Deswegen der dringende Appell: Verzögert nicht endlos lange das notwendige moderne Zuwanderungsrecht, das Deutschland vorwärts bringen soll!
In diesem Zusammenhang ist es auch weniger wichtig, Leute, die man hier erkannt hat, mit neuen Regelungen, mit Sicherungshaft, mit Meldeauflagen unter Kontrolle zu bringen. Vielmehr ist es wichtiger, im Vorfeld Informationen zu gewinnen. Der eigentliche Auftrag, die Herausforderung liegt darin, zu erreichen, dass auf der europäischen Ebene
vernetzt Informationsaustausch stattfindet. Das ist das Thema, das gerade auch in Brüssel auf Ebene der Innenminister besprochen worden ist.
In Deutschland liegt die Herausforderung darin, zu erreichen, dass die verschiedenen Dienste der Bundesländer und des Bundes besser miteinander kommunizieren. Denn wichtig ist, in den gefährlichen Bereichen schon im Vorfeld Informationen aufzunehmen, um in geeigneter Weise gegensteuern zu können und nicht erst dann zuzugreifen, wenn tatsächlich Erkenntnisse vorliegen, die strafrechtlich verwertbar sind.
Auch deshalb der Appell, dass das, was der Bundesinnenminister – im Gegensatz zu den „Aufgeregtheiten“ von Beckstein – schon vorgeschlagen hat, gemeinsam sorgfältig geprüft werden sollte. Es sollte geprüft werden, inwieweit mit Meldeauflagen und mit örtlichen Beschränkungen Verdachtselemente aufgefangen werden können. Denn eines steht fest: Es wird höchste Zeit, dass das Zuwanderungsrecht zur Verabschiedung kommt.
Wenn der Sicherheitsaspekt dabei aufgegriffen wird, empfehle ich dringend, auch dort den Versuch zu machen, noch vor Ostern zu Regelungen zu kommen, die das Gefühl der Sicherheit stärken. Denn die Frage der Vernetzung der Dienste ist ja keine Angelegenheit der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss.
Deswegen hoffen wir, Herr Innenminister, dass Sie morgen über das, was Sie heute gesagt haben, hinaus bereit sind, auch in den Sicherheitsfragen zu Absprachen zu kommen. Es liegen gute Vorschläge der Bundesregierung auf dem Tisch. Unsere Justizministerin hat in einzelnen Feldern ja auch erklärt, dass die Dinge sich so, wie sie sich von der Gesetzeslage her, also nach dem Ausländerrecht, darstellen, durchaus eignen, um den Gefahren zu begegnen. Deswegen sollten wir auf keinen Fall länger verzögern. Wer verzögert, um weitere Schwierigkeiten zu machen, schadet den deutschen Belangen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den Grünen, wenn Sie so tun, als ob die Union hier eine Verzögerungstaktik aufbaute, sage ich Ihnen:
Sie tun so, als ob wir das nötig hätten. Von unseren über 70 Änderungsanträgen zum Zuwanderungsgesetz
stehen 38 im Zusammenhang mit der inneren Sicherheit. Wenn diese bisher noch nicht abgearbeitet worden sind, dann ist das nicht nur der Union vorzuwerfen. Das sind auch keine Anträge, die jetzt erst zur Verzögerung eingebracht worden sind, sondern sie spiegeln das dringende Anliegen der Union wider.
Wenn der Kollege Junginger gerade die EU-Asylpolitik und die EU-Zuwanderungspolitik glorifiziert, sage ich dazu:
Auch da haben wir noch Handlungsbedarf. Das müssen wir auch der Bundesregierung und Otto Schily mit auf den Weg geben. Denn es ist doch auch nicht alles glücklich, was dort verankert ist. Es gibt einen absoluten Abschiebestopp für Extremisten, wie wir ihn beispielsweise bei dem Kalifen von Köln, Herrn Kaplan, feststellen müssen. Der kann sich bei uns in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur durch drei Instanzen durchklagen
(Abg. Drexler SPD: Das ist doch die Menschen- rechtskonvention! – Abg. Junginger SPD: Men- schenrechtskonvention!)
und damit auch die Abschiebung verzögern, sondern da gibt es auch noch einen absoluten Abschiebestopp. Auch dieser Abschiebestopp ist sicherlich nicht im Interesse der inneren Sicherheit. Wir müssen schauen, dass wir auch hier international glücklichere und realistischere Regelungen bekommen.
