Protocol of the Session on May 6, 2004

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung von Baden-Württemberg will bis zum Jahr 2010 den Anteil der erneuerbaren Energien, und zwar sowohl an der Stromerzeugung als auch am gesamten Primärenergieverbrauch, verdoppeln. Dazu kann ein richtiges Förderkonzept des Bundes einen entscheidenden Beitrag leisten. Das ErneuerbareEnergien-Gesetz ist ein Baustein. Es ist nicht optimal, aber es ist ein Ansatz. Wir sind der Meinung, dass einige wichtige Punkte, die in den Ausschüssen des Bundesrats eine breite Mehrheit gefunden haben, noch im Vermittlungsausschuss ausdiskutiert werden müssen.

(Abg. Knapp SPD: Ehrlich?)

Meine Damen und Herren, zunächst möchte ich auf die positiven Aspekte der EEG-Novelle eingehen. Zwei Punkte der im Bundestag beschlossenen Novelle des EEG sind dabei von entscheidender Bedeutung: erstens die Einbeziehung der Großen Wasserkraft – über 5 Megawatt – in das EEG und zweitens eine verbesserte Förderung der Biomassenutzung.

Zunächst zum ersten Thema, zur Einbeziehung der Großen Wasserkraft. Durch die Realisierung von fünf größeren Ausbau- und Neubauvorhaben am Rhein könnte die Stromproduktion aus der Wasserkraft um bis zu 20 % steigen. Das wären rund 700 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Allein der Neubau Rheinfelden würde pro Jahr durchschnittlich rund 600 Millionen Kilowattstunden produzieren. Das ist so viel Strom, wie

(Abg. Zimmermann CDU: Alle Windräder zusam- men!)

die 1 000 in Baden-Württemberg vorhandenen KleineWasserkraft-Anlagen zusammen

(Zuruf von der SPD: Alle?)

oder wie – um eine hochinteressante Vergleichszahl zu nennen – 300 neuere Windkraftanlagen erzeugen.

Ich bin deshalb froh, dass unsere wirklich jahrelangen Forderungen, die wir auf europäischer und auf Bundesebene nach der Einbeziehung der Großen Wasserkraft in das Erneuerbare-Energien-Gesetz erhoben haben, nun von der Bundesregierung aufgegriffen wurden.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Ich möchte mich hier auch ausdrücklich bei allen vier Fraktionen in diesem Haus bedanken, die im Interesse des Landes diese Forderungen unterstützt haben. Erstmals sollen nun große Laufwasserkraftwerke über 50 Megawatt gefördert werden, wenn diese an einem bereits bestehenden Standort bis zum Jahr 2012 modernisiert oder neu gebaut werden. Altanlagen werden zu Recht nicht gefördert, weil es in diesem Fall große Mitnahmeeffekte geben würde. Ich denke, dies ist in Ordnung. Die Vergütungssätze sind nach Leistungsstufen zwischen 7,67 und 3,7 Cent pro Kilowattstunde gestaffelt. Sie liegen nach unserer Einschätzung am unteren Rand des Vertretbaren, sind aber immerhin ein vernünftiger Einstieg.

Wir haben allerdings in anderen Punkten Verbesserungen angemahnt. So sind wir insbesondere der Auffassung, dass bei einem Ausbau oder Neubau von Wasserkraftanlagen keine zusätzlichen ökologischen Verbesserungen verlangt werden müssen. Eine Modernisierungsmaßnahme ohne ökologische Verbesserungen würde nämlich gar nicht erst genehmigt. Nach dem Beschluss des Bundestags soll jetzt wenigstens die Vorlage der wasserrechtlichen Genehmigung als Nachweis genügen. Dies ist eine Lösung in unserem Sinne.

Weitere Änderungsvorschläge des Landes Baden-Württemberg zielen darauf ab, die Vergütungszahlungen für 20 statt für 15 Jahre zu gewähren, für Modernisierungen eine Leistungserhöhung von nur 10 % statt 15 % zu verlangen und auch Modernisierungsprojekte einzubeziehen, die nach 2012 realisiert werden. Bislang haben weder die Bundesregierung noch der Bundestag diese Forderungen aufgegriffen.

(Zuruf des Abg. Dr. Birk CDU)

Wir hoffen aber weiterhin, insoweit noch eine Verbesserung der Förderbedingungen zu erreichen.

(Abg. Drexler SPD zu Abg. Dr. Birk CDU: Ver- mittlungsausschuss!)

Nun zum zweiten Punkt, der verbesserten Förderung der Biomassenutzung. Hier hat es eine ganze Reihe von Verbesserungen gegeben, die zum Teil von der Landesregierung im bisherigen Bundesratsverfahren vorgeschlagen wurden. Insbesondere gibt es höhere Vergütungssätze und neue Zuschläge für nachwachsende Rohstoffe, für die Kraft-Wärme-Kopplung und für den Einsatz innovativer Technologien.

Die von der Bundesregierung vorgesehene Laufzeitverkürzung bei den Vergütungszahlungen sowie die Erhöhung der Degression hat der Bundestag nicht mitgetragen. Damit ergeben sich nun für die Nutzung der Biomasse ganz erhebliche Vorteile. Dies wird dazu führen, dass die großen Potenziale in Baden-Württemberg wesentlich besser ausgeschöpft werden können.

