Es entbehrt nicht der Bedeutung, dass gerade jene Kunstzweige im Ausstieg begriffen sind, die zu Tode besteuert werden.
Parkinson weist darauf hin, dass zum Beispiel die Baukunst im Niedergang ist, weil die Architekten kaum noch Privatkunden haben, dass die Bildhauerei verfällt, weil es kaum noch ein Haus gibt, das Platz für Skulpturen hat.
Es hat zweifellos alle möglichen Gründe, dass in unserer Zeit keine Werke von bleibender Bedeutung geschaffen werden. Aber einer dieser Gründe steht fest: Dem Künstler fehlen verständige Gönner. Unsere Steuerpolitik zielt darauf ab, dem echten Mäzenatentum mehr und mehr das Wasser abzugraben. Deshalb werfen viele Leute das Geld lieber
Deshalb mein Fazit, das in gewisser Weise auch mit dem, was der Kollege Vetter gefordert hat, übereinstimmt: Wir brauchen gerade auch für die Kunst eine grundlegende Neuordnung unseres Steuersystems, das klar und einfach sein muss und bei dem vor allem der Neidfaktor beseitigt werden sollte.
13 Jahre nach einer wegweisenden kulturpolitischen Konzeption ist in Baden-Württemberg Ernüchterung eingekehrt. Einen Platz für kulturpolitischen Optimismus im Zusammenhang mit dem Förderverhalten des Landes gibt es jedenfalls nicht mehr.
Das stand geschrieben in den „Kulturpolitischen Mitteilungen“ vom Dezember letzten Jahres. Es geht weiter:
Die vorgesehenen Kürzungen für 2004 werden zu markanten Einschnitten im Kulturleben Baden-Württembergs führen.
Diese Einschätzung teilen wir. Allein im Einzelplan 14 werden mindestens 12,6 Millionen € eingespart. Dazu kommen noch einige Einsparungen im Kultusbereich; darauf kommen wir ja noch in der nächsten Runde. Vor allem wird ohne jegliche Konzeption eingespart.
Es gibt keine moderne kulturpolitische Konzeption in Baden-Württemberg, weder was die Ziele, die Inhalte, die Adressaten, die Strukturen noch was die Finanzen angeht. Das setzt sich bei den Kürzungen fort. Sie werden mit dem Rasenmäher vorgenommen, auch wenn der Rasenmäher unterschiedlich hoch eingestellt ist, was ich Ihnen gerne zugestehen will.
Wenn es so ist, wie Sie gesagt haben, Herr Minister Frankenberg, dass die Mittel auf Dauer knapp sind, dann wird es allerdings höchste Zeit, dass Sie endlich die Auseinandersetzung führen, wie sich denn die Kulturlandschaft hier in Baden-Württemberg nicht nur aufgrund der finanziellen Entwicklungen, sondern auch aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen weiterentwickeln soll. Kürzungen mit dem Rasenmäher, wie sie gegenwärtig erfolgen, führen dazu, dass mehr oder weniger alle Einrichtungen in ihrem Bestand gefährdet sind. Daran ändern auch die Anträge der Regierungsfraktionen, die Sie hier aufgelistet haben, nichts. Sie umfassen gerade einmal 2,3 % des Kürzungsvolumens, um das es geht; und das ist noch positiv gerechnet.
Wir haben die Einsparvorschläge nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern wir haben einige strukturelle und konzeptionelle Probleme aufgegriffen und unseren Anträgen auch Kriterien zugrunde gelegt. Diese Kriterien will ich Ihnen einmal kurz vorstellen.
Erstens: Wir brauchen nicht nur Hülle, also Gebäude, sondern wir brauchen auch Fülle, dass nämlich in diesen Gebäuden tatsächlich noch etwas stattfinden kann. Daran wird jetzt nach dem Rasenmäherprinzip gespart.
Viertens: Die Einrichtungen brauchen mehr Eigenverantwortung, auch in finanzieller Hinsicht, und mehr Anreize, die Mittel effizient zu verwenden.
