Protocol of the Session on March 31, 2004

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Dr. Reinhart CDU: Wunderbar!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will es nicht zu lang machen. Ich will nur sagen: Wenn Sie bereit sind, mit uns in eine konstruktive Diskussion einzutreten, dann wird diese Diskussion mehr Zeit benötigen, nämlich einen Monat länger.

(Zuruf des Abg. Rech CDU)

Dann werden wir sehen, ob Sie die Sachverständigen, deren Vorladung zu den einzelnen Details wir beantragen werden, auch akzeptieren. Dazu bedarf es ja immer eines Mehrheitsbeschlusses im Ausschuss; und wir hoffen, dass Sie mitmachen.

Generell, Herr Hofer, halten wir diese Verwaltungsreform für nicht zielführend. Wenn Sie heute vorgelegt hätten, welche Aufgaben Sie auf die Kommunen verlagern,

(Abg. Alfred Haas CDU: Dann hätten Sie mitge- macht?)

dann wäre das okay gewesen. Dann hätten wir debattieren können. Wenn Sie heute vorgelegt hätten, welche Aufgaben Sie abbauen wollen, dann hätten wir darüber diskutieren können. Wir warten einmal, ob Ihre Vorschläge im Juni vorliegen. Wenn sie im Juni vorliegen, wird die Debatte noch interessanter. Aber wenn Sie so weitermachen wie bisher, werden wir unsere Anträge aufrechterhalten. Wir werden dann im Einzelfall abstimmen und Ihre Anträge ablehnen.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und Abgeordne- ten der Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Taktik der Regierungskoalition kann einem nicht verborgen bleiben. Sie lassen uns hier etwas ins Leere laufen. Wir versuchen, Sie anhand von konkreten Beispielen wie der Forsten oder des Wirtschaftskontrolldienstes dazu herauszufordern, endlich einmal Farbe zu bekennen und bei den einzelnen wichtigen Sonderbehörden erstens nachzuweisen, was besser werden soll, und zweitens zu sagen, wie die Effizienzrendite erbracht werden soll. Das tun Sie aber nicht, sondern Sie stellen immer nur ganz allgemein die Vorzüge einer zweihäusigen Verwaltung vor.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Einer einhäusigen Verwal- tung!)

Einer einhäusigen Verwaltung. – Ich meine, so kommen wir nicht weiter. Jetzt ist ja klar: Was da kommen soll, ist Ihre Reform und nicht unsere, weil wir die Opposition bil

den und Sie an der Regierung sind. Also konzentrieren wir uns logischerweise hauptsächlich auf die Kritik an Ihrem Entwurf. Dies will ich jetzt noch einmal am Beispiel der Schulverwaltung versuchen.

(Abg. Drexler SPD: Schulräte für die Schulsozial- arbeit!)

Denn bei der Schulverwaltung wird die ganze Farce des Projekts der Verwaltungsreform beispielhaft sichtbar. Es gab keine Aufgabenkritik und kein Nachdenken über die zukünftigen Aufgaben einer Schulverwaltung. Das ist doch bei den Umbrüchen, die wir im Bildungswesen haben, wohl unerlässlich. Ob der Innenminister dies nun als „Gesülze“ bezeichnet oder nicht, ist mir dabei völlig wurst.

Das Fachministerium wurde überfahren und vor vollendete Tatsachen gestellt. Die dort bereits vorhandenen Vorhaben wanderten ungeprüft in den Papierkorb. Die notwendige Veränderung von Strukturen und der Abbau von Verwaltung fanden nicht statt. Die Oberschulamtsebene blieb unangetastet und wandert in die Regierungspräsidien. Darunter muss die bisherige Verwaltungsstruktur in die Kreisebene geradezu hineingezwängt werden – mit absurden Konsequenzen. Wie dabei eine 20-prozentige Effizienzrendite erzielt werden soll, ist mir völlig schleierhaft.

Ich sage Ihnen jetzt, worüber Sie hätten nachdenken sollen, wenn es um Aufgabenkritik und Aufgabenreduktion geht.

Erstens: Schulen müssen zukünftig größere Freiheiten haben. Sie brauchen mehr Selbstständigkeit.

(Abg. Röhm CDU: Haben sie!)

Die Kultusverwaltung muss in erheblicher Weise Kompetenzen an die einzelnen Schulen abgeben.

(Abg. Röhm CDU: Tut sie!)

Zweitens: Wir brauchen einen Umbau und einen Abbau der Schulverwaltung, weil die Schulverwaltung auf die Rechtsaufsicht und auf eine ganz eingeschränkte Fachaufsicht zurückgeführt werden muss.

(Zuruf des Abg. Röhm CDU)

Wir brauchen eine Trennung von Aufsicht und Beratung. Die Schulen brauchen weniger Vorgaben, weniger Gängelung durch die Verwaltung. Aber zur Freiheit der Schulen gehört auch die Evaluation, also die Prüfung in Abständen, was sie leisten.

