Bleibt das Thema der Integrationskosten. Dort verhält es sich ähnlich wie vorhin bei anderen Themen: Es wäre wünschenswert, für die Polizei mehr zu tun usw. usf. Es wäre wünschenswert, für die Bildung mehr zu tun. Es wäre sogar dringend geboten. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben schon vor Weihnachten in der Zuwanderungsarbeitsgruppe in Berlin Konsens darüber gefunden: Wenn wir dies in vollem Umfang, so, wie es wünschenswert wäre, täten, insbesondere wenn wir noch einen Rechtsanspruch auf Sprach- und Förderkurse einräumen würden, wäre die ganze finanzielle Last, die damit verbunden ist, weder für den Bund noch für die Länder, noch für die kommunale Seite zu schultern. Deshalb war man sich wegen des finanziellen Rahmens, in dem wir uns hier wiederum bewegen müssen, sehr schnell darüber einig, dass wir einen anderen Weg gehen müssen.
Ich skizziere ihn ein weiteres Mal wie folgt: Wir müssen davon Abstand nehmen, jedem, der nach Deutschland kommt oder schon hier ist, einen Rechtsanspruch auf weitere Fördermaßnahmen einzuräumen. Das ist unbezahlbar. Vielmehr müssen wir diejenigen, die nach Deutschland wollen und auf Dauer bei uns bleiben wollen, daran erinnern, dass es vorrangig ihre Pflicht ist, sich bei uns zu integrieren, meine Damen und Herren. Anders ist es nicht zu schultern.
Das Thema der heutigen Debatte heißt „Sicherheit vor Ideologie“. Zu dem Thema Sicherheit haben Sie bisher im Zusammenhang mit dem Zuwanderungsgesetz nichts gesagt. Kann ich davon ausgehen, dass Sie dazu noch etwas sagen?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Aber es ist gut, dass Frau Utzt Sie daran er- innert!)
Trotzdem muss ich noch einmal sagen: Die Integrationskosten müssen in einem überschaubaren Rahmen bleiben. Deshalb lautet der Ansatz so, wie ich es jetzt gesagt habe. Das heißt ganz konkret: Es zeichnet sich die Lösung ab, dass dann, wenn zum Beispiel die zuständige Behörde – etwa die Ausländerbehörde oder, was Spätaussiedler angeht, die Ordnungsbehörde – den Eindruck hat, dass hier jemand ist, dessen Integration bisher Not leidend ist, diese Person keinen Anspruch auf einen solchen Förderkurs bekommt, sondern in einen solchen Förderkurs geschickt wird. Dann hat sie noch einmal die Chance und vielleicht die letzte Chance, sich in Deutschland wirklich zu integrieren. Wenn dies nicht der Fall ist, kommt nur zweierlei infrage: nämlich dass diese Person entweder Deutschland verlassen muss oder, wenn dies nicht möglich ist, dass auf jeden Fall eine Kürzung der Sozialhilfeleistung bei ihr stattfinden muss. Meine Damen und Herren, nur so kann es richtig sein.
Aber jetzt, Frau Kollegin Utzt, in der Tat zum sicherheitspolitischen Teil. Ich will darauf hinweisen – das werden die Kollegen in der Arbeitsgruppe Zuwanderung bestätigen –, dass die Union auch vor den Anschlägen von Madrid immer gesagt hat: Auch das Thema Sicherheitspolitik muss mit in diesen Zusammenhang, in diese Gespräche einfließen. Dies gilt natürlich nach den Anschlägen von Madrid erst recht.
Ich will auch gleich für die Diskussionslage darauf hinweisen, damit wir uns da nicht unnötigerweise streiten, dass Herr Schily nach den Anschlägen von Madrid inzwischen der gleichen Auffassung ist, dass Herr Wiefelspütz der gleichen Auffassung ist, dass, Frau Kollegin Bauer, sogar der
Kollege Beck bei diesem Thema immerhin gesprächsbereit ist. Herr Kollege Theurer, auch mit Herrn Stadler, der ja dieser Arbeitsgruppe angehört, sind wir wegen der neuen Entwicklung selbstverständlich im Gespräch. Auch er wirkt, wie immer, hierbei konstruktiv mit.