Zum ersten Punkt: Hülle ohne Fülle. Sie investieren weiterhin in Gebäude. Das wird Folgekosten nach sich ziehen. Es
gibt Sachzwänge, die daraus entstehen, und die Gestaltungsspielräume für morgen werden immer geringer. Die Mittel für das, was in den Gebäuden stattfinden kann, werden gekürzt. Ein Beispiel sind die Musikhochschulen des Landes. Seit Jahren wird bei Personal und Sachmitteln gekürzt, aber Sie errichten jetzt ein neues Gebäude für die Musikhochschule Trossingen. Es gibt einen Beschluss des Kabinetts auf Empfehlung der Kulturstrukturkommission, die Studierendenzahlen an den Musikhochschulen um 20 % zu verringern. Es ist angesagt, erst einmal zu evaluieren, ob dieses Ziel erreicht ist, bevor Sie ein neues Gebäude errichten.
Zweitens: kulturelle Grundversorgung, kommunale Theater. Sie kürzen die Zuschüsse an die kommunalen Theater – das haben wir schon gehört – um 5 %. Verbunden ist diese fünfprozentige Kürzung aber mit einem Paradigmenwechsel: Die Landesregierung gibt die mehrjährige Zuschussfestschreibung auf. Bisher waren Kürzungen über einen bestimmten Zeitraum für die Kommunen und für die Theater planbar. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Deswegen ist die Verantwortungspartnerschaft, von der Sie auch gesprochen haben, von Ihnen schon längst aufgekündigt worden.
Außerdem trifft diese Kürzung die Angebote für Kinder und Jugendliche. Sie wissen, dass diese oft als vierte Sparte an den kommunalen Theatern angesiedelt sind. Es gibt auch Kürzungen beim „Jungen Ensemble Stuttgart“, und zwar bevor es überhaupt in die neuen Räume eingezogen ist. Es wird schon jetzt bei den Mitteln für das gekürzt, was in den Räumen stattfinden soll.
Und schließlich fehlt die Planungssicherheit und mangelt es an Anreizen, die finanziellen Mittel sparsam einzusetzen und Eigenmittel zu akquirieren. Deshalb ist es völlig unverständlich, warum Sie unserem Entschließungsantrag zu Strukturreformen im Kulturbereich nicht zustimmen wollen, obwohl Sie doch selbst gerade dargestellt haben, dass wir diese unbedingt brauchen. Deshalb noch einmal der Appell an Sie, zumindest hierzu Ihre Zustimmung zu geben.
(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Hoffentlich hat Herr Sieber die Anträge gelesen! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Herr Sieber liest sie! – Minister Dr. Christoph Palmer: Michael, jetzt sagst du mal die Realitäten!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Ausgangslage des Haushalts ist, glaube ich, genug gesagt worden. Im Ergebnis muss die Kunst einen Einsparanteil von 6,6 Millionen € erbringen. Hinzu kommen Einsparverpflichtungen aus dem Vorjahr in Höhe von 6 Millionen €. Das ist wahrlich viel Geld. Ich weiß ziemlich gut, wie schwierig es für manche Einrichtungen sein wird, mit den Kürzungen zurechtzukommen. Auf der anderen Seite wird es Sie nicht überraschen, wenn auch ich mich zu so etwas wie einer politischen Gesamtverant
wortung und zu dem Prinzip der Solidarität bekenne. Wenn alle sparen müssen, dann muss auch die Kunst ihren Beitrag leisten.
(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das haben wir ja auch gesagt! – Beifall des Ministers Dr. Christoph Palmer und des Abg. Kurz CDU)
Im Übrigen ist mein Eindruck – da möchte ich die Ausführungen von Herrn Kollegen Dr. Vetter bestätigen –: So schwer es immer fällt, dieser Ansatz wird von den meisten Einrichtungen akzeptiert.