(Zuruf des Abg. Röhm CDU)

Wenn Sie über diese Fragen nachgedacht hätten,

(Abg. Röhm CDU: Ist alles erfüllt, Herr Kollege Kretschmann!)

hätten Sie erkannt, dass mit dem Hineinquetschen der Schulverwaltung in die Kreise nichts gewonnen werden kann.

Hatten wir bisher 30 Staatliche Schulämter, so werden wir künftig 44 haben. So baut man doch gewiss keine Verwaltung ab! Durch die Schaffung von 44 Schulämtern wird das

Fachpersonal örtlich auseinander gerissen und der Koordinierungsbedarf erhöht. Warum? Weil auch in einer solchen Schulverwaltung Spezialisten sitzen. Natürlich müssen die Spezialisten zusammenarbeiten. Deshalb gibt es nicht Einzelbeamte, sondern die Spezialisten sitzen ja in einer Verwaltung. Aber, Herr Kollege Hofer, die Aussage, dass wir ohne Spezialisten auskämen, ist doch abenteuerlich. In einer spezialisierten Gesellschaft, in der es an der Schule Gewaltprobleme, inhaltliche Probleme, rechtspolitische Probleme, Probleme mit den Eltern gibt, kann doch nicht jeder mit den entsprechenden Aufgaben betraut werden. Vielmehr brauchen wir Leute, die auf einem bestimmten Gebiet eingearbeitet sind.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Zeller SPD)

Ein Beispiel: Das Staatliche Schulamt Freiburg soll in das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, das Landratsamt Emmendingen und die Stadt Freiburg eingegliedert werden.

(Abg. Zeller SPD: So ein Blödsinn!)

Im Schulamt Freiburg gibt es jedoch nur zwei Schulräte für Realschulen und zwei Schulräte für Sonderschulen. Drei Ämter, aber nur je zwei Fachleute für Realschulen und Sonderschulen. Das ist das Problem. Eines der Ämter, in die das Schulamt Freiburg eingegliedert wird, wird leer ausgehen und für die Realschulen und Sonderschulen künftig eben keinen eigenen Schulrat mehr haben.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Absoluter Hirnriss!)

Entweder müssen Sie in einem solchen Minischulamt zwei neue Stellen schaffen, was ja dem angestrebten Einspareffekt völlig widerspricht, oder Sie müssen kreisübergreifende Kooperationen einführen. Wenn Sie das aber tun müssen, zeigt dies ja gerade, dass Ihr Reformansatz völlig falsch ist. Sie müssen das, was Sie reformieren, schließlich wieder über Kooperationen einführen.

Ich meine, man sieht an solchen Beispielen, wohin es führt, wenn man erst eine Reform macht und dann denkt.

An solchen Minischulämtern wird es keine Vertretungskapazitäten geben und kann das Personal nicht flexibel eingesetzt werden.

Übrigens erinnere ich noch einmal daran, dass die Kultusministerin ja 24 statt 30 Schulämter vorgeschlagen hat.

(Abg. Schmiedel SPD: Genau! – Abg. Drexler SPD: Verwaltung nach oben!)

Der Grund dafür war genau der, den ich soeben benannt habe. Jetzt wird im Gegenteil die Zahl der Staatlichen Schulämter von 30 auf 44 erhöht.

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Schon allein aus Effizienzgründen ist es also nicht einsichtig, warum wir an der Struktur und der Trennung von Schulämtern und Oberschulämtern festhalten, obwohl die Oberschulämter nicht mehr Gymnasien zu verwalten haben als die Staatlichen Schulämter Realschulen. Das ist also alles völlig unausgegoren und bedeutet nach wie vor eine

Trennung der Aufsicht über „höhere“ und „niedrigere“ Schulen. Das ist völlig unbegründet und durch nichts mehr haltbar – nur weil man die Reform so macht, wie sie jetzt geplant ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

In der bisherigen Diskussion um die Verwaltungsreform hat man ja von der Frau Kultusministerin zum Thema Schulverwaltung fast nichts gehört.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Aus guten Gründen!)

Sie hat sich nicht mit eigenen Vorstellungen zu der Teufel’schen Reform positioniert, aber offensichtlich doch im Stillen gewirkt und hat es geschafft, dass die große Reform bei ihr eine Ausnahme macht. Sie hat nämlich durchsetzen können, dass bei den Schulräten nicht nur die Fachaufsicht, sondern auch die Dienstaufsicht beim Kultusministerium erhalten bleibt. Offensichtlich ist also das Fachprinzip doch nicht so falsch. Oder gab es andere Gründe für Ministerpräsident Teufel, warum er gerade bei Ihnen, Frau Kultusministerin, eine Ausnahme gemacht hat? Das weiß ich natürlich nicht.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Damit wir mal nachdenken! – Zuruf des Abg. Röhm CDU – Weitere Zurufe)

Dennoch passt auch in der Schulverwaltung nichts mehr zusammen. So werden nun innerhalb der Schulverwaltung im Kreis die Dienst- und die Fachaufsicht getrennt sein. Dazu kommt noch, dass in den Stadtkreisen wiederum die Staatlichen Schulämter als untere Sonderbehörden an die Stadtverwaltung angegliedert werden. Da kann man nur sagen: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?