Ich will die zwei oder drei Punkte ansprechen, die hier, glaube ich, wichtig sind. Ich stimme Ihnen zu, Herr Kollege Theurer – das ist allerdings meine persönliche Auffassung, Herr Kollege Beckstein sieht dies etwas anders; das ist aber eigentlich Semantik –, dass das Wort „Verdacht“ in diesem Zusammenhang nicht das glücklichste Wort ist.
Das Wort „Verdacht“ ist deshalb nicht glücklich, weil es eigentlich ein Begriff aus der Strafverfolgung ist. Hier handelt es sich jedoch ersichtlich um Gefahrenabwehr, auch immer wieder vor dem Hintergrund der Erfahrung, wie übrigens auch in Madrid, dass die so genannten Mudschaheddin oftmals in ihren „Gastländern“ völlig unauffällig leben, um dann irgendwo anders im Ausland – in Tschetschenien, Bosnien oder wo auch immer – als gewalttätige Islamisten zum Einsatz zu kommen. Aber, wie gesagt, in ihrem „Gastland“ leben diese Menschen völlig unauffällig. Das ist etwa das Phänomen, das man nach dem 11. September 2001 etwas unglücklich mit dem Wort „Schläfer“ bezeichnet hat. Es sind ja alles andere als Schläfer, aber sie verhalten sich, um nicht aufzufallen, völlig unauffällig.
Aber wenn eben, ohne dass der endgültige Beweis durch eine strafrichterliche Verurteilung in letzter Instanz erbracht sein muss, Tatsachen belegen – jetzt sind wir wieder beim Begriff –, dass es sich um Menschen handelt, die nicht unter einen bisherigen Ausweisungstatbestand fallen – da gebe ich Ihnen Recht –, die aber trotzdem höchste Gefahren für die Bundesrepublik Deutschland bedeuten, dann muss man meines Erachtens dem Gedanken näher treten, dass auch hier die Ausweisung und, soweit zusätzlich möglich – das sind ja zwei Paar Stiefel –, die Abschiebung stattfinden kann.
Es gibt in letzter Zeit folgendes Beispiel, das ich für sehr einprägsam halte und das auch Herr Kollege Schily benutzt; ich will dieses Beispiel hier weiter referieren: Wenn etwa jemand in Afghanistan ein Ausbildungslager der Taliban oder von Islamisten besucht hat, dann ist dies, glaube ich, Herr Kollege Theurer, in Deutschland noch nicht strafrechtlich relevant. Diese Person wird auch nicht allein wegen des Besuchs des Ausbildungslagers, also aufgrund seiner Ausbildung zum Terroristen, eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland – diese Bestimmung wird ja immer wieder zitiert – darstellen. Trotzdem bin ich mit Herrn Kollegen Schily der Auffassung, dass so jemand nicht in Deutschland bleiben darf. Und genau darum geht es, meine Damen und Herren.
Bei dieser Frage werden wir letztendlich, glaube ich, auch mit der FDP keine Schwierigkeiten bekommen. Denn es ist einfach eine Frage des gesunden Menschenverstands. Aber ich stimme Ihnen zu, Herr Kollege Theurer: Das Wort „Verdacht“ ist nicht ganz glücklich. Man sollte vielmehr sagen: Es müssen entsprechende Anhaltspunkte oder Tatsachen da sein, die in diese Richtung hindeuten.
Zum Zweiten muss man sich natürlich auch mit dem Problem auseinander setzen, dass es Fälle gibt, in denen wir zwar in Deutschland jemanden loswerden wollen, ihn aber nicht abschieben können. Entweder hat er die deutsche Staatsangehörigkeit – das ist übrigens in diesem Bereich sehr oft der Fall, wie uns allen bekannt ist –, oder aber er stammt aus einem Land, in das man ihn, aus welchen Gründen auch immer, derzeit nicht oder auch überhaupt nicht abschieben kann. Für diesen gesamten Personenkreis, der nicht klein ist, müssen wir uns im Rahmen des sicherheitspolitischen Teils überlegen, wie wir durch entsprechende Auflagen, etwa Meldepflichten, dafür sorgen können, dass diese Personen in Deutschland nicht ihr Unwesen als potenzielle Terroristen treiben können. Auch dafür werden wir eine Lösung finden. Aber auch da ist es vernünftig, hier anzusetzen und dieses Problem zu erkennen und nach Möglichkeit zu lösen.
