Ich denke, man muss auch berücksichtigen: Wer hier Einschnitte vornimmt, gefährdet die Leistungsfähigkeit der Justiz. Ich bin der Meinung, dass wir im Gegenteil unsere Anstrengungen auch auf Bundesebene weiterhin darauf konzentrieren müssen, durch Rechtsänderungen Verfahrensbeschleunigungen zu ermöglichen. Ich bin ferner der Meinung, dass immer wieder darüber nachgedacht werden sollte, die Gebühren, die von denjenigen verlangt werden, die Leistungen der Justiz in Anspruch nehmen, an die tatsächlichen Kosten anzupassen und über die Prozesskostenhilfe zu ermöglichen, dass bei demjenigen, der die entsprechenden Beträge nicht aufbringen kann, die Kosten übernommen werden. Derjenige, der es sich aber leisten kann, sollte auch
Ich möchte einige Säulen der Justizreform ansprechen. Die alte Forderung der FDP/DVP-Fraktion nach Eingliederung der Arbeitsgerichte in die allgemeine Gerichtsbarkeit wird nun im Zuge der Justizreform erfüllt. Wir erleben gegenwärtig einen Run auf die Arbeitsgerichte. Das hängt mit der Arbeitsmarktlage, aber auch mit einer immer komplizierter werdenden Paragraphenflut im Arbeitsrecht zusammen. Die entstandenen Engpässe sollen nun beseitigt werden,
und dies, Herr Kollege Stickelberger, nicht nur im Interesse eines schnelleren Verfahrens für die Arbeitgeber,
sondern vor allem auch für die Arbeitnehmer, die darauf angewiesen sind, dass sich Arbeitsgerichtsverfahren nicht lange hinziehen, sondern schnell zum Abschluss kommen.
Während das Sozialministerium noch vor wenigen Monaten davon ausging, dass zum Abbau dieser Engpässe 30 zusätzliche Richterstellen erforderlich seien, war das Justizministerium der Auffassung, dass durch Synergien mit 15 zusätzlichen Richterstellen die Engpässe in der Arbeitsgerichtsbarkeit abgebaut werden können. Diese 15 Stellen können nun im Justizhaushalt ausgebracht und geschaffen werden – zehn Arbeitsrichterstellen sind neu, bei den fünf übrigen handelt es sich um Abordnungen von Rechtsassessoren aus den Verwaltungsgerichten. Damit setzen wir in der Koalition aus FDP/DVP und CDU einen Schwerpunkt in diesem wichtigen Justizbereich der Arbeitsgerichtsbarkeit, meine Damen und Herren.
Gleichzeitig muss aber zur Verfahrensbeschleunigung – das sage ich auch in aller Deutlichkeit und Klarheit; das haben auch unsere Anhörungen in der Fraktion ergeben – die Reform des Arbeitsrechts vorangetrieben werden. Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist überreguliert. Die Paragraphenflut sorgt dafür, dass Arbeitgeber davor abgeschreckt werden, Mitarbeiter einzustellen, meine Damen und Herren. Deshalb ist die FDP/DVP für eine zügige Entrümpelung des Arbeitsrechts. Wir fordern Sie auf, sich auch bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass diese überfällige Reform des Arbeitsrechts vorangetrieben wird.
Meine Damen und Herren, die zweite Säule ist die Reform des Notariatswesens. Auch hierzu ist einiges gesagt worden. Wir als FDP/DVP haben uns, weil wir als Baden-Württemberg-Partei immer dafür eingetreten sind, dass die früheren Länder Baden und Württemberg bzw. Südwürttemberg-Hohenzollern zusammengeführt werden, auch im rechtlichen Sinn – nicht nur beim Rundfunk und bei den Verbänden, sondern auch in diesem Bereich –, dafür stark gemacht, ein einheitliches Notariat in Baden-Württemberg einzuführen. Wir werden uns auch in Zukunft für dieses einheitliche Notariat einsetzen. Dass dies nicht in einem Schritt geht, haben wir gesehen; dass hier auch fiskalpolitische Argumente – Stichwort „Gebührenausfälle beim Wegfall des württember
gischen Amtsnotariats“ – eine wichtige Rolle spielen, ist in der heutigen Zeit der Haushaltskrise auch klar.
Wir wollen jetzt in einem ersten Schritt den Engpass bei den Notaren in Baden beseitigen. Deshalb war es richtig, dass sich die Koalition nach langem Ringen auf die Zulassung von 25 freien Notaren im badischen Landesteil verständigt hat. Ich bin auch zuversichtlich, und zwar entgegen anders lautenden Meldungen, dass es gelingen wird, auf Bundesebene diese Öffnung in Richtung Einführung eines freien Notariats durchzusetzen. Auch hier bitten wir Sie, diese Bemühungen mit zu unterstützen, meine Damen und Herren.
