Protocol of the Session on March 31, 2004

Ich sage Ihnen ganz klar: Wenn wir jetzt hergegangen wären und gesagt hätten, wir wollten erst Aufgaben sortieren, überlegen, kritisieren und dann entscheiden, wie wir sie verteilen, dann wären wir in fünf Jahren noch bei keiner Reform,

(Abg. Drexler SPD: Wieso denn das?)

weil wir das dann nicht auf die Reihe gebracht hätten. Es geht nicht anders. Manchmal muss man einen mutigen Schritt gehen und die anderen Dinge anschließend vollziehen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE und Abg. Drexler SPD: Aber doch nicht, bevor man denkt!)

Das machen wir, verlassen Sie sich darauf.

Im Mittelpunkt stehen also der Aufgabenabbau und eine spürbare Verbesserung von Verwaltungsabläufen. Ich höre immer wieder das Argument, dass man zuerst die Aufgabenkritik vornehmen müsse. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir sind überzeugt davon. Wir gehen das an.

(Abg. Drexler SPD: Wann wollen Sie das denn ma- chen?)

Wir haben den festen Willen, diese nicht einfache Arbeit zu leisten.

(Abg. Drexler SPD: Wann wollen Sie das denn ma- chen? – Gegenruf des Abg. Alfred Haas CDU)

In vielen Bundesländern wird dieses Thema bewertet und diskutiert. Ich glaube, es wird eine Herkulesarbeit. Die Ergebnisse an anderer Stelle sind bescheiden. Wir müssen uns anstrengen. Aber wir haben den festen Willen dazu. Sie könnten doch einmal mitarbeiten, nicht immer nur schreien, wir würden nichts machen. Sie können einmal mitarbeiten!

(Abg. Drexler SPD: Wann? Wann wollen Sie das denn machen? Wann denn?)

Noch in diesem Jahr.

(Abg. Drexler SPD: Wann denn? Nach dem Ge- setz? Sie wissen es selbst nicht! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt warten Sie doch einmal ab.

(Abg. Blenke CDU: Herr Drexler verwechselt Os- tern mit Weihnachten und meint, das Jahr sei schon rum!)

Wir werden einiges leisten. Verlassen Sie sich darauf, es wird funktionieren.

(Abg. Zeller SPD: Es geht hier nicht um Glauben! – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Wir stimmen mit den kommunalen Landesverbänden überein. Auch die wollen, dass man eine solche Aufgabenkritik macht. Wir werden diese Gemeinsamkeit nicht nur in diesem Punkt suchen. Wir können Aufgaben nämlich nur abbauen, wenn eine Übereinstimmung besteht. Genau die müssen wir herstellen. Wir legen sehr großen Wert darauf, dass die Reform einvernehmlich mit den kommunalen Landesverbänden geschieht und gestaltet wird.

Ich denke, dies ist uns in vielen Gesprächen gelungen. Es gab Arbeitsgruppen, Verhandlungen und Gespräche. Aus den Stellungnahmen, die zum Teil schon vorliegen, wurde sichtbar, dass auch die kommunalen Landesverbände dies würdigen. Sie sind zwar nicht mit allem einverstanden, aber doch auf der großen Linie.

Ich denke, wenn man so ein Lob hört, dass im Finanzbereich alles gut und einvernehmlich geregelt wurde und die kommunalen Landesverbände fair und gut behandelt wurden, ist das fast schon wieder verdächtig.

Ich möchte den Mitarbeitern auf allen Ebenen des Innenministeriums und des Finanzministeriums danken, die hier ihre Arbeitskraft eingesetzt haben.

(Abg. Fischer SPD: Sie haben immer noch Hoff- nung, dass es anders wird!)

Wir werden auch die Reform sozialverträglich lösen und den Mitarbeitern klar sagen, dass wir versuchen wollen, Eingriffe so gering wie möglich zu halten, wenn sich auch der eine oder andere Eingriff nicht vermeiden lässt. Das ist klar, wenn man die Dimension verdeutlicht: Eingliedern von 300 Sonderbehörden, 12 000 Personalstellen, ein Volumen von 330 Millionen € – eine gewaltige Leistung. Ich denke, dass wir das schultern und die entsprechenden Lösungen anbieten können.

(Abg. Zeller SPD: Das sind doch alles Glaubens- sätze!)

Unser Fraktionsvorsitzender Oettinger hatte Recht, als er kürzlich sagte: Wir sind im Zeitplan, und die SPD ist aus dem Takt.

Damit ist eigentlich relativ viel gesagt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Keine Rede, keine Antwort! Wünsche!)

Das Wort erhält Herr Abg. Hofer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mit Herrn Stickelberger schon die eine oder andere Diskussion geführt, auch zum Thema Verwaltungsreform. Mit ihm kann man sehr gut diskutieren. Wir sind zwar nicht immer einer Meinung, aber aus Meinung und Gegenmeinung kommt das eine oder andere heraus.