Konkret heißt es dann – und darum wird es ja auch morgen und in den folgenden Wochen gehen –: Wir werden darauf bestehen – Herr Schily hat die Hand ja eigentlich auch ausgestreckt –, dass dieser sicherheitspolitische Teil in einem Junktim mit dem Zuwanderungsgesetz gelöst wird, und zwar nicht nur in Form von Eckpunkten, sondern auch in ganz konkreten Gesetzesformulierungen.
Würden wir uns auf das übliche Spielchen einlassen, dass man irgendwo einmal Eckpunkte in den Raum stellt und Rot-Grün sagt: „Ja, die tragen wir schon mit, wenn ihr jetzt beim Zuwanderungsgesetz mitmacht“, dann würde man uns anschließend enttäuschen. Denn wenn man von den Eckpunkten eines Tages zur konkreten Formulierung kommen muss, würde in diesem Fall wohl weniger Rot als vielmehr Grün nichts anderes tun, als permanent Sand ins Getriebe zu streuen. Deshalb müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass die Union nur mitmachen wird, wenn der sicherheitspolitische Teil in Form von konkreten Gesetzesformulierungen mit dem Gesamtkomplex Zuwanderungsgesetz entschieden wird.
Deshalb, meine Damen und Herren, sage ich Folgendes voraus: Es ist klar, dass wir unsere Arbeit damit nicht vor Ostern beenden können. Es ist klar, dass es sich morgen nicht um die letzte Sitzung der Arbeitsgruppe Zuwanderung handeln kann. Denn dort ist noch einiges an Arbeit, insbesondere an ganz konkreten Formulierungen zu leisten. Deshalb werden wir uns wohl oder übel auch nach Ostern weiter mit diesem Thema befassen müssen – in der Arbeitsgruppe Zu
Erstens: Bei der Arbeitsmigration haben wir uns – so, wie es aussieht – Gott sei Dank durchgesetzt und werden Deutschland vor Schaden bewahren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Nur einige kurze Anmerkungen: Es ist eindeutig, dass die CDU bei den Vermittlungsbemühungen eine Hürde nach der anderen aufbaut. Diese Forderungen werden aber im Interesse einer Einigung nach besten Kräften und nach Möglichkeit tatsächlich akzeptiert. Wenn die EU durch ihre Vorgaben nicht schon einiges korrigiert hätte, würden wir auch weiterhin über geschlechtsspezifische Verfolgung und über die Fragen, die uns lange beschäftigt haben, streiten. Glücklicherweise gibt es in der Europäischen Union Vorgaben, die uns einen endlosen Streit über bestimmte Dinge ersparen.
Wer verantwortungsvoll mit dem Zuwanderungsrecht umgehen will, darf auf keinen Fall Aufgeregtheiten und Angst schüren. Er muss sich vielmehr verantwortungsvoll der Frage stellen, ob es im Interesse der Sicherheit möglich ist, Änderungen vorzunehmen.
Der Herr Innenminister hat gerade so getan, als sei noch lange nicht das erreicht, was im Bereich der inneren Sicherheit notwendig ist. Gleichzeitig erklärt er aber, dass er die Härtefallregelung begrüße. Dann würde es für eine solche Regelung Zeit. Er setzt Abschiebungen aus in der Hoffnung auf eine Härtefallregelung. Ist das nicht Anlass, nach vielen, vielen Monaten möglichst bald endlich zu einem Ergebnis zu kommen? Denn ein modernes Zuwanderungsrecht liegt im deutschen Interesse, liegt im Interesse aller Bundesländer, liegt im Interesse der Gesellschaft, liegt im Interesse der Unternehmen.
Deswegen der dringende Appell: Verzögert nicht endlos lange das notwendige moderne Zuwanderungsrecht, das Deutschland vorwärts bringen soll!