Ich denke, am Ende wird das freie Notariat stehen. Ich habe Verständnis dafür, dass dies nicht in einem Schritt realisiert werden kann, aber ich gebe auch zu bedenken, dass wir aufpassen müssen, dass wir den richtigen Zeitpunkt für den Übergang zu einem freien Notariat nicht verpassen. Im Moment bieten die badischen Notare noch an, mit erheblichen finanziellen Ablösesummen und Einzahlungen in eine Notarkasse den Staat von Pensionsleistungen zu entlasten. Wenn wir zu lange warten, wird dieses Angebot irgendwann weg sein. Damit hätten wir auch aus haushaltspolitischer Sicht den richtigen Zeitpunkt verpasst.
Deshalb sollten wir spätestens in zwei oder drei Jahren noch einmal darüber sprechen, ob wir nicht eine vollständige Reform der Notariate anpacken können.
Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich noch kurz auf die Frage der Privatisierung der Gerichtsvollzieher und der Bewährungshilfe eingehen. Wir setzen in diesem Haushalt einen Schwerpunkt bei den Bewährungshilfevereinen, weil wir wollen, dass diese Privatisierungsoption auch in die Tat umgesetzt werden kann. Bei den Gerichtsvollziehern, Herr Kollege Stickelberger, sollten Sie sich, denke ich, Ihre billige Polemik sparen.
Es ist doch nichts als billige Polemik, ein Schreckensbild von Gerichtsvollziehern zu zeichnen, die Kinder wegnehmen, als ob bei uns Kindesentführung und Menschenraub keine Straftatbestände wären,
als ob Gerichtsvollzieher, die privatisiert wären, keiner gesetzlichen, keiner rechtlichen Aufsicht unterlägen.
Sie merken schon, Ihre Argumente entbehren jeglicher Grundlage und sind nichts anderes als billige Polemik.
(Abg. Fischer SPD: Also das hat er doch nie ge- sagt! – Gegenruf des Abg. Dr. Reinhart CDU: Dann hat er es anders gemeint!)
Meine Damen und Herren, die FDP/DVP ist und bleibt dafür, die Überbelegung in den Justizvollzugsanstalten durch
Deshalb muss Offenburg oder ein anderer Standort kommen. Die Verzögerung liegt ja nicht an der Finanzierung – die ist sichergestellt –, sondern beruht auf rechtlichen Problemen.
Ich weise nur darauf hin, dass auch der Neubau eines Justizkrankenhauses erforderlich werden wird. Das ist in diesem Haushaltsplan noch nicht enthalten, aber wir müssen uns Gedanken machen, wie wir in künftigen Haushalten die medizinische Versorgung von Häftlingen sicherstellen.
Herr Kollege Theurer, kann es sein, dass Sie im Hinblick auf den Begriff „mafiose Strukturen“ den Straftatbestand der Kindesentziehung einerseits und die Wegnahme von Kindern aufgrund von familienrechtlichen Urteilen und anderen Titeln andererseits verwechseln?
Der Einzige, der etwas verwechselt hat, waren Sie, als Sie in billiger Polemik davon gesprochen haben, man könne das Gerichtsvollzieherwesen nicht privatisieren, weil die Gerichtsvollzieher dann keiner rechtlichen Aufsicht mehr unterlägen, und hier so getan haben, als ob Gerichtsvollzieher ohne Rechtsgrundlage irgendjemandem Kinder wegnehmen könnten.
Abschließend möchte ich zum Bereich der Ausländerbeauftragten sagen, dass ich sehr dankbar dafür bin, dass unsere Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck diese Aufgabe engagiert wahrnimmt. Wir sehen eine steigende Zahl von Eingaben ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger und werden der Ausländerbeauftragten zur Unterstützung ihrer
Arbeitsfähigkeit etwas unter die Arme greifen, indem zur Entlastung eine BAT-Stelle geschaffen wird. Wir halten die Aufgabe der Ausländerbeauftragten für sehr, sehr wichtig.
Ich möchte mit einem Appell schließen: Ja, wir brauchen ein Zuwanderungssteuerungs- und -begrenzungsgesetz.
Der Kompromissvorschlag der FDP-Bundestagsfraktion liegt vor. Ich appelliere an CDU und SPD: Schluss mit der gegenseitigen Blockade! Stimmen Sie für den FDP-Entwurf als einen gangbaren Kompromiss!
(Abg. Dr. Reinhart CDU: Thomas, alles ist gesagt! – Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Aber wir freuen uns trotzdem!)