Das Prinzip der Solidarität, meine Damen und Herren, gilt natürlich auch innerhalb der Kunst. Das bedeutet, dass wir allen Sparten zumuten – ich sage: zumuten müssen –, ihren Beitrag zu leisten. Wir verfolgen damit auch das Ziel, die Kulturförderung in ihrer gesamten Breite und damit die Vielfalt an Kunst und Kultur in Baden-Württemberg zu erhalten. Das, Frau Sitzmann, ist unsere Konzeption. Das Bild vom Rasenmäher, das Sie zeichnen, ist zum einen nicht originell und zum anderen in der Sache verfehlt.
Schauen wir doch einmal etwas genauer hin: Das Spektrum unserer Maßnahmen reicht von der globalen Minderausga– be über einen Stellenabbau bis hin zu Kürzungen oder Mittelabsenkungen. Bei den Kommunaltheatern beispielsweise kürzen wir die Zuschüsse nur um 5 %, bei der Soziokultur im Ergebnis um etwa 4,4 % und bei den Kleintheatern um 6,8 %, während die freien Theater sogar einen Zuschlag gegenüber 2003 erhalten. Ich möchte den Regierungsfraktionen ausdrücklich dafür danken, dass sie für diese Brennpunkte zusätzliche Mittel gewährt haben.
Ich möchte an dieser Stelle einen kurzen Hinweis zu den Kürzungen bei den Zuschüssen für die Kommunaltheater geben, weil Frau Sitzmann sozusagen das Ende der Kommunaltheater an die Wand gemalt hat. Ich möchte einmal zwei Beispiele nennen. Erstens gibt die große, berühmte San Francisco Opera, eines der führenden Institute der USA, derzeit jährlich noch 60 Vorstellungen. Jährlich 60 Vorstellungen! Zweitens halte ich es durchaus für berechtigt, auch in Baden-Württemberg in diesen schwierigen Zeiten einmal darüber nachzudenken, ob wir diese schwierigen Zeiten nicht mit weniger Produktionen überwinden können, und ich halte beispielsweise den Vorschlag aus dem Badischen Staatstheater Karlsruhe, die Händel-Festspiele künftig auf absehbare Zeit nur noch in zweijährigem Rhythmus stattfinden zu lassen, für bemerkenswert und für einen durchaus pragmatischen Weg. Zu anderen Punkten werden wir gleich noch kommen.
Ich möchte mich kurz den Vorschlägen der Opposition zuwenden. Natürlich überrascht es nicht, dass die Opposition fast alles, was wir tun, für falsch hält. Was verlangt die Opposition? So verlangen zum Beispiel die Grünen, die Kürzungen bei den Theatern komplett zurückzunehmen. Die SPD verlangt sogar, die komplette Einsparauflage im Kunstbereich auf null zu setzen. Zugegeben, das sind alles wunderschöne Vorschläge, und ich würde ihnen auch gern nachkommen. Allein, Sie sagen an keiner Stelle, wie dies finanziert werden soll.
Meine Damen und Herren, ich bin zu allem bereit, was der Kunst in Baden-Württemberg hilft – zu allem! –, aber ich bitte um Verständnis, dass ich nichts von Ihrem Vorschlag halte, Geld auszugeben, das wir nicht haben.
Die Grünen stellen weiter fest, dass die Theater Planungssicherheit bräuchten. Damit bin ich einverstanden. Sie wissen genau, dass wir das in den vergangenen vier Jahren geschafft haben. Das gab es übrigens nur für vier Jahre; das war einmalig und erstmalig in ganz Deutschland. Aber es führt kein Weg daran vorbei, dass wir den Theatern nicht mehr Planungssicherheit geben können, als wir selbst im gesamten Landesetat haben. Ich kann der Opposition an dieser Stelle, meine Damen und Herren, den Hinweis nicht ersparen, dass uns eine Rückkehr zu wirtschaftlichem Wachstum – mehr sage ich nicht – in diesem Punkt ganz erheblich weiterhelfen könnte.