. Sie kennen ihre Arbeit. Es ist wirklich nicht in Ordnung, diesen beiden Persönlichkeiten die Befähigung für die Führung eines Unternehmens abzusprechen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Kretschmann GRÜNE: Wer hat denn das gemacht? – Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Noll hat es noch deutlicher gesagt.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das hat gar niemand gemacht!)

Dann bin ich unglaublich dankbar. Dann ist aber auch gar nichts gegen die Besetzung zu sagen, wenn sie für diese Aufgabe unzweifelhaft auch aus der Sicht der Opposition geeignet sind. Das ist mehr, als ich erwarten konnte.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, der Wechsel von Führungspersönlichkeiten in der Wirtschaft zwischen Unternehmen selbst unterschiedlicher Branchen ist häufig. Was an Führungsqualitäten in einem mittelständischen Unternehmen notwendig ist, bringen beide mit. Schon vor ihrer Ministertätigkeit hatten sie als Oberbürgermeister bzw. als Selbstständiger wirtschaftliche Erfahrungen und Führungserfahrungen gesammelt. Beide seitherigen Minister sind für die vorgesehene Aufgabe geeignet und bestens vorbereitet. Das wird auch die Zukunft zeigen.

Meine Damen und Herren, ich verweise darauf, dass wir vor Jahren eine ganz ähnliche Diskussion bei der Besetzung

des jetzigen Direktors von Rothaus, Herrn Dr. Norbert Nothhelfer, hatten. Er war Regierungspräsident, vorher Landrat und vorher Bundestagsabgeordneter.

(Abg. Capezzuto SPD: Jesses!)

Natürlich ist damals von Ihnen die Frage gestellt worden – ich habe sie noch ganz deutlich in Erinnerung –: Was versteht der vom Bierbrauen? Damals wurde gefragt, was er von dem neuen Geschäft verstehe. Die Frage ist längst verstummt. Dr. Nothhelfer hat die Rothaus-Brauerei hervorragend geführt, hat den Umsatz verdreifacht und sie zur profitabelsten deutschen Brauerei gemacht –

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Hört, hört!)

zum Nutzen des Landes Baden-Württemberg!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, ich sage es nicht aus taktischen Gründen, sondern aus Überzeugung, weil ich die Persönlichkeiten und ihre Arbeit kenne: Genauso bewährt hat sich der frühere Wirtschaftsminister Dr. Schwarz, SPD, der direkt nach seinem Ausscheiden als Wirtschaftsminister Geschäftsführer des öffentlichen Unternehmens Gasversorgung Süddeutschland geworden ist und dieses Unternehmen über Jahre erfolgreich geführt hat.

(Abg. Straub CDU: Gab es da eine Ausschreibung? – Minister Stächele: Da gab es keine Ausschrei- bung!)

Genauso bewährt – das habe ich bei seinem Ausscheiden gesagt – hat sich der ehemalige SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des Finanzausschusses des Landtags Hans Beerstecher, als er zum Mitglied des Vorstands der Landeskreditbank berufen wurde.

Einen weiteren SPD-Abgeordneten dieses Landtags, auch Vorsitzender des Finanzausschusses, Professor Puchta, haben wir in die Führungsverantwortung der Landeskreditbank berufen.

(Zuruf von der SPD: Der ist aber bald wieder ge- gangen!)

Alle diese Entscheidungen haben sich bewährt. Wir haben auch nur solche Vorschläge von Ihnen akzeptiert, von denen wir sicher waren, dass die Vorgeschlagenen sich auch bewähren würden. Sie stellen das so dar, als wäre es etwas völlig Neues und etwas Unverantwortliches. Ich sage, in der Geschichte des Landes gibt es zahlreiche erfolgreiche Beispiele aus allen Fraktionen. Wir sollten nicht die Tätigkeit von Abgeordneten, von Finanzausschussvorsitzenden, von Regierungsmitgliedern selber so einschätzen, dass sie für nichts anderes geeignet wären als für die Tätigkeit des Abgeordneten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Teßmer SPD: Das ist doch nicht die Frage!)

Die zweite Frage, die Bürger zu Recht stellen und die beantwortet werden muss, lautet: Schustern wir verdienten Ministern auf Kosten des Landes und mit öffentlichen Mit

(Ministerpräsident Teufel)

teln Stellen zu in einer Zeit, in der Arbeitnehmer und Rentner weniger bekommen?

(Abg. Teßmer SPD: Ja?)

Ja, die Frage beantworte ich: Auf gar keinen Fall. Beide Anwärter – für Rothaus und Toto-Lotto – bekommen keinen Euro mehr an Bezügen, wie sie jeder externe Bewerber erhalten würde. Keinen Euro mehr! Was ist das dann für eine Zuschusterung?