Ich habe mich geradezu gefreut, dass wenigstens Herr Kretschmann zu Beginn seiner Rede ein Gemälde menschli

cher Leidenschaften in Sachen Verwaltungsreform dargestellt hat – dick aufgetragen, kräftige Farben, alles ineinander fließend, insbesondere was die Entstehungsgeschichte und den Verlauf dieser Verwaltungsstrukturreform anbelangt. Ich möchte das gerne zum Anlass nehmen, ein paar Konturen einzuführen und das eine oder andere Bild zurechtzurücken.

Zunächst einmal zu der auch in der öffentlichen Berichterstattung immer wiederkehrenden Äußerung von dieser „One-Man-Show“ des Herrn Ministerpräsidenten, der gewissermaßen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in einsamer Entscheidung etwas gegenüber allen anderen in diese Richtung gebracht und niemanden beteiligt habe:

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das war doch so!)

Ich möchte die Bedeutung des Herrn Ministerpräsidenten in Sachen Verwaltungsstrukturreform in keiner Weise schmälern. Denn in der Tat, er könnte nicht hinweggedacht werden, ohne dass auch diese Verwaltungsstrukturreform so nicht eingebracht worden wäre. Aber ich möchte Sie zur Entstehungsgeschichte doch einmal ein bisschen an etwas erinnern. Wir sollten ja nicht immer nur von der Hand in den Mund leben, sondern schon auch ein bisschen sehen, wie sich diese Reform einfügt und wie es überhaupt zwangsläufig dazu kommt. Das bringt meines Erachtens für den einen oder anderen, der bereit ist, ein bisschen nachzudenken, schon die eine oder andere Erleuchtung und Erkenntnis.

Erinnern Sie sich einmal: Anfang der Siebzigerjahre haben wir in der Zeit des Innenministers Karl Schiess – –

(Abg. Drexler SPD: So weit zurück?)

Ja, so lange ist das her. Man muss einmal sehen, dass das die zwangsläufige Folge davon ist.

Damals haben wir über die innere Verwaltungsreform nachgedacht. Damals sind die Worte Bürgernähe, Bürgerfreundlichkeit, Harzburger Modell, Management by Delegation usw. eingeführt worden. Ende 1975 war die große Kreisund Gebietsreform mit überwiegend gutem Resultat.

(Abg. Fischer SPD: Das war Anfang der Siebziger- jahre!)

Was hat es damals nicht alles für Kritik gegeben! Heute könnte man sich das gar nicht anders vorstellen. Natürlich gibt es aus dieser Zeit auch noch Wunden, die noch nicht vernarbt sind. Daran sieht man, wie sehr man auf Gewachsenes schauen muss und dies nicht einfach wegdiskutieren kann.

(Abg. Fischer SPD: Die Verwaltungsreform war Anfang der Siebzigerjahre!)

Jetzt komme ich zu dieser Überleitung zur Reform. Anfang der Achtzigerjahre, wie Sie richtigerweise sagen, im Zuge der Globalisierung unserer Wirtschaft und des Wettbewerbs mit dem Thema Stadt-Umland-Probleme – die sind damals in den Achtzigerjahren gekommen – hat man – federführend war damals der Stuttgarter Regierungspräsident Bulling – gesagt: Wir müssen jetzt über die Landkreise hinaus

in Regionalkreisebenen diskutieren und denken, um mit den Problemen fertig zu werden.

(Abg. Fischer SPD: Genau!)

Ich sage Ihnen in aller Offenheit – das mögen Sie kritisieren, aber ich sage es dennoch so offen –: Auch wir Liberale haben sehr lange an dieser Konstruktion festgehalten. Wir haben uns überlegt, dass das doch wohl der richtige Weg sein könnte. Wir haben das Ende der Neunzigerjahre aufgegeben.

Ich sage Ihnen: Das haben wir nicht klammheimlich aufgegeben, sondern in aller Offenheit und mit aller Begründung. Auch ich habe mich dafür eingesetzt. Ich freue mich, dass wir das aufgegeben und dazugelernt haben. Mit der Zeit zu gehen ist meines Erachtens viel besser, als borniert immer bei der gleichen Meinung zu bleiben. Das tun Sie nämlich.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Ich sage Ihnen, warum wir das geändert haben. Man hat fast 20 Jahre mit Feldherrngebärde diskutiert. Man hat gesagt: „Da machen wir Regionalkreise und denken uns einfach einmal die Regierungspräsidien und alle Landratsämter und Landkreise weg.“ Das kann man gut, wenn man eine Feldherrngebärde macht. Aber umsetzen lässt sich das nicht so einfach. Darum hat das ja auch in 20 Jahren nichts gebracht.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das behaupten Sie!)

In der Zwischenzeit, meine Damen und Herren, ist die regionale Entwicklung nicht stillgestanden, sondern weitergegangen. Aber sie hat sich in Baden-Württemberg in sehr unterschiedlicher Weise entwickelt.

(Abg. Wieser CDU: So ist es!)