(Abg. Wieser CDU: Na, na! Das Wort will ich nicht! Das streichen wir aus dem Protokoll! Das Wort „Sturmführer“ lassen wir nicht drin!)
Allerdings wechseln Sie ja demnächst den Verein – um im Bild zu bleiben –, sodass Sie die Erfolge oder Misserfolge dieser Verwaltungsreform nicht mehr mit uns diskutieren können werden, jedenfalls nicht mehr in dieser Unmittelbarkeit.
Herr Innenminister, Sie haben als Kern- und Ausgangspunkt Ihrer Einbringungsrede gesagt, die Verwaltung in Baden-Württemberg solle wettbewerbsfähig gemacht werden für die Zukunft. Das ist ein hehres Ziel. Gleichwohl glauben wir nicht, dass Sie dieses Ziel mit dieser Reform – so, wie Sie sie heute vorgestellt haben und wie ja vieles schon vorher bekannt war – erreichen werden.
Natürlich spricht vieles dafür, dem Bürger Verwaltungsentscheidungen aus einem Guss, aus einem Haus – Stichwort Einhäusigkeit – anzubieten. Das mag ein hehres Ziel sein. Allein Ihr Einwand bzw. der Einwand, den heute auch andere gebracht haben, zum Beispiel Herr Heinz, dass Regionalstrukturen, Regionalämter oder Regionen das nicht erbringen könnten, geht natürlich ins Leere. Wir alle wissen, dass namhafte Verwaltungswissenschaftler nach wie vor der Meinung sind, dass diese Bündelungsfunktion, diese Form der Einhäusigkeit, die Entscheidung aus einem Guss auch und gerade durch regionale Strukturen gewährleistet ist,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Wieser CDU: Der Regionalkreis Stuttgart spendet Beifall! – Abg. Hofer FDP/DVP: Hesse hat das für kleinere Flächenländer vorgeschlagen! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Es gibt nicht nur einen Herrn Hesse!)
Insofern sind die Kreisstrukturen in einem modernen Europa natürlich kein geeignetes Instrument, um eine moderne Verwaltung für die nächsten 20 bis 30 Jahre fit zu machen.
Zentraler Punkt unserer Auseinandersetzung war ja schon bisher die Frage, ob eine Zweistufigkeit oder eine Dreistufigkeit besser sei.
Da kann man ja auch viel philosophieren. Ich glaube aber, Herr Minister, die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen haben sich eigentlich nie intensiv auf diese Diskussion eingelassen.
(Abg. Hofer FDP/DVP: Doch, wir immer! – Ge- genruf von der SPD: Nie! – Abg. Blenke CDU: Das stimmt nicht, Kollege Stickelberger!)
(Widerspruch bei der FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Woher wissen Sie denn das, Herr Sti- ckelberger? – Abg. Hofer FDP/DVP: Wir sind doch dann davon weggegangen! Das fiel uns doch gar nicht leicht! – Unruhe)
Warum öffnen Sie sich nicht auch Argumenten für eine Zweistufigkeit, etwa vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung in Niedersachsen jetzt zum Beispiel den Wegfall der Regierungspräsidien als einen Kernbereich ihrer dortigen Verwaltungsreform durchsetzen wird?
Warum ist das, was die CDU-Regierung in Niedersachsen vorsieht, richtig und das, was die SPD-Opposition im Landtag von Baden-Württemberg zu diesem Thema vorschlägt, falsch? Das habe ich bisher nicht verstanden.
Wir haben kritisiert, dass viele Anregungen und Vorschläge, die im Rahmen der durchgeführten Anhörungen gemacht wurden, nicht einbezogen worden sind. Abgesehen davon haben wir auch das Verfahren kritisiert. Herr Oelmayer ist vorhin ja auch sehr ausführlich darauf eingegangen. In einem Zwischenruf haben Sie dann versucht, darzulegen, welche wesentlichen Änderungen sich denn aufgrund des Anhörungsverfahrens ergeben hätten.
Da haben Sie zwei genannt. Zwei oder drei Bereiche haben Sie wörtlich genannt. Ich komme darauf zu sprechen. Sie haben zunächst die Vermessungsverwaltung erwähnt. Das ist sicher ein gewichtiger Punkt.
(Abg. Hofer FDP/DVP: Das war unser Vorschlag! – Gegenruf des Abg. Wieser CDU: Alles hat die FDP/DVP gemacht! – Gegenruf des Abg. Hofer FDP/DVP: Diesen einen Punkt haben wir ge- macht!)
Natürlich geschah das auf Ihre Vorschläge hin. – Das war ein gewichtiger Punkt. Diesen einen Punkt haben Sie genannt.
Als Zweites haben Sie die Ausgleichsleistungen für die beiden Forstämter genannt, die Sie erwähnt haben, und als dritten Bereich haben Sie dann schon die Versorgungsverwaltung erwähnt, die im Zuge von Neuregelungen jetzt im Hinblick auf diese Verwaltungsreform einer besonderen Bedeutung unterliegt. Mehr habe ich nicht von gravierenden Änderungen gehört, die in dieses Verfahren Eingang gefunden hätten, Herr Innenminister. Ich habe aufmerksam zugehört, aber ich werde das im Protokoll gerne einmal nachlesen.