(Zurufe von der SPD)

Das muss einfach einmal gesagt sein, weil Sie bewusst Nebel werfen und den Eindruck erwecken, dass etwas Unseriöses geschehe.

(Unruhe)

Dritte Frage der Bürger ist: Werden die beiden Herren Dr. Repnik und Dr. Schäuble begünstigt, indem sie Versorgungsbezüge des Landes aus ihrer seitherigen Tätigkeit als Minister neben der Vergütung ihrer neuen Aufgabe bekommen? Die Antwort: Nein.

(Abg. Capezzuto SPD: Seit zwei Tagen! – Wider- spruch bei der CDU)

Ich bin dankbar, dass Sie diesen Zwischenruf machen und sagen, dass es vorher so gewesen wäre. Ich möchte Ihnen sagen – der Finanzminister ist mein Zeuge –,

(Oh-Rufe von der SPD)

der Finanzminister hat Vorverhandlungen über einen Vertrag mit Dr. Thomas Schäuble geführt. Er hat das auch zweimal mit mir besprochen. Die Verhandlungen laufen seit Wochen. Der Finanzminister hat mir vor Wochen vorgeschlagen, dass jeder einzelne Euro der Versorgungsbezüge des Innenministers Schäuble bei Rothaus auf die Besoldung angerechnet wird.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Es ist nicht wahr, dass das die Antwort auf die Diskussion der letzten zwei, drei Tage wäre.

(Unruhe bei der SPD)

Mit Minister Dr. Repnik sind noch keine solchen Gespräche geführt worden. Aber es ist doch völlig klar, dass wir, wenn wir Herrn Schäuble so behandeln, Herrn Repnik nicht anders behandeln. Ich sage noch einmal: Wir hatten zu keiner Stunde etwas anderes vor. Wir werden also in beiden Fällen die gesamten Versorgungsbezüge auf Heller und Pfennig von den Vergütungen der Geschäftsführer abziehen. Sie erhalten keinen Euro mehr, weil sie Minister waren, keinen Euro mehr als externe Besetzungen.

Wenn die Frage bejaht wird, dass sie für diese Position geeignet sind, wenn sie zweitens nicht mehr bekommen als jeder externe Bewerber und wenn sie drittens ihre ganzen Versorgungsbezüge angerechnet bekommen, dann frage ich mich schon, was bei dieser Besetzung nicht in Ordnung sein soll.

(Beifall bei der CDU – Glocke der Präsidentin)

Nun zur Ausschreibung. Lassen Sie mich das bitte einmal im Zusammenhang darstellen. Sie wissen ganz genau, dass Ausschreibungen bei Leitungsfunktionen von Unternehmen möglich, aber nicht zwingend sind. Sie sind nicht einmal üblich. Auch andere Auswahlverfahren orientieren sich am Wohl des Unternehmens und an den üblichen Kriterien für die Auswahl. Gerade für Führungspositionen in der Wirtschaft ist die öffentliche Ausschreibung unüblich.

In den letzten Tagen und Wochen hatten wir allein im Land drei Fälle gehabt. Gestern wurde der debis-Geschäftsführer neu berufen. Haben Sie zuvor eine Ausschreibung gelesen? In der letzten Woche wurde der Vorstandsvorsitzende von Siemens neu berufen. Haben Sie zuvor eine Ausschreibung gelesen? Die Stelle des Vorsitzenden der Geschäftsführung von Bosch ist vor wenigen Wochen neu besetzt worden. Haben Sie zuvor eine Ausschreibung gelesen? Haben Sie bei einer Aktiengesellschaft in Baden-Württemberg oder darüber hinaus überhaupt Ausschreibungen gelesen?

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Ich will nicht sagen, dass dies unmöglich wäre. Vielmehr geht es mir darum, dass nicht der Eindruck erweckt wird, Ausschreibungen würden überall sonst erfolgen, nur wir würden sie nicht vornehmen. Das ist einfach nicht in Ordnung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig! – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, natürlich sind auch die Spitzenpositionen, die durch SPD-Abgeordnete und ehemalige SPD-Minister besetzt wurden, zuvor nicht ausgeschrieben worden.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Pfisterer zur SPD: Scheinheilig!)

Die Berufung erfolgte, weil die Persönlichkeiten geeignet waren. Damals, muss ich sagen, habe ich gar keine Drucksache gelesen, in der die SPD im Landtag von Baden-Württemberg eine Ausschreibung beantragt hätte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Minister Stä- chele: Was? Antrag zurückziehen!)

Hätten wir jetzt, meine Damen und Herren, einen SPD-Bewerber zum Zuge kommen lassen – es gehört nicht viel Fantasie dazu, diese Frage zu beantworten –, dann gäbe es den SPD-Wunsch auf Ausschreibung ganz gewiss nicht.