Daher müssen wir uns auch vor niemandem verstecken. Wir haben die Förderung der Forschungsentwicklung in der Vergangenheit jährlich um eine Million aufgestockt. Selbstverständlich wollen wir auch in künftigen Haushalten dabei einen Schwerpunkt setzen.
Das nächste Thema: Privatisierung. Das schließt genau an das andere an. Herr Ministerpräsident, wir haben, glaube ich, gemeinsam nach Verabschiedung der Verwaltungsreform ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass wir nicht am Ende einer Entwicklung stehen, sondern dass wir mit dieser Verwaltungsreform trotz aller Schwierigkeiten, die bei der Durchsetzung zweifellos vorhanden waren, erst einmal die Grundlage für eine Aufgabenkritik geschaffen haben. Bei dieser Aufgabenkritik können wir uns als Land natürlich nicht aus der Verantwortung stehlen, aber sie muss subsidiär erfolgen, dezentral auf der Ebene, wo die Leute am besten wissen, wie man Aufgaben der Daseinsvorsorge in die privatwirtschaftliche Erledigung geben kann. Dass wir uns darüber unterhalten, lohnt sich.
Ich möchte anknüpfen an das vom Kollegen Oettinger genannte Beispiel Gesundheitswesen. Das Wirtschaftsministerium hat – dafür bin ich Walter Döring sehr dankbar – das Thema Gesundheitswesen als die Megabranche der Zukunft auch für Baden-Württemberg mit Berufspotenzial, mit Arbeitsplatzpotenzial aufgegriffen,
übrigens auch für Umsteiger. Es muss nicht jeder, der irgendwann einmal im produzierenden Gewerbe war, bis zum Ende seines Lebens in diesem bleiben. Warum soll Weiterqualifizierung immer nur mit dem fünften oder sechsten Computerkurs möglich sein? Man kann durchaus auch einmal darüber nachdenken, ob man neben dem angesprochenen ehrenamtlichen Engagement stärker bereit ist, vorhandene Chancen zu nutzen. Allerdings müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.
(Abg. Fischer SPD: Herr Noll, das hört sich wun- derbar an! Aber wissen Sie, wie das in der Praxis aussieht?)
Das hört sich wunderbar an. Wir werden es konkret machen bei dem angesprochenen Thema „Universitätsklinika, Krankenhauswesen“. Wir sind uns völlig einig, dass eine ideologische Debatte, die da lautet „Privatisierung ja oder nein“, wie sie jahrelang hier geführt worden ist, vielleicht
mit ein Grund ist, Herr Kollege Oettinger, warum bei diesen Fragen teilweise ein Bogen um Baden-Württemberg gemacht wird.
Wir sollten völlig unideologisch dafür sorgen, dass wir erkennbar nicht mehr passende Strukturen ändern. Beispiel: Universitätsklinika, egal in welcher Trägerschaft. Darüber muss man sich unterhalten. Die Tatsache, dass manche erfolgreicher sind, hängt nicht damit zusammen, dass der Träger privat ist, sondern dass er eben mehr Flexibilität hat. Da müssen wir schauen, ob wir das hinbekommen. In einem zweiten Schritt kommt dann die Frage: Was muss noch staatlich sein, was kann künftig privat erledigt werden?
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Zeller SPD: Er sagt immer bloß „müsste“, „könnte“! – Abg. Drex- ler SPD: Werden Sie doch mal konkret! Was wol- len Sie denn machen bei den Universitätskliniken? – Abg. Zeller SPD: Alles Floskeln!)
Nächstes Thema: Subventionsabbau. Noch einmal: Haushaltskonsolidierung heißt kritisch an alles herangehen, was Subvention ist.
(Abg. Zeller SPD: Also jetzt konkret! – Abg. Drex- ler SPD: Auf geht’s! – Zurufe von der SPD und den Grünen: Messe!)
Gut, dass Sie mich an die Messe erinnern. Ich hätte es fast vergessen: Zur Wirtschaftspolitik gehört natürlich auch eine Infrastrukturpolitik. Im Gegensatz zu Ihnen stehen wir zu „Stuttgart 21“, weil Verkehr ein zentrales Infrastrukturthema sein wird, das natürlich auch den Wirtschaftsminister nicht ruhen lassen kann.
Bei den Grünen respektiere ich, dass sie auf allen Ebenen weder „Stuttgart 21“ noch die Messe wollen. Das ist wenigstens ehrlich.
Aber bei den anderen Damen und Herren, bei Ihnen, Herr Schmiedel, akzeptiere ich nicht, dass Sie mit gespaltener Zunge reden.
Jetzt möchte ich mich dem Thema Subventionen zuwenden, und zwar Subventionen im weitesten Sinne. Subventionen kann man ja sehr eng als direkte Zahlungen definieren, aber man kann sie auch sehr weit fassen. Wir wollen uns jetzt nicht mit Definitionen herumschlagen. Ich sage einmal als
Vorspann: Eine Vorgabe, dass die Subventionen insgesamt jährlich um – ich sage jetzt einmal eine Zahl – 20 % zurückgefahren werden müssen, ist ein ehrgeiziges Ziel. Aber es ist ein Ziel, das zu erreichen ist, weil jede Subvention aus liberaler Sicht begrenzt und degressiv gestaltet sein muss.
Warum? Die Subvention bestraft den, der sie nicht bekommt – das sind meistens mehr als die, die sie bekommen –, doppelt: Er bezahlt die Subvention mit, und sein Wettbewerber wird durch die Subvention gestärkt.
Ich möchte jetzt genau dieses Reizwort „Lernmittelfreiheit“ nehmen. Ich sehe dies unter dem Begriff Subvention. Das ist keine klassische Subvention, sondern das ist eine Form der Unterstützung.
Ja, das ist ein Verfassungsgrundsatz. Aber Subventionen sind auch dann Subventionen, wenn sie gesetzlich legitimiert sind. Dann muss man eben Gesetze oder Verfassungen ändern.
(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das ist doch ein Auftrag und keine Subvention! – Zuruf des Abg. Kretschmann GRÜNE – Gegenruf der Abg. Heide- rose Berroth FDP/DVP)
Hören Sie doch bitte erst einmal zu! Sind wir uns einig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass dann, wenn die Mittel knapp werden – in der Sozialpolitik, in der Bildungspolitik, in der Wirtschaftspolitik –, das Gießkannenprinzip out sein muss?
Das Gießkannenprinzip muss out sein. Wir müssen dann konzentriert dort fördern, wo es zielführend, wo es erfolgreich ist, und fragen:
Da bin ich bereit, an vielen Stellen mit den Kollegen in der Koalition, aber auch mit Ihnen offen darüber zu diskutieren. Ich führe es am Beispiel Lernmittelfreiheit noch konkreter aus: Natürlich müssen wir, wie bei Studiengebühren, darauf achten, dass keine soziale Benachteiligung entsteht.
Danke für das Stichwort. Dennoch muss ich im Hinterkopf haben: Wenn die Regelung allzu bürokratisch wird, macht dies den anderen Effekt möglicherweise zunichte. Aber Sie dürfen doch nicht von vornherein schon wieder Gräben aufmachen und sagen: „Um Gottes willen, die wollen Bildung nach dem Geldbeutel machen.“ Nein, das wollen wir eben nicht,