(Abg. Hofer FDP/DVP: Bei den Personalräten hat es einige gegeben! – Abg. Wieser CDU: Die CDU hat einige Änderungen gemacht!)
Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass Anregungen und Vorschläge in weit größerem Umfang berücksichtigt worden wären.
Sie haben uns ein bisschen – nicht wörtlich, aber sinngemäß – eine Kumpanei mit anderen Lobbyisten unterstellt. Das Wort „Lobbyisten“ haben Sie erwähnt. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass ich die kommunalen Landesverbände, den Beamtenbund und die Gewerkschaften als durchaus seriöse Partner ansehe. Wenn wir deren Argumente aufgreifen, in die Diskussion einführen und im Parlament zur Geltung bringen wollen, halte ich das für legitim und notwendig.
(Abg. Pfister FDP/DVP: Das haben wir doch auch gemacht! – Gegenrufe von der SPD, u. a. Abg. Schmiedel: Ach komm! Nie!)
Diesen Vorwurf, wir würden da Klientelpolitik betreiben, brauchen wir uns nicht gefallen zu lassen. Wir setzen uns – vielleicht im Gegensatz zu Ihnen – sehr ernsthaft mit diesen Argumenten auseinander
und hätten uns gewünscht, dass sie im weiteren Verfahren wesentlich mehr Berücksichtigung gefunden hätten.
Herr Innenminister, Sie haben in für mich ungewohnter Weise, fast in pastoraler Art um Vertrauen geworben. Das ist richtig, das brauchen wir. Sie haben insbesondere auf die Mitwirkung der Landräte gesetzt. Die Mitwirkung der Landräte brauchen Sie auch. Allerdings frage ich mich: Wie können Landräte mit ihren künftigen Mitarbeitern aus den eingegliederten Sonderbehörden eine vernünftige Aufgabenkritik durchführen, wenn diese, wie Sie und andere Redner zu Recht betont haben, so schwierig ist und wenn es sich dabei um staatliche Aufgaben handelt? Man wird doch nicht davon ausgehen können, dass jeder Landrat für sich zusammen mit seinen Bediensteten die Aufgabenkritik sozusagen kreisbezogen vor Ort durchführt. Das ist aus unserer Sicht völlig unrealistisch. Diese Aufgabenkritik muss vorher erfolgen, bevor ich die Behördenstruktur nach den Aufgaben ausrichte.
Wenn sie jetzt erfolgt: Ich habe weder von Herrn Heinz noch von anderen Rednern konkret erfahren, welche Aufgaben man denn angehen will.
Natürlich ist das schwierig. Da sind Bund, Länder und Gemeinden gefordert. Dies haben wir in der letzten Debatte schon gesagt. Wir hätten uns gewünscht, dass in diesem Regierungsentwurf konkret ausgeführt wird, welche Aufgaben abgebaut werden. Dies vermissen wir völlig.
Herr Hofer hat schon in der letzten Debatte zu Recht gesagt, dass dies nicht einmal eine erste Tranche sei – so wörtlich –, sondern nur ein erster Schritt. Das haben Sie im Übrigen heute auch für die Verwaltungsreform insgesamt so gesehen. Das ist nicht einmal eine erste Tranche, und wir hätten uns gewünscht, dass man sich wesentlich mehr Gedanken darüber gemacht hätte, wie man die Kommunen stärkt, wie man Aufgaben nach unten auf die Kommunen verlagert, um die Bürgernähe zu erreichen, die Sie sich vorstellen und die Sie postuliert haben. Ich glaube nicht, dass die Zersplitterung der Straßenbauämter, der Flurbereinigungsämter oder die Aufspaltung der Versorgungseinrichtungen auf die Landratsämter zu mehr Bürgernähe oder gar zu mehr Kompetenz gegenüber dem Bürger führt. Ich glaube, dass das Gegenteil der Fall sein wird, wenn wir in diesem Bereich zum Teil funktionsfähige Strukturen zerschlagen, um sie sozusagen atomisiert auf die Landratsämter zu verteilen.
Insgesamt sind wir gespannt darauf, was bei dieser Verwaltungsreform herauskommen wird. Die Zeche werden die Kreise bezahlen müssen. Wir sind davon überzeugt, dass die Berichtspflichten – Herr Hofer hat das ja skizziert – nicht ausreichen werden, um die Zusage und Vorstellung der Landesregierung einlösen zu können, dass die Kommunen am Ende nichts draufzahlen müssten. Wir glauben nicht, dass diese Zusage eingehalten wird. Denn sonst hätten Sie sich, wie Herr Oelmayer schon zu Recht ausgeführt hat, auch der Revisionsklausel unterwerfen können.
Herr Hofer, Sie haben es angesprochen: Die FDP/DVP hat sich noch in den letzten Wochen vehement für diese Revisionsklausel eingesetzt.
Gut, die Anpassungsklausel wird man wahrscheinlich ohnehin machen müssen; man hätte sie schon aus Rechtsgründen machen müssen.
Wir hätten uns gewünscht, dass man den Argumenten des Städtetags und des Gemeindetags folgen und diese Revisionsklausel aufnehmen würde. Das ist ja keine Klientel, die für sich persönlich etwas beansprucht, sondern das sind seriöse Argumente, die hier im Interesse einer Verbesserung und einer Sicherung vorgebracht wurden,