Zwischenfazit, meine Damen und Herren: Mit dieser Novellierung kommen wir dem Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien zu verdoppeln, ein ganzes Stück näher. Die Landesregierung wird sich jedoch im Vermittlungsverfahren für einige wichtige Verbesserungen einsetzen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: In welchem Vermitt- lungsverfahren? – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD – Abg. Dr. Caroli SPD: Da braucht man doch gar kein Vermittlungsverfahren!)

Der vorliegende Gesetzentwurf ist verbesserungsbedürftig, aber in seinen Grundsätzen aus unserer Sicht der Dinge zustimmungsfähig. Ein bisschen Bewegung, meine Damen und Herren, muss aber schon noch sein, und längerfristig muss dieses Gesetz wieder auf den Prüfstand.

Deshalb nun, meine Damen und Herren, zu den Schwächen der EEG-Novelle.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Boris Palmer?

Immer sehr gerne.

Herr Palmer, bitte.

Herr Staatssekretär, könnten Sie Ihr Zwischenfazit dahin gehend konkretisieren, dass Sie uns mitteilen, ob die Landesregierung entsprechend dem Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/ DVP im Bundesrat zustimmen wird oder ob sie den Vermittlungsausschuss anrufen wird, was nicht diesem Antrag entspricht?

Jetzt warten Sie doch, ich bin doch noch gar nicht fertig, Herr Kollege Palmer.

(Abg. Blenke CDU: Das ist jugendliches Unge- stüm!)

Deshalb heißt es ja „Zwischenfazit“ und nicht „Endfazit“.

Jetzt zu den Schwächen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Die vom Bundestag verabschiedete EEG-Novelle, meine Damen und Herren, wird zwar zu einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien führen, aber sie ist gleichzeitig ein erneutes Beispiel für fehlendes Kostenbewusstsein der rot-grünen Bundesregierung.

(Zurufe von der SPD, u. a. des Abg. Drexler: Das haben Sie uns in Nordrhein-Westfalen vorgewor- fen, als wir die Große Wasserkraft eingebracht ha- ben!)

Herr Drexler, immer ganz ruhig bleiben.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Sie meinen wohl, ohne Polemik geht es nicht? – Gegenruf des Abg. Rü- ckert CDU: Sie sollen den Unterricht nicht stören! – Abg. Drexler SPD: Jetzt hast du die CDU aufge- weckt! Jetzt müssen sie aufwachen! – Heiterkeit – Unruhe)

Herr Kollege, ich glaube, es ist keine Polemik, wenn man in aller Sachlichkeit und in aller Ruhe Argumente vorträgt. Sie können danach entscheiden, ob Sie ihnen folgen können und wollen oder nicht. Aber ich glaube, man darf unterschiedlicher Meinung sein und kann dies in einer Debatte, die öffentlich ist, auch artikulieren.

(Abg. Blenke CDU: So ist es!)

Es gibt aus unserer Sicht der Dinge auch ein Beispiel für mangelnde Effizienz bei der Förderung erneuerbarer Energien. Im Ergebnis wird der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien nämlich von den Stromkunden im wahrsten Sinne des Wortes teuer bezahlt.

(Abg. Zimmermann CDU: So ist es!)

Der Bundestag hat mit den Stimmen der rot-grünen Koalition einzelnen Lobbygruppen nachgegeben und damit in einigen Bereichen die Grenze einer sinnvollen Förderung weit überschritten. Meine Damen und Herren, dafür gibt es sogar relativ unverdächtige Zeitzeugen.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Nennen Sie doch mal ein Beispiel dafür!)

Das will ich gerade tun. – Ich sagte gerade: Dafür gibt es relativ unverdächtige Zeitzeugen. Ich glaube nicht, dass Herr Wirtschaftsminister Clement in besonderem Verdacht steht, besonders CDU-nah zu sein.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Na, na, na! Da bin ich nicht so sicher! – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Dass er für die Kohle ist, weiß doch jeder! – Weitere Zu- rufe, u. a. der Abg. Blenke und Zimmermann CDU – Unruhe)

Sie wissen, wie er sich über entsprechende Vorschläge artikuliert hat, die sich hinterher auch durchgesetzt haben.

(Anhaltende Unruhe)

Dieses Vorgehen mit Blick auf diese Lobbygruppen, meine Damen und Herren, erinnert an einen Selbstbedienungsladen, in dem sich die Kunden das herausnehmen, was ihnen gerade gefällt, nach dem Motto „Koste es, was es wolle; bezahlen tun es andere“.

(Abg. Zimmermann CDU: So ist es!)

Bezahlt wird dann eben mit einer Scheckkarte, die einem gar nicht gehört.

Dazu nur ein Beispiel: Die Bundesregierung hatte mit ihrem Gesetzentwurf Einsicht gezeigt und wollte windschwache Standorte, die nicht mindestens 65 % des Referenzertrags erreichen, vollständig aus der Förderung herausnehmen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Gute Idee!)

Sie wissen, wer dies gefordert hat. Der Bundestag hat mit seiner Mehrheit gegen diese 65-%-Grenze votiert und sie wieder herausgestrichen. Damit hat sich die Windkraftlobby hier durchgesetzt. Windschwache Standorte werden also auch weiterhin ökologisch und ökonomisch völlig unsinnig gefördert. Sie wissen, dass es darüber einen breiten Dissens in Ihren eigenen Reihen gab. Insofern hat das nichts mit Polemik der Opposition zu tun. Es war der Bundeswirtschaftsminister, der völlig zu Recht artikuliert hat, dass dies ökologischer und ökonomischer Schwachsinn sei. Genau so ist es, meine Damen und Herren.