Zur Frau Kollegin Utzt: Sie haben mir vorgeworfen, wir wollten eine „Abschiebung auf Verdacht“. Der Herr Innenminister hat bereits darauf hingewiesen, dass diese Formulierung nicht ideal ist. Uns geht es darum, dass es für eine Ausweisung ausreichen können muss, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene einer Vereinigung angehört oder diese unterstützt, von der Gefahren für die innere Sicherheit ausgehen. Natürlich reicht ein bloßes Gerücht oder eine bloße Vermutung nicht aus. Aber diese Tatsachen, die eben auch die innere Sicherheit gefährden können, rechtfertigen es, das Limit bzw. die Hürde für eine Ausweisung deutlich herunterzusetzen.
Wie bereits erwähnt: Ein Zuwanderungsgesetz kann nicht verabschiedet werden, wenn darin nicht die Aspekte der inneren Sicherheit berücksichtigt sind. Ich fordere Sie auf, auch in Ihren Reihen dafür zu sorgen, dass hier nicht nur Traumtänzerei betrieben wird, sondern realitätsbezogen an die Dinge herangegangen wird.
und dass Sie sich in der Position, die Sie hier vorgetragen haben, auch der Position der FDP angenähert haben.
ob wir jemanden auf Verdacht ausweisen wollen. Ich glaube, das ist in einem Rechtsstaat schlicht und ergreifend nicht möglich. Nach geltender Rechtslage kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn Tatsachen vorliegen, die belegen, dass er terroristisch tätig ist. Tatsachen, die nur die Annahme rechtfertigen, halten wir allerdings für zu wenig.
Deshalb muss geklärt werden – das ist auch der Vorschlag des Kollegen Stadler –, wie diese Tatsachen belegt werden können, und die Tatsachen müssen gerichtsverwertbar sein.
Die FDP ist natürlich bereit, dafür einzutreten, dass wir Verfahren verkürzen. Wir haben vorgeschlagen, dass man zum Beispiel eine einzige dafür zuständige Gerichtsinstanz einführt.
Wir wollen natürlich auch dafür sorgen, dass terroristische Ausländer ausgewiesen werden können. Wir können sie nach heutigem Recht schon ausweisen. Man muss dann fragen: Warum werden sie nicht ausgewiesen? Da besteht offensichtlich ein Vollzugsdefizit, und zwar in Baden-Württemberg weniger als in anderen Bundesländern, Herr Innenminister. Da muss man einmal die anderen Bundesländer fragen, warum sie vom Ausländergesetz nicht genügend Gebrauch machen. Denn wir haben die gesetzlichen Grundlagen.
Ich als Parlamentarier erwarte, dass Gesetze, die wir verabschieden, auch umgesetzt werden. Wir haben ja mit den Schily-Gesetzen im Deutschen Bundestag zum Beispiel auch die Aufnahme biometrischer Daten in den Reisepass verabschiedet. Ich meine den Fingerabdruck. Warum ist das noch nicht umgesetzt, meine Damen und Herren? Hier gibt es doch offensichtlich Vollzugsdefizite in der Umsetzung. Es fehlt nicht an der gesetzlichen Grundlage, sondern – zum Teil jedenfalls – an der entschlossenen Umsetzung. Hier können wir für Baden-Württemberg feststellen – und ich denke, das kann man, Herr Innenminister, an dieser Stelle auch einmal lobend erwähnen –, dass wir hier das gesetzliche Instrumentarium besser nutzen als andere, meine Damen und Herren.
Man kann natürlich insgesamt auch fragen, ob die alleinige Ausweisung von Terroristen zu einer Lösung führt. Denn nach Auffassung der FDP gehören Terroristen hinter Schloss und Riegel. Sie gehören nicht irgendwohin, in andere Länder abgeschoben, wo sie dann vielleicht wieder Terroranschläge planen, sie gehören nicht in irgendwelche Länder weggeschickt, sondern sie gehören hinter Schloss und Riegel. Es ist Aufgabe aller zivilisierten Staaten, dafür zu sorgen, dass Terroristen in einem rechtsstaatlichen Verfahren vor Gericht gestellt werden und dann hinter Schloss und Riegel kommen, damit sie kein weiteres Unheil anrichten können, meine Damen und Herren. Darum geht es der FDP/DVP.
Abschließend sage ich – Herr Innenminister, ich bin dankbar, dass die Frage der Zuwanderung hier wieder auf eine sachliche Grundlage gestellt worden ist –: Nach Auffassung der FDP/DVP ist es falsch, dass wir auch in der Bevölkerung eine Diskussion unter dem Gesichtspunkt führen: „Die
einen finden Zuwanderung gut, und die anderen finden Zuwanderung schlecht.“ Das hilft nicht weiter; denn wir haben Zuwanderung. Wir müssen auch eingestehen, dass wir in bestimmten Bereichen, in gewissen städtischen Bereichen, Probleme mit der Integration der hier lebenden Ausländer haben. Wer das sagt, ist nicht ausländerfeindlich, sondern sieht einer Tatsache in die Augen und muss sich dann auch überlegen, wie man die Integration verbessern kann. Das erfordert Anstrengungen sowohl der Menschen, die hier zugewandert sind, als auch der Menschen, die immer hier gelebt haben. Es ist eine gemeinsame Anstrengung notwendig.
Ich denke aber auch, dass deutlich gemacht werden kann, dass Zuwanderung auch Vorteile für unser Land hat – ökonomisch, aber auch kulturell –, und ich weiß aus vielen Gesprächen mit Menschen, die hier zugewandert sind, dass sie nicht nur wegen der wirtschaftlichen Chancen und Perspektiven hierher zugewandert sind, sondern auch deshalb, weil sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung gut finden, weil sie hier in diesem Land, in dieser freiheitlichen, in dieser liberalen Demokratie leben wollen, weil sie diese Menschenrechte, für die wir Demokraten über Jahrhunderte hinweg ja erst einmal kämpfen mussten, hier genießen.
Es muss uns gelingen, auch die zugewanderten Menschen in den Kampf gegen den Terrorismus einzubinden. Denn ich bin davon überzeugt, dass die große, überwiegende Mehrheit der Menschen hier – egal, ob Ausländer oder Einheimische – in Frieden, in Freiheit und in Sicherheit leben wollen.
Wir müssen neben der Bekämpfung des Terrorismus durch die Polizei und die Strafverfolgungsbehörden endlich dazu kommen, dass wir auch die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Terrorismus führen. Denn es muss gelingen, die Terroristen von den sympathisierenden Bevölkerungskreisen abzutrennen. Nur dann, wenn es uns gelingt, dass wir aus diesen Bereichen auch sachdienliche Hinweise bekommen, können wir die Terroristen auch tatsächlich dingfest machen. Das ist also ein gemeinsamer Kampf einer offenen Gesellschaft für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, und dafür möchte die FDP/DVP eintreten und Sie alle aufrufen, die Zuwanderungsdebatte unter dieser Überschrift zu führen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von meiner Seite gibt es noch ein paar Anmerkungen zur sicherheitspolitischen Debatte. Zunächst einmal zu Ihnen, Herr Pauli: Sie haben vorhin Beispiele dafür genannt, was man alles bedenken und berücksichtigen müsste. Das waren lauter verfahrenstechnische Angelegenheiten, über die ja überhaupt kein Dissens besteht.
Darüber kann man mit Rot-Grün, mit der Bundesregierung gut reden; das sind ja gar keine Objekte des